Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
haben.
Noch ein bisschen dankbarer bin ich allerdings dem allmächtigen Geist des Internet. Dafür, dass er meine Mail an Benno vor dem Ziel abgefangen hat. Undelivered Mail, hatte mein E-Mail-Programm mir an dem Abend gemeldet. Delivery Status Notification: Failure.
Meine Mail war aus irgendwelchen Gründen nicht zu Benno durchgekommen. Und ich hatte es nicht übers Herz gebracht, sie ein zweites Mal zu versenden.
v v v
Die Autobahn Richtung Genfer See ist fast leer, genau wie meine Mutter es mir prophezeit hat. In der Ferne leuchten die schneebedeckten Gipfel des Berner Oberlands in der Nachmittagssonne. Neben mir auf dem Beifahrersitz räkelt sich Belmondo und schnurrt.
Sonst macht er bei Autofahrten immer ein Riesentheater. Doch nun verhält er sich nicht wie eine Katze in einem Auto, sondern wie ein Reisender auf dem Weg nach Hause. Er scheint diese Fahrt richtiggehend zu genießen. Vielleicht liegt’s daran, dass auch ich sie so richtig genieße. Das Autoradio spielt die besten Hits aus drei Jahrzehnten, und ich singe aus voller Kehle mit, was mein Gedächtnis an Songtexten hergibt. Zwischendurch habe ich mit großem Vergnügen zwei Vollkorn-Käse-Schinken-Brote, zwei hartgekochte Eier und eine Tüte Haribo-Konfekt verdrückt und mit drei Dosen Red Bull runtergespült.
Immer mal wieder werfe ich einen Blick auf mein Handy. Auf dem Display leuchtet eine SMS . »Cassoulet und Crème Caramel in Vorbereitung, Rotwein bereitgestellt. Freue mich sehr, Benno.«
Von meiner Mutter habe ich mich recht bald verabschiedet. Es hielt mich einfach nichts mehr auf meinem Sessel.
»Und sag Daniel, dass er alle meine Backsachen haben kann! Damit ein paar von seinen Leuten in Mali sich mit Keksläden selbstständig machen können!«, habe ich meiner Mutter beim Wegfahren noch zugerufen. Es war eine plötzliche Eingebung, und ich fühlte mich ausgesprochen wohl dabei. Für deutsche Weihnachtsplätzchen werden sich da unten zwar kaum alle Zutaten finden lassen, aber vor Ort gibt es sicher genug andere leckere Rezepte.
Kaum dass ich bei meinen Eltern aus der Einfahrt gefahren war, rief ich Benno auf dem Handy an. Kurz vorher hatte ich es tatsächlich geschafft, mit dem klapprigen PC meines Vaters online zu gehen und auf Bennos Website seine Handynummer herauszufinden. Er ging sofort ran. Als ob er neben dem Telefon gewartet hätte. Er war auch nicht in irgendwelchen Silvesterferien. Sondern er war zu Hause. »Wirklich? Du kommst? Ach, Sandra, wenn du wüsstest, wie toll ich das finde!«, hat er spontan gerufen, als ich ihm von meinen Plänen berichtete. Er freute sich offenbar wirklich genauso wie ich mich.
Es war ein tolles Gefühl. Gleichzeitig zerriss es mich fast vor schlechtem Gewissen Thomas gegenüber.
Als ich nach Hause kam, lag er noch im Bett. Mit offenen Augen, die Decke bis zum Kinn gezogen.
»Du willst nach Frankreich, stimmt’s?«, fragte er mit tonloser Stimme. »Als du das Jobangebot erwähnt hast, habe ich es gleich geahnt. Aber irgendwie hab ich dann doch gehofft …« Traurig brach er ab.
In meinen Augen sammelten sich die ersten Tränen des neuen Jahres. »Thomas, ich …«, schluchzte ich. Auf einmal war mir hundeelend zumute.
Wir sind kein ideales Paar gewesen. Aber wir sind einander trotzdem sehr nahe.
»Komm, sag nichts. Hinterher zerreden wir womöglich alles, was noch da ist«, sagte er und nahm meine Hand. »Lass es uns ›Auszeit‹ nennen, okay? Wer weiß schon, wie das Leben so spielt? Vielleicht stehst du ja in ein paar Monaten mit Belmondo bei mir vor der Tür in Weßling, und wir fangen noch mal von vorne an. Statistisch gesehen führt nur jede zweite Ehekrise am Ende zur Scheidung. So gesehen haben wir ja noch eine Chance«, murmelte er und lächelte schwach.
Woraufhin ich in Tränen ausbrach. Thomas ist nicht der Richtige für mich. Doch in gewisser Weise ist und bleibt er ein toller Mann.
Das sagte auch Neele, als ich sie anrief, um ihr alles zu erzählen. Sie wollte gleich zu ihm, schauen, ob sie ihm irgendwie helfen kann.
Martina brummelte zwar zuerst ein bisschen, aber dann sagte sie, dass sie mich mutig findet. Und Renate meinte, dass sie stolz auf mich ist.
Und ich? Ich frage mich jetzt natürlich, ob Bennos Freude nun Sandra Heller, der Traumfrau, gilt oder doch eher Sandra Heller, der Projektmanagerin. Allerdings kann ich selbst im Moment auch nicht sagen, worauf ich mich mehr freue – auf Benno oder auf Frankreich. Aber: Hey, das ist das Leben! Es wird sich schon
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