Wen liebst du, wenn ich tot bin?
ich Mitleid mit Dad haben sollte, wenn er nicht mit dem Waschen klarkam.
»Donna hat ’ne Menge Sachen für uns bereitgestellt«, sagte Matty. Ich verzichtete darauf, sie zu fragen, warum sie ihre Mutter plötzlich beim Vornamen nannte.
Die Küche blitzte und blinkte makellos weiß. Wenn man bei Matty einen Toast machen wollte, musste man den Toaster zuerst aus einem Schrank holen und noch vor dem ersten Bissen musste man ihn wieder in den Schrank zurückstellen und die Krümel von der Anrichte wischen. Wenn man Donna in den Wahnsinn treiben wollte, musste man nur den Toaster stehen lassen oder ohne Teller essen.
Die Tür zur Veranda stand offen und vor der Schwelle wartete eine bunte Ansammlung von Flipflops mit Pailletten und Strasssteinchen, aufgereiht wie Edeljachten am Hafen. Matty ließ Eiswürfel und Limettenscheiben in einen Krug mit Ingwerlimonade gleiten und ich hörte ein leises Zischen, das zu einem Sprudeln anschwoll. Sie nahm drei Gläser und stellte alles auf ein Tablett.
»Sei so gut und bring das nach draußen«, sagte sie und schlüpfte in ihre Flipflops. Bevor ich auf die Idee kam, sie zu fragen, warum sie die Sachen nicht selbst nahm, folgte ich ihr schon mit dem vollen Tablett in den Garten.
Donna nahm gerade ein Sonnenbad. »I-ris!«, rief sie. »Die Drinks kommen gerade recht!«
Ich stellte das Tablett auf den weißen Verandatisch.
»Na du, komm her«, flötete sie, als wäre ich ihre lange verschollene Tochter. Sie roch nach Orchideen und hatte eine dicke Schicht Sonnenöl aufgetragen; als ich ihr ein Begrüßungsküsschen auf die Wange gab, zuckte ich unwillkürlich vor der Hitze zurück, die sie ausstrahlte.
»Was hast du denn an?«, rief sie. »Matty, geh und hole Iris anständige Klamotten – in den Sachen zerläuft sie ja.«
»Oh, das ist schon okay«, sagte ich. »Sonst bekomme ich nur wieder Sonnenbrand.«
»Nein. Jetzt macht schon. Ich kann dich gar nicht anschauen!«
Ich dachte an Trick, der auf dem Feld auf mich wartete. Wenn ich rennen würde, könnte ich in zehn Minuten bei ihm sein – stattdessen folgte ich Matty die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Sie war wie eine Wespe, die Ameisen mit ihren Duftstoffen benebelt, in ihrer Nähe fühlte ich mich sofort willenlos.
»Sorry«, sagte Matty, während sie eine Schublade nach der anderen durchwühlte. »Sie macht sich nur Sorgen um dich.«
»Mit mir ist alles okay.«
Matty gab mir Bermuda-Shorts mit aufgedruckten Sonnenuntergängen. Sie rutschten mir von der Hüfte und reichten bis übers Knie.
»Hat mir mein Onkel aus Florida mitgebracht«, sagte. »Steht dir richtig gut.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Ich sehe aus wie ein Badetuch.«
Sie kicherte. »Bei allen anderen sind noch die Preisschildchen dran.«
Während der vergangenen Monate war Matty in die Höhe geschossen, um ganze fünfzehn Zentimeter – die Größe eines durchschnittlichen Pimmels, wie Donna es ausdrückte –, und deshalb hatte ihre Mutter sie mit einer komplett neuen Garderobe eingedeckt.
»Du kannst sie haben«, sagte Matty.
»Ach, du willst sie nicht?«
Im Garten rekelte sich Donna auf ihrer Liege und löste ein Kreuzworträtsel. Als sie uns sah, ließ sie den Stift sinken und betrachtete stirnrunzelnd meine Shorts.
»Du bist wirklich eine schlechte Gastgeberin, Mats«, lachte sie. »Na, dann lass Iris wenigstens auf deine Liege.«
Matty legte sich ins Gras zwischen uns. Der blumige Bezug der Sonnenliege war noch feucht von ihrem Schweiß.
»So …«, setzte Donna an, und ihre dunklen Augen funkelten erwartungsvoll.
Aus der Nähe sah man ihren verlaufenen Lidschatten. Schwarze Klümpchen klebten in den Fältchen unter ihren Augen. Ich lehnte mich zurück und dachte an Mums Worte, wonach man die Fragen anderer Leute nicht immer beantworten musste.
Von den Gärten nebenan waren Geräusche zu hören: ein Rasenmäher brummte, der Metalldeckel eines Abfalleimers fiel zu, Besteck klapperte auf Geschirr. Irgendwo kreischten Kinder.
Trick war inzwischen im Maisfeld, vielleicht war er auch schon im See schwimmen gegangen. Vermutlich hatte er es aufgegeben, auf mich zu warten. Ich stellte mir vor, wie ich ihn Matty vorstellen würde, wenn wir uns zufällig über den Weg liefen, während Trick und ich zu zweit durchs Dorf schlenderten und über alles und nichts redeten, so wie immer. Trick wäre freundlich, aber distanziert, und nur wenn er mit mir sprach, würde seine Stimme warm und vertraut werden …
Matty pikste ihren Finger in einen der
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