Wenn das Schlachten vorbei ist
unter den Arm geklemmt, so eilig durch den Raum, dass ihr Haar wie ein Fallschirm hinter ihr her weht, sieht ihre erwartungsvollen Gesichter und erwägt, ihnen die Verspätung zu erklären, ihnen von dem Zwischenfall mit dem Eichhörnchen zu erzählen, von dem Stau auf der Schnellstraße und den Ampeln, die jedesmal direkt vor ihr auf Rot geschaltet haben, als hätte irgendein bösartiger Bürokrat in der Verkehrsleitzentrale ihren Prius auf den Bildschirmen verfolgt, aber Erklärungen sind was für Kinder wie diesen Jungen mit dem Skateboard und dem verschmierten Schuh, der seiner Mutter die Blutspur auf dem Teppich wird erklären müssen, und so setzt sie sich einfach neben Annabelle und flüstert: »Tut mir leid.«
Aber alle sind entspannt, alle ziehen am selben Strang, alle arbeiten auf dasselbe Ziel hin, ohne Animosität, Zickigkeit oder Futterneid. Was macht es schon, dass Annabelles Arbeitgeber neunmal soviel Land verwaltet wie der National Park Service? Was macht es schon, dass die Hauptranch, das Juwel der Insel, mitten auf dem Land liegt, das Nature Conservancy gehört, und dass Alma Gott weiß was dafür geben würde, sich ein Büro in dem alten Stanton-Haus einrichten zu dürfen, sich aber mit der Scorpion Ranch zufriedengeben muss? Was macht es schon, dass Carey Stanton, den die Funktionäre des National Park Service vor zwanzig Jahren so intensiv bearbeitet haben, seinen Besitz nicht Freeman und dem Volk der Vereinigten Staaten, sondern lieber Nature Conservancy vermacht hat? Was macht es schon, dass Annabelle so sehr darauf gedrungen hat, nicht Island Healers, sondern eine Firma aus Wet Bone, Idaho, zu beauftragen, dass Freeman zweimal hinausgestürmt ist? Was macht das alles schon? Sie alle sind an dieser Sache beteiligt, sie sind Freunde – alte Freunde inzwischen –, und sie sind an einem Ort zusammengekommen, der so gestaltet ist, dass man sich dort wohl fühlt, um gemeinsam zu frühstücken und zu hören, was die anderen über den Fortgang des Projekts von den Phasen I und II zum Höhepunkt, zur Phase III, zu berichten haben: über den massiven Einsatz der Jäger, ganz zu schweigen von dem ihrer Hunde, Geländefahrzeuge, Hubschrauber und ihrer bleifreien Munition, der nun schon in den vierten Monat geht.
Freeman achtet auf seine Figur. Er bestellt sich Grapefruit, Hüttenkäse und Kaffee. »Schwarz, ohne Milch.« Er hat, soweit sie feststellen kann, kein Übergewicht, aber er ist einer jener Männer, die einfach überall groß sind, breit in den Schultern, Armen, Handgelenken, Fingern bis hin zu den Fingernägeln. Sein Kopf ist massig, sein Nacken so dick wie einer der Pfosten unter der Pier. Das einzige, was nicht dazu passt, sind die Füße, die viel zu klein sind, so dass er immer über ihnen zu schweben scheint, als wäre er vollgepumpt mit Helium.
Frazier – sechsundvierzig und ebenfalls nicht klein – trägt Khakishorts und ein dazu passendes kurzärmliges Buschhemd mit vielen Taschen, sein silbrigmeliertes Haar ist militärisch kurzgeschnitten, und er streckt die Beine lässig aus. Er bestellt das Captain’s Breakfast: mit Krabbenfleisch gefüllte Crêpes, frischer Obstsalat, Eier Benedict und in Butter gebratener Sauerteigtoast, dazu Pommes frites und hausgemachter Coleslaw. Er löffelt Zucker in seinen Kaffee und gießt Kondensmilch hinein, bis der Becher randvoll ist. Dann lächelt er in die Runde. »Harte Arbeit, diese Schweine durch die Canyons zu jagen«, sagt er. »Da verheizt man ganz schön Kalorien. Ganz zu schweigen von dem einen oder anderen Bier und vielleicht einem kleinen Schluck aus der Flasche, nach Feierabend, versteht sich.«
»Kleinen Schluck?« wiederholt Alma und grinst ihn an, während die Kellnerin auf die Bestellung wartet – ist ja nicht böse gemeint. Ein »kleiner Schluck« ist bei Frazier ein Viertelliter, also die Menge, die in seinen gravierten Silberflachmann passt. Sie hat ihn immer wieder einen tüchtigen Schluck daraus nehmen sehen, als sie gemeinsam die Zäune kontrolliert und nach Anzeichen von Schweinen gesucht haben, und als sie in Christy Beach am anderen Ende der Insel vor dem Ranchhaus am Picknicktisch saßen, hat er ganz allein ein Sixpack getrunken, und nie, auch nicht für eine Sekunde, hat sie dabei eine Veränderung an ihm festgestellt. Ein Viertelliter mexikanischer Brandy und ein Sixpack Bier in einem verschwitzten Körper, und keine unbeholfenen Bewegungen, kein Lallen, nur ein beständiger Strom von Kiwi-Englisch über Gott und
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