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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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mich ihre Stimmung durch das Telefon hindurch spüren.
    »Warum kommst du nicht einfach mal vorbei? Am Samstag.«
    »Nein«, sagte sie. »Komm du zu mir. Morgen. Am Freitag gehen wir einkaufen.«
    »Na prima«, sagte ich, aber mir graute es davor.
    Ich ließ für Fiasco ein Bad einlaufen, denn sie hatte sich wieder in Fuchsdreck gesuhlt; außerdem musste ich immer über ihren verzweifelten Blick lachen, wenn ich ihre langen braunen Ohren einseifte. Aber sie sprang wieder heraus und setzte das ganze Badezimmer unter Wasser. Ich konnte sie kaum wieder in die Wanne heben – wenn sie nass war, war sie viel zu schwer für mich. Ich war gerade dabei, das Chaos, das sie angerichtet hatte, wieder zu beseitigen, als es an der Tür klopfte.
    Normalerweise kam niemand durch die Vordertür. Ich rief kurz, damit derjenige zur Hintertür kam. Als ich dann Punky Beresford vor mir stehen sah, war ich so überrascht, dass ich glatt vergaß, Hallo zu sagen. In seiner Begleitung war ein großes, dünnes Mädchen mit Baseballkappe, das ich noch nie zuvor gesehen hatte und das einen knurrenden Pitbull am Halsband festhielt. Fiasco, die immer noch nass war, bellte sich die Seele aus dem Leib, hielt sich aber hinter mir versteckt.
    »Ist Sam da?«, fragte Punky.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine Ahnung, dass sich die beiden kannten. Punky Beresford war eine Klasse über Sam gewesen. Er war im vergangenen Jahr ohne Abschluss von der Schule geflogen, weil er im Matheunterricht einen Stuhl durchs Fenster geworfen hatte.
    Er hatte die blauesten Augen auf der ganzen Welt. Am Rand gingen sie ins Pinkfarbene über, weshalb er so aussah, als hätte er gerade geweint, obwohl man sich das bei ihm gar nicht vorstellen konnte. Im Gespräch starrte er einen immer herausfordernd an. Seine beiden Schneidezähne standen leicht übereinander, und auf dem linken war ein dunkler Fleck, weil der Nerv abgestorben war, was ihn aber nicht unbedingt hässlich aussehen ließ. Nicht einmal die dazugehörige Geschichte, wonach sein Vater ihm angeblich einen Fernseher ins Gesicht geworfen hatte, vermochte ihn hässlicher zu machen.
    Das Mädchen hatte vorstehende Wangenknochen und schlimme Akne-Narben. Sie trug eine Bob-Frisur. Auf der einen Seite rollten sich die schwarzen Haare unter ihrem Kinn, auf der anderen Seite hingen sie glatt herunter, sodass die Frisur irgendwie verschnitten wirkte. Ich musste schreien, um den Radau, den die Hunde machten, zu übertönen. Ich sagte ihnen, dass Sam nicht zu Hause, sondern mit Benjy unterwegs war, dass ich aber nicht genau wusste, wo. Daraufhin lächelte Punky mich seltsam schwerfällig an. Er legte beim Sprechen immer den Kopf leicht in den Nacken und starrte mich aus seinen pink-blauen Augen an.
    Er bat mich, Sam auszurichten, dass er später auf dem Sportplatz sein würde. Beim Sprechen war er sogar noch träger als beim Lächeln, deshalb wusste ich nicht, ob er bekifft war oder ob er mich womöglich nur verarschen wollte.
    »Dein Hund gefällt mir«, sagte das Mädchen. Ihre Stimme war freundlich und hell wie die eines kleinen Kindes. Sie ließ das Halsband des Pitbulls los, und sie und Punky gingen Händchen haltend fort. Von der Küche aus hörte ich die Krallen ihres Hundes auf dem Pflaster kratzen.

Fünf
    I n schwarzen Hotpants und silbernem Bikini-Oberteil öffnete Matty die Tür.
    »Bin seit heute Morgen um sieben im Garten«, sagte sie atemlos und winkte Dad und Austin, die im Pick-up wegfuhren. Dad nickte ihr zu, aber Austin blickte nur schnell weg.
    Seit Dad Austin im vergangenen Jahr eingestellt hatte, war der Lehrling in Matty verknallt. In ihrer Gegenwart war er so schüchtern, dass sie ihn nur »Stummfisch« nannte. Sie glaubte mir nicht, als ich ihr erzählte, wie gut er sich mit Bäumen und Teichen und Pflanzen auskannte. Sie behauptete, mit seinen flachsigen Haaren und den melancholischen Augen würde er sie an einen Labrador erinnern – hin und wieder nett zu streicheln, aber kein Tier, das man im Haus haben möchte.
    »Was für eine brütende Hitze«, seufzte sie.
    Brütende Hitze – mal wieder ein neuer Ausdruck.
    »Was hast du denn an?«, fragte sie und musterte meine Schlabberjeans und mein T-Shirt. »In den Sachen zerläufst du ja.«
    »Nö«, sagte ich, obwohl meine Beine unter dem dicken Jeansstoff schon schweißnass waren. Aber alles war besser als Mattys Kommentare anhören zu müssen, von wegen dass es nicht normal war, die schmuddeligen Sporthosen meiner Mutter zu tragen, und dass

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