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Wenn der Golem erwacht

Wenn der Golem erwacht

Titel: Wenn der Golem erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Attentats sollte sehr wahrscheinlich Bundeskanzler Zander werden. Nach dem Vorfall mit dem Transporthubschrauber wurde der Kanzler unter strenger Bewachung zu seinem Berliner Wohnsitz gebracht, um den ein undurchdringlicher Sicherheitskordon gezogen wurde. Hier aber noch einmal die aufregenden Bilder dieses Abends!«
    Die eingeblendeten Aufnahmen mussten von einer Kamera auf dem oktagonalen Dach stammen. Man sah den Hubschrauber von unten und die Statue, die noch am Stahlseil hing. Langsam senkte sich der Helikopter zum Flachdach herunter, auf dem einige Männer in Overalls, ausgerüstet mit Schutzhelmen, Windschutzbrillen und dicken Arbeitshandschuhen, einen Kreis um die Stelle bildeten, an der die Statue aufgestellt werden sollte. Ein Mann mit rotem Helm sprach Anweisungen in ein Walkie-Talkie und gab der Hubschrauber-Crew Handzeichen.
    Oder er tat zumindest so. Wie ich wusste, spielte er nur den Leiter des Bodenpersonals, der vom Dach aus die Aufstellung der Statue beaufsichtigte. In Wahrheit gehörte er zu den Attentätern.
    Plötzlich ging alles blitzschnell, so schnell, dass der aufgeregte Kameramann das Bild verwackelte. Es passte zu dem Geschehen, zu dem ruckartigen Trudeln und Taumeln des Hubschraubers und zu der herabstürzenden Statue.
    Während ich dem, was ich aus anderer Warte miterlebt hatte, zusah, wurde mir flau im Magen. Aus der Sicht des Beobachters wirkten die Hüpfer und Sprünge des Helikopters fast noch gefährlicher. Es sah so aus, als sei der Hubschrauber mehrmals nur um wenige Zentimeter an Dächern und Masten vorbeigeschrammt.
    Der torkelnde Helikopter verlor sich über dem westlichen Tiergarten, und die Reporterin kam wieder ins Bild.
    »Es sieht so aus, als hätten sich die Attentäter den Helikopter allein zu dem Zweck angeeignet, sich dem Kanzler bei der Eröffnungsfeier für das Clay-Center zu nähern. Die richtige Hubschrauberbesatzung wurde ermordet im Stammsitz der Lufttransportfirma nahe Schönefeld aufgefunden. Das ausgebrannte Wrack des abgestürzten Hubschraubers liegt in einem Waldstück bei Spandau. Bis jetzt steht weder fest, wie viele Personen sich an Bord befanden, noch, was aus ihnen geworden ist. Berichte von mehreren verkohlten Leichen sind von den Behörden noch nicht kommentiert worden. Die Absturzstelle wurde weiträumig abgesperrt, so dass es von dort nur einige Luftaufnahmen gibt.«
    Als diese Aufnahmen des zerstörten Hubschraubers eingespielt wurden, stellte Bartsch den Fernseher aus und drehte sich zu mir um. »Haben Sie den Hubschrauber absichtlich hergebracht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Purer Zufall.«
    »Eher das sprichwörtliche Glück im Unglück, würde ich sagen. Wäre der Vogel irgendwo im bebauten Gebiet heruntergegangen, hätten Sie es kaum überlebt. Und wenn die Maschine in eine andere Richtung geflogen wäre, hätten Rica und ich nicht so schnell antanzen können.«
    »Und die Bullen hätten dich jetzt als vermeintlichen Kanzlerattentäter in der Mangel«, fügte Rica hinzu.
    »Dann wäre ich wahrscheinlich tot, dafür hätte Einar gesorgt«, sagte ich. »Wieso wart ihr kurz nach dem Absturz der Maschine schon vor Ort?«
    »Wir haben im Fernsehen die Live-Übertragung vom Clay-Center verfolgt«, antwortete Rica. »Ich ahnte sofort, dass du in die Sache mit dem Helikopter verwickelt bist. In meiner Zeit als Journalistin habe ich einen Riecher für solche Sachen bekommen. Als wir von einem Reporter hörten, dass der Helikopter zum Spandauer Forst fliegt, sind wir sofort aufgebrochen.«
    Bartsch hatte es ganz richtig ausgedrückt: Glück im Unglück. Sein Hof lag nur zehn Autominuten von der Absturzstelle entfernt.
    Während der Hausherr in die Küche ging, um uns einen ›stärkenden Imbiss‹, wie er es nannte, zuzubereiten, fragte ich Rica, was sie nach unserer Flucht aus der alten Klinik in der Uckermark erlebt hatte.
    »Nicht viel. Ich bin geradewegs zu Hugo gefahren. Mir war klar, dass Kranz – ich muss mich erst daran gewöhnen, dass er dein Bruder ist – jeden überwachen lässt, der mit mir in näherer Verbindung steht. Aber meinen Kontakt zu Hugo habe ich immer geheim gehalten. Hier bin ich sicher und du auch.«
    »Wo hast du den Wagen gelassen?«
    »Der steht hier gut getarnt in einer Scheune.« Sie nahm meine Rechte in beide Hände und sah mir in die Augen. »Hätte ich nicht ohne dich abhauen sollen?«
    »Du hast richtig gehandelt, Rica. Hättest du gezögert, hätten sie dich auch erwischt. Und für mich war es letztlich gut, dass

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