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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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sie herumträgt, Tote nicht. Hannes wusste, wie es aussieht, wenn Tote getragen werden. Dazu lebte er lange genug auf der Straße.
    Er schaute sich um. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Der Körper da vorn geht uns gar nichts an, wir sind frei, wir können uns einfach umdrehen und weggehen, dachte er. Dann tauchte ein anderer Gedanke auf. Hannes fühlte, dass es ein hässlicher Gedanke war, der sich aber nicht verscheuchen ließ: Durst. Ein Portmonee, vielleicht eine Brieftasche. Karla und er würden sich aneinander und am Schnaps wärmen. Vielleicht würde sie dann einmal eine Nacht durchschlafen und ihn nicht wieder hier her schleifen ...
    Und wenn der Mann, der dort lag, wirklich nur voll war - oder verletzt? Wohin waren die beiden Männer verschwunden? Hannes' Knie fühlten sich weich an. Besser, wir hauen ab, dachte er.
    Karla ließ seine Hand los und ging langsam auf den Körper zu.
    »Scheiße«, zischte Hannes. »Nicht, Karla, warte ...«
    »Vielleicht«, lallte sie, »kann der Tote uns sagen, warum die Erde neuerdings ... so unruhig ist.«
    Hannes war stärker als Karla. Er hätte sie zurückhalten können, aber er wollte ihr niemals wehtun.
    »Warte«, murmelte er und schlurfte ihr nach, sich alt und hilflos fühlend.
    Jemand hatte dem Mann den Schädel eingeschlagen. Es war ein gepflegter, silberhaariger Mann mit gutem Anzug. Hannes fand, dass er wie ein Geistlicher aussah.
    Karla ging in die Hocke und legte sanft die Hände an Gesicht und Hals des Mannes.
    Hannes' Herz schlug heftig. Er hatte Angst, dass jemand plötzlich die Tür aufriss. Was waren das für Männer gewesen? Einbrecher? In den Dom war schon öfter eingebrochen worden.
    Karla hielt noch immer ihre Hand an die Wange des Toten. Sie schaute zu Hannes hoch und sagte: »Er ist noch ein bisschen warm. Kann noch nicht lange tot sein.«
    Sie klang sehr ruhig und klar, ganz anders als sonst. Offenbar war für einen kurzen Moment eine frühere, nüchterne Karla in ihr aufgewacht.
    Verdammt, dachte Hannes, ich sollte rasch seine Taschen durchwühlen, mir das Geld greifen, wenn welches da ist, Karla bei der Hand nehmen und wegrennen. Ich war doch früher so schnell und wusste mich durchzuschlagen.
    Aber sein Herz klopfte heftig und seine Füße waren kalt und taub.
    »Nimm deine dreckigen Finger von ihm weg!« Ein Schatten tauchte aus der Dunkelheit auf, eine Gestalt stürzte sich auf Karla, ein Mann, der sie grob hochzog und ihr eine schallende Ohrfeige versetzte. Karla schrie.
    Für eine Sekunde glaubte Hannes, sein Herz würde zerspringen, dann erwachte in ihm plötzlich die alte Wut, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Niemand durfte Karla wehtun!
    Der Mann war zierlich gebaut, ein schmächtiges Jüngelchen, und in Hannes war immer noch ein wenig von dem großen, breitschultrigen Bärenkerl übrig, der er einmal gewesen war . Er zerrte das Jüngelchen von Karla weg und versetzte ihm einen Hieb. Es war kein besonders guter Schlag, aber das Jüngelchen stöhnte auf und fiel hin. Hannes' Herz hämmerte, doch er kümmerte sich nicht darum.
    »Komm!«, rief er und zog Karla hinter sich her. Sie rannten keuchend über die Domplatte. Hannes war überrascht, dass er noch so rennen konnte. Dann verschluckte sie die Schwärze drüben am Römisch-Germanischen Museum.
    Der zierliche junge Mann saß neben der Leiche auf dem Boden und tupfte sich seine blutende Lippe mit einem Taschentuch ab. Er schluchzte leise. Als sich von weitem Schritte näherten, sprang er auf.
    »He, was ist denn da los?«, rief eine Stimme. »Brauchen Sie Hilfe?«
    Einen Moment wirkte er kopflos, schien nicht zu wissen, wohin er fliehen sollte. Dann rannte er am Portal des Querhauses vorbei in die dunkle Gasse zwischen Dombauhütte und Museum, durch die tagsüber die Sprünge der Skateboarder hallten. Niemand folgte ihm.
    Als das Telefon klingelte, stand Susanne Wendland am Fenster ihrer Dachwohnung nahe dem Chlodwigplatz. Hier hatte sie immer gestanden, eine Zigarette geraucht und hinaus auf die Stadtlichter geschaut, wenn sie nicht schlafen konnte.
    Sie konnte hinunter zum Automaten laufen, sich ein Päckchen ziehen; stattdessen ging sie zum Telefon. Wenn um diese Zeit jemand anrief, war es immer das Präsidium, deshalb ließ Susanne es gern eine Weile klingeln. Dann hob sie doch noch ab. Der Beamte vom
    Dienst teilte ihr mit, dass Tönsdorf auf dem Weg zu ihr war. Ein Mordfall am Dom.
    Ein paar Minuten später stand sie mit Winterjacke und Winterschuhen, fröstelnd

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