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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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landete mit einem leisen Plumps auf der feuchten Erde. Der Fuchs beschnüffelte ihn und nahm ihn vorsichtig ins Maul, wie es ein Hund getan hätte, ganz ohne Misstrauen oder Furcht – Menschen stellten für ihn keine Bedrohung dar. Er war schon länger hier als sie, er fraß seine Mäuse und Insekten und gelegentlich einen Vogel, und wenn die Menschen etwas Essbares herumliegen ließen (oder auch Franciscos Tabakspfeife, die eines Abends von der Veranda verschwunden war, eine halb heruntergebrannte Kerze oder verschwitzte Strümpfe, die zum Trocknen über dem Geländer der Veranda hingen und in denen sich die im Schweiß enthaltenen Salze konzentrierten), so tat er ihnen den Gefallen und erweiterte seinen Speiseplan. Sie sah zu, wie er sich an dem Knochen zu schaffen machte, ihn mit den Vorderpfoten festhielt und daran nagte. Sein Fell war glatt vor Nässe, und seine Augen blickten durch sie hindurch, als wäre sie vollkommen belanglos. Dann drehte sie sich um und ging zurück zum Haus, um nach dem Eintopf zu sehen und die Brote in den Ofen zu schieben.
    Francisco hatte das Geschirr zum Trocknen gestapelt und wischte den Betonboden mit einem Mop, oder vielmehr, er schob den Schmutz in langen, gelblichen Streifen von einer Ecke in die andere. Der Boden war schmutzig, immer schmutzig, mit graduellen Unterschieden, und bevor sie Bax schließlich dazu gebracht hatte, sich vom Versorgungsboot hundert Zentnersäcke Zement liefern zu lassen, sie in Partien von zehn Säcken mit dem Jeep zum Haus zu fahren, Beton anzumischen und ihn zu gießen und glattzustreichen, war der Boden tatsächlich aus Lehm gewesen, gestampft von den Stiefeln unzähliger Schafhirten. Das andere feste Gebäude war die Baracke mit acht Zimmern, in der die Männer schliefen. Sie war aus Holz gebaut und hatte, soweit sie wusste, schon immer einen Holzboden gehabt, der womöglich noch schmutziger war als der alte Lehmboden im Haupthaus, aber das war ihr gleichgültig. Die Männer kehrten die Baracke abwechselnd aus und nahmen irgendwann nach einer langen Folge von Wochen auch mal den Mop zur Hand. Sie hatten ihren eigenen Gemeinschaftsraum, ein paar roh gezimmerte Stühle, einen Tisch und einen Kanonenofen, doch im Haupthaus kamen sie zusammen, um zu essen, und dort fühlten sie sich – jedenfalls, wenn sie da war –, als wären sie heimgekehrt, und sprachen von längst gestorbenen Müttern und längst nicht mehr existierenden Haziendas in den verschwommen erinnerten Tälern von Arizona, New Mexico und dem Mexiko südlich der Grenze.
    Als sie in die Küche trat, umfing sie der gute warme Geruch des Eintopfs. Die Fenster waren beschlagen, der große offene Raum, der als Küche, Esszimmer und Gemeinschaftsraum diente, war mit einemmal erfüllt von den freigesetzten und sich miteinander verbindenden Molekülen des Fleisches, das sie geschnitten, und der Kräuter, die sie zwischen ihren Händen zerrieben hatte, und der Duft stieg auf und breitete sich aus, so dass ihn auch Bax, der in dem weißgestrichenen Schlafzimmer die Stirn über der Lesebrille runzelte, bemerkt haben musste. Sie schob den großen Topf auf dem Herd beiseite, stellte eine Bratpfanne hin, gab Öl hinein und schlug ein halbes Dutzend Eier in eine Schüssel. Sie fügte etwas Kondensmilch und eine Handvoll geriebenen Käse hinzu, schlug die Mischung schaumig und buk daraus zwei dünne Omeletts, die sie nur mit Pfeffer und Salz würzte. Dann schnitt sie vier Scheiben Brot ab, strich auf zwei davon ihre selbstgemachte scharfe Sauce, belegte sie mit dem ersten Omelett, klappte sie zusammen und schenkte einen Becher Kaffee ein. »Francisco, wenn du kurz Zeit hast«, sagte sie, und auch darin lag keinerlei Ironie, denn hier auf der Farm ging alles ohne Eile ab, »könntest du das Bax bringen.«
    Er nickte und grinste. »Ja«, sagte er, »klar, no hay problema .« Beide kannten die unausgesprochene Botschaft: Sie benutzte Francisco als Boten, weil sie sich, wenn sie den Teller selbst hinaufgebracht hätte, Bax’ gesammelte Ratschläge, Beschwerden und Rügen hätte anhören müssen, ganz zu schweigen von der Liste zu erledigender Arbeiten, hartnäckiger Sorgen und äußerst dringlicher Angelegenheiten, die er zusammenstellte, seit er ans Bett gefesselt war.
    Für das zweite Sandwich nahm sie Ketchup (von frühester Kindheit an liebte Anise Ketchup und strich ihn auf alles – Salzcracker, Brezeln, Bananen, Gurkenstücke, ja einmal hatte sie sogar einen Schokoriegel mit Ketchup gegessen),

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