Wenn alle Schranken fallen
herausfuhr. Plötzlich fand sie die ganze Situation herrlich absurd und brach in schallendes Gelächter aus.
Gordon blickte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. “Was gibt es denn da zu lachen? Mrs Reid, bist du dir bewusst, dass uns die Hälfte der Einwohner dieser Stadt beobachtet?” Wie lange würde es wohl dauern, bis sie ihr dummes Handeln bedauerte?
“Dann bring mich aus der Stadt”, befahl Lydia.
Forschend musterte Gordon ihre immer noch zuckenden Lippen. Anscheinend meinte sie es ernst. Schnell setzte er den Wagen zurück und fuhr los.
Fünf Minuten später überquerten Lydia und Gordon die verlassenen Eisenbahnschienen, die zur Cotton Row führten – zwei Häuserblöcke mit abbröckelndem Putz, zerbrochenen Fenstern, verwittertem Holz und leeren, unkrautüberwucherten Grundstücken. Gordon parkte den Wagen in der Einfahrt neben der alten Baumwollspinnerei, die groß und breit wie der Rumpf eines urzeitlichen Mammuts dastand und einen imposanten Anblick bot.
Gordon steckte die Schlüssel in seine Jeanstasche, öffnete die Tür und stieg aus. Lydia wartete darauf, dass er um den Laster herumkam und ihr heraushalf. Als er die entgegengesetzte Richtung einschlug, setzte sie sich wieder und beobachtete ihn. Der Wind blies vertrocknete Blätter und verrotteten Abfall über die unbefestigte Straße und wehte Gordon die dunklen Locken in die Stirn.
Fast verlor Lydia das Gleichgewicht, als sie die Tür öffnete und ausstieg. An solche Wagen war sie nicht gewöhnt. Bis jetzt war sie auch noch nie darin gefahren. Langsam folgte sie Gordon über das unbebaute Grundstück neben der Spinnerei. Als sie nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, drehte er sich um.
“Nun?” Seine Stimme drückte nichts anderes als Verachtung aus.
“Nun was?”
“Du sagtest, unser Gespräch sei noch nicht beendet.” Er schob die Hände in seine Jackentaschen und trat gegen den losen Kies zu seinen Füßen.
“Glenn bat mich, mit dir über das Einkaufszentrum zu sprechen”, begann sie. Da Gordon nicht reagierte, fuhr Lydia fort: “Zuerst habe ich nein gesagt. Du und ich, wir hatten uns darauf geeinigt, uns nicht mehr zu treffen, und … nun, wir sind nicht gerade als Freunde auseinandergegangen.”
“Aber Haraway konnte dich trotzdem überreden!” Gordon wandte ihr den Rücken zu.
“Die Wahrheit ist …” Besaß sie den Mut, ehrlich zu ihm zu sein? “Die Wahrheit ist, du hast mir gefehlt. Ich habe diesem Treffen zugestimmt, weil ich dich unbedingt wiedersehen wollte.”
Gordons ganzer Körper versteifte sich, als wäre er in Zement gegossen. Wie eine riesige, dunkle Statue stand er vor dem klaren blauen Himmel und der langsam sinkenden Sonne.
Als Lydia ihm die Hand auf den Rücken legte, drehte Gordon sich um und riss sie in seine Arme.
“Lydia”, flüsterte er mit rauer Stimme.
Lydia schlang die Arme um seine Taille und schmiegte sich an ihn. “Bitte, hasse mich nicht.”
Gordon hob den Kopf und sah auf sie hinunter. Sie war so viel kleiner und zierlicher als er. “Glaub mir, Hass ist das Letzte, was ich für dich empfinde.”
Erleichtert seufzte sie auf, und sofort ergriff er die Gelegenheit und presste den Mund auf ihre geöffneten Lippen, um ihr zu beweisen, dass seine Gefühle für sie viel intensiver waren als glühender Hass.
Lydia erschauerte vor Entzücken. Ihr Körper hieß Gordon willkommen, als hätte er ein Leben lang auf diesen Moment gewartet.
Diese Gefühle waren neu, und die Intensität ihrer Leidenschaft erschreckte Lydia. Ihre Antwort war so ungehemmt wie seine Forderungen, und Lydia wusste, dass sie sich von Gordon lösen musste, bevor sie den Punkt erreichten, an dem es kein Zurück mehr gab.
Verloren in Gordons Umarmung, lernte Lydia die Bedeutung des Wortes Verlangen kennen. Es war so stark und unbezähmbar wie der Wind, und doch ebenso schön wie der Sonnenuntergang.
Als Gordon spürte, wie Lydia sich immer mehr entspannte, immer anschmiegsamer und nachgiebiger wurde, war es um seine Selbstbeherrschung geschehen.
“Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie sehr ich dich begehre?”, sagte Gordon leise, während er ihre Hüften umfasste, sie gegen seine harten, muskulösen Schenkel drückte und ihr Gesicht mit zarten Küssen bedeckte.
“Tu mir das nicht an.” Stöhnend versuchte Lydia, sich von ihm zu lösen. Ihr Körper sehnte sich nach mehr, doch ihr Verstand warnte sie vor dem Spiel mit dem Feuer.
“Du willst es auch, das weiß ich genau.”
Lydia legte
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