Wenn aus Verlangen Schicksal wird
zuckten zusammen. Plötzlich richtete sie all ihre Aufmerksamkeit auf das Baby, das die Anspannung wohl gespürt hatte.
Schluchzend drückte sich Alex fest an die Brust seines Vaters. Es schien fast so, als wolle er seinen Onkeln beweisen, dass er Aris über alles liebte.
Die Louvardis-Männer erstarrten bei dem Anblick zu Stein.
Liebevoll, mit Küssen und leise geflüsterten Worten, tröstete Aris seinen Sohn. Dann wandte er sich Eleni zu, die die ganze Zeit über wie erstarrt hinter ihnen gestanden hatte.
Nun kam sie wortlos an Aris’ Seite, nahm ihm Alex ab und verschwand im Kinderzimmer.
Kaum hatte sie den Flur verlassen, da nahmen Selenes Brüder ihre Drohgebärden wieder auf.
„Na, haben Sie die Neuigkeiten schon gehört, Sarantos?“, fragte Nikolas. Die Feindseligkeit zwischen den beiden war fast greifbar. Zum ersten Mal fiel Selene auf, wie ähnlich sich ihr ältester Bruder und Aris waren. Was hätten die beiden nur für fantastische Verbündete abgegeben! Doch im Moment war an eine Versöhnung scheinbar überhaupt nicht zu denken. Nikolas hielt nur einige Zentimeter von Aris entfernt inne und musterte ihn geringschätzig von Kopf bis Fuß. „Bestimmt wissen Sie schon Bescheid.“
Wieder lachte Damon bitter auf. „Schau ihn dir doch mal an. Natürlich weiß er Bescheid! Bestimmt haben ihn seine Wachhunde gleich informiert!“
Wovon, zum Teufel, redeten die beiden? Ging es hier um das seltsame Telefonat, das Aris geführt hatte?
„Also, wie fühlt sich das an, Sarantos?“, fuhr Nikolas fort, doch Aris hüllte sich weiterhin in Schweigen. „Ein Mal im Leben so richtig in der Gosse zu landen? Ach, ich vergaß, Sie wissen ja gar nicht, wie man mit Misserfolgen umgeht! Wobei ‚Misserfolg‘ es nicht so wirklich trifft. Sie werden bluten, Sarantos! Und das ist nur der Anfang vom Ende!“
„Eine Zeit lang hatten Sie uns echt in die Ecke gedrängt“, übernahm Lysandros. „Aber dann haben wir einen Ausweg gefunden. Und jetzt haben wir den Auftrag der US Navy in der Hand. Und raten Sie mal, mit wem wir nicht zusammenarbeiten werden?“
Selene blinzelte fassungslos. Das konnte doch nicht wahr sein! Das waren also die Neuigkeiten, die Aris so hart getroffen hatten! Aber wie hatten ihre Brüder das eingefädelt? Es war undenkbar, dass Aris ein Schlupfloch übersehen hatte.
Damons hämische Freude unterbrach ihre Grübeleien. „Das war der Vertrag Ihres Lebens, oder? Der einzige, den Sie um jeden Preis bekommen wollten. Und um wirklich auf Nummer sicher zu gehen, haben Sie einen Weg gefunden, uns von innen heraus zu infiltrieren. Und wer hätte sich dafür besser geeignet als das schwächste Glied in der Kette: Selene.“
Ihr wurde schlecht. Sie dachten wirklich, dass … dass …
Ehe diese entsetzliche Unterstellung sacken konnte, nahm Nikolas den Faden wieder auf. „Sie haben die ganze Zeit über gewusst, dass es Alex gibt, oder? Aber interessiert hat Sie das erst, als Sie gemerkt haben, dass Sie ein Teil der Familie Louvardis werden müssen, wenn Sie diesen Auftrag wollen.“
Nein! hallte es lautlos in ihrem Kopf. Die Beschuldigungen ihrer Brüder trafen sie so tief, dass sie kein Wort mehr herausbrachte. Was sie ihm da vorwarfen, war schlimmer als alles, was ihr Vater Aris je zugetraut hätte.
Jetzt übernahm Lysandros das Ruder. „Aber diesmal sind wir Ihnen zuvorgekommen. Sie haben uns die ganze Zeit über in die Hände gespielt.“
Noch immer hatte Aris keinen Ton von sich gegeben.
Höhnisch warf Damon ein: „Aber man kann mit uns reden, Sarantos. Leider sind Sie tatsächlich Alex’ Vater. Ihm zuliebe werden wir Ihnen deswegen einen Platz in dieser Familie gewähren. Und ganz vielleicht bekommen Sie sogar ein Stückchen vom Navy-Auftrag ab.“
Selene konnte nicht zulassen, dass ihre Brüder Aris so würdelos und herablassend behandelten. Diese Mistkerle würden sich demütigst bei ihm entschuldigen, dafür würde sie schon sorgen.
Doch Lysandros schien noch lange nicht fertig zu sein. „Also, Sarantos, so sieht der Deal aus: Wenn Sie den Vertrag wollen, müssen Sie uns einen Bonus garantieren, den Sie an uns auszahlen, sobald Sie wieder versuchen, uns auszubooten. Was Sie mit Sicherheit tun, sobald Sie Gelegenheit dazu haben.“ Nikolas beugte sich bedrohlich zu Aris vor. Dann stieß er hervor: „Ihr halbes Vermögen und die Hälfte Ihrer Anteile, übertragen auf Selene und Alex.“
Noch nie in ihrem Leben hatte Selene eine so brutale, hasserfüllte Wut empfunden wie in
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