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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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mir. Was wollte der Schnurer überhaupt schon wieder hier? Er hatte doch vor Kurzem erst stundenlang in meinem Büro gesessen, um mich genauestens über die Firmengeschichte seines Gartengeräteimperiums zu informieren.
    Hatte ich es an der erforderlichen Aufmerksamkeit fehlen lassen? Hatte ich etwa nicht enthusiastisch genug auf seinen Vorschlag reagiert, für das musikalische Begleitprogramm Vicky Leandros zu engagieren?
    Mir wurde heiß. Ich war mir zwar keiner Schuld bewusst, aber wenn sich der Meidner in meine Verhandlungen mit einem Neukunden einmischte, konnte das nur heißen, dass ich irgendwas falsch gemacht hatte. Zum x-ten Mal verfluchte ich meine Neigung zur Selbstkritik. Anstatt wie mein Chef Fehlerforschung grundsätzlich nur bei anderen zu betreiben, hacke ich mit Vorliebe auf meinen eigenen Versäumnissen herum.
    Und das, obwohl die sich bei einem Blick aufs große Ganze oft genug als unwichtig, folgenlos oder schlicht und einfach eingebildet erweisen.
    Doch dann raffte sich mein eingeschüchterter Restverstand zu einer Erleuchtung auf. Sie überkam mich, als ich die stattlichen Haarbüschel betrachtete, die aus Joe Meidners Ohren wuchsen.
    Entweder er macht ordentliche Zöpfchen daraus, oder sie müssen jetzt endlich geschnitten werden, dachte ich mit einer Mischung aus Ekel und Faszination. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Meidners Grundstück am Ammersee! Da kann er einen elektrischen Aufsitzrasenmäher der Spitzenklasse bestimmt gut gebrauchen. Besonders wenn er sich mit dem Schnurer auf einen Leistungstransfer auf dem kleinen Dienstweg einigt.
    »Eine Hand wäscht die andere« war schon immer Meidners Devise. Wenn ein Kunde ihm das eine oder andere günstig besorgen kann, geht er im Gegenzug mit dem Preis runter. Kleine Geschäfte auf Gegenseitigkeit, elegant am Finanzamt und an Ferdi Hinterhuber vorbei.
    »Ich hab gerade mit dem Ferdi gesprochen«, unterbrach Joe meine Gedanken. »Er will, dass ich mich persönlich um Grünthal-Gartengeräte kümmere. Die wollen ein Riesen-Event, da kann ’ne Menge für uns hängen bleiben.«
    Ich vermutete, dass er mit »uns« wohl kaum uns beide meinte, wurde jedoch sogleich charmant eines Besseren belehrt. »Von irgendwas muss ich ja dein teures Gehalt bezahlen«, sagte der Meidner glucksend.
    Einen Moment lang muss mein Blick mörderische Gedanken offenbart haben. Jedenfalls fügte er schnell noch einen Halbsatz hinzu: »… und deine Beförderung demnächst, die will ja auch irgendwie finanziert sein.«
    v v v
    »Der Meidner will mich endlich befördern!«, erzähle ich Thomas begeistert, als ich ihn Sonntagnachmittag zum ersten Mal an diesem Wochenende sehe. Er hat den Samstag bei seiner Mutter in Düsseldorf verbracht. Glücklicherweise ohne auf die Idee zu kommen, mich um meine Begleitung zu bitten.
    »Wieso sollte der dich befördern, wo er dir noch nicht mal ein anständiges Gehalt zahlt? Der verspricht dir doch nur das Blaue vom Himmel, damit du noch mehr Überstunden machst«, antwortet Thomas nüchtern. »Statistisch gesehen schafft es nur jede 25. Frau in die Chefetage, also erwarte lieber nicht zu viel.«
    Manchmal könnte ich ihn für seine streng wissenschaftliche Weltsicht zum Mond schießen. Aber ich will unser gemeinsames Wochenende nicht mit einem Streit einläuten. Oder, besser gesagt, mit einem Streitversuch. Denn Thomas gehört zu den Männern, die sich Auseinandersetzungen konsequent entziehen. Früher ist er einfach aufgestanden und gegangen. Warf mir noch einen bekümmerten Blick zu, zog die Wohnungstür behutsam ins Schloss und war weg.
    Nachdem ich ihm im Laufe der Zeit mehrere Kurzvorträge zum Thema Streitkultur gehalten habe, bleibt er inzwischen immerhin sitzen. Er lehnt aber den Kopf zurück und schließt ergeben die Augen.
    So richtig schäumen lässt sich da nicht. Es macht eben viel weniger Spaß, wenn der Beziehungspartner sich einer gepflegten Schreierei einfach verweigert. Also verzichte ich inzwischen darauf. Zumal im Gegensatz zu früher kaum noch Hoffnung auf wilden Versöhnungssex besteht.
    »Wie wär’s, wenn du dich auch mal um unsere Zwergkiefer kümmern würdest anstatt immer nur um deine blöden Sukkulenten?« Oje, Sandra, im Bereich »friedlicher Themenwechsel« solltest du bei Gelegenheit einen Auffrischungskurs besuchen.
    Gut, dass Thomas in der Hinsicht Kummer gewöhnt ist. Er überhört meine Stichelei gegen seine Fettpflanzenzucht und werkelt in unserem Wintergarten weiter vor sich hin.

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