Wenn das Schlachten vorbei ist
fragt, ob jemand einen Schluck will.
»Was ist dadrin?« Toni Walsh blickt interessiert auf. Sie ist zu einem rosaroten Bündel zwischen lauter Beinen und schmutzigen Stiefeln zusammengesunken, ihr Gesicht ist weiß wie ein Fischbauch, ihr Haar sieht aus wie das Zeug, mit dem man Versandkisten auspolstert, und sie nimmt kaum Notiz von den anderen und verzehrt etwas, was wie ein fix und fertig gekauftes, dick mit Schinken und Käse belegtes Sandwich aussieht. »Brandy, hoffe ich.«
»Rotwein. Ein ordentlicher, robuster Zinfandel. Er ist gut, trinken Sie ruhig.«
Alle nehmen einen Schluck. Als Suzanne dann auch noch selbstgebackene Haferkekse herumreicht, scheint es allen ein wenig besserzugehen. Die Bota kommt zu ihm, und auch er trinkt etwas – warum nicht? Er kann einen kleinen Schub gebrauchen.
»Was meinst du?« sagt Cammy, zu ihm gewandt. »Ich meine, realistisch betrachtet. Haben wir eine Chance, da raufzugehen und vor Einbruch der Dunkelheit wieder an Bord zu sein?« Sie lehnt an der Felswand und sieht mit ihren langen Armen und Beinen wie eine Zwölfjährige aus. »Damit hab ich nämlich nicht gerechnet«, fügt sie schnell hinzu. »Mit diesen Bedingungen, meine ich.«
Er zuckt die Schultern, als wäre das ohne große Bedeutung, und reicht die Bota an Kelly weiter, die praktisch auf seinem Schoß hockt. Wenn sich in ihrem Gesicht je Abenteuerlust gespiegelt hat, so ist diese längst verschwunden, doch sie hebt pflichtschuldig den Beutel, legt den Kopf in den Nacken und spritzt sich etwas Wein in den Mund. Sie riecht nach Schweiß und der Orange, die sie geschält hat, und unter dem Mützenschirm quillt ihr krauses Haar hervor. Geistesabwesend sieht er, wie sie sich einen Weintropfen von der Lippe leckt – eine dickliche junge Frau, uninteressant und reizlos, die dringend eine Generalüberholung braucht, wenn sie je einen Mann finden und ein halbwegs gutes Leben oder überhaupt irgendein Leben außerhalb eines Nonnenklosters führen will –, bevor er sich wieder Cammy zuwendet. »Ja, ich hab schon darüber nachgedacht, ob ich mit vielleicht zwei anderen weitergehen soll, während der Rest umkehrt. Ich könnte Ihre Kamera nehmen, Toni. Vielleicht hab ich ja Glück.« Alle sehen ihn an, aber er kann aus ihren Mienen nicht schließen, ob sie erleichtert sind oder nicht. »Cammy hat recht: Wir haben einen schlechten Tag erwischt, und wir werden auf keinen Fall alles tun können, was wir uns vorgenommen haben. Jedenfalls nicht in dem Umfang wie geplant.«
»Mist«, sagt Josh. Seine Stimme klingt ganz hohl. Er stiert vor sich hin und hat die Knie an die Brust gezogen, die leere Bota baumelt von den Fingern der einen Hand, die Stiefel sind bis zu den Schnürsenkeln mit Schlamm überzogen. Er zittert. Alle zittern. Unterhalb von ihnen, lauter jetzt, so laut wie statisches Rauschen, ertönt das unablässige spöttische Tosen des Wassers im Canyon. Niemand scheint noch etwas zu sagen zu haben. Sie wollen zurück, allesamt, sie wollen aufgeben, er sieht es in ihren Gesichtern.
Es ist ein Augenblick der Schwäche, der Hoffnungslosigkeit, der Niedergeschlagenheit. Aber er wird nicht aufgeben, er wird aus diesem Canyon klettern und Fotos machen, die diese Schändlichkeit anprangern, damit der Press Citizen sie auf der ersten Seite drucken und jeder sehen kann, was diese Mörder anrichten, und dann wird er Draht zerschneiden, und wenn es die ganze Nacht dauert und er zum Boot schwimmen muss …
Und dann dreht der Wind, und alles verändert sich.
»Riecht ihr das auch?« Das ist Kelly. Sie setzt sich auf, drückt den Rücken durch und kneift die Augen zusammen. Sie schnüffelt prüfend, vernehmlich und verzieht das Gesicht. »Es riecht« – und da ist er, der Geruch, jetzt nehmen sie ihn auch wahr: modrig, süßlich und ekelhaft zugleich –, »als wäre da was Totes.«
Im nächsten Augenblick sind sie alle, auch Toni Walsh, wieder im Regen und klettern höher, auf das nächste Sims oberhalb des Überhangs. Es ist ein kleiner Absatz, ein Felsauswuchs in der steilen Wand des Canyons; in den Rissen wachsen Beifuß, Coyotesträucher und Mädchenauge, doch da ist noch etwas anderes, etwas Dunkles, das wie eine Fußmatte zwischen zwei Felsen im blassen Matsch liegt. Die Füße finden nur mühsam Halt, der Geruch wird stärker, bis er wie ein Überfall ist. »Ist das …?« sagt jemand.
Sie stehen vor den Überresten – den Kadavern – von zwei Schweinen, das eine ausgewachsen und so groß wie ein fetter Hund, das
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