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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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dem leeren Büro geblieben, aber irgendwann hatte selbst die Klimaanlage im Yard vor der Nachmittagshitze kapituliert. Die Luft war zum Schneiden, und im ganzen Haus herrschte jene abgestandene Atmosphäre, die so typisch für Sonntagnachmittage war - wie eine Mischung aus sämtlichen Gerüchen der Woche. Als der Putztrupp vorbeikam, schaltete Cullen den Computer aus und räumte das Feld.
    Sein Chef hatte recht, dachte er, als er in der stickigen U-Bahn saß und zur Euston Road zurückfuhr. Seit der Trennung von seiner Freundin Stella - der mit dem aparten Doppelnamen Fairchild-Priestly - lebte er wie ein Einsiedler. Cullen hatte immer schon die Arbeit in den Mittelpunkt gestellt - was einer der Gründe für das Scheitern seiner Beziehung gewesen war -, aber in letzter Zeit hatte sich das zur Besessenheit ausgewachsen, und er hatte genug populärpsychologische Bücher gelesen, um zu wissen, dass eine solche Fixierung auf eine einzige Sache alles andere als gesund war. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass er vor allem in seinem Job Erfolg haben wollte, und da war es wenig hilfreich, wenn er seinen Chef verärgerte.
    Aber anscheinend konnte ihn nichts anderes motivieren. Die neuen sozialen Netzwerke im Internet waren nicht sein Ding, obwohl er sich schon gelegentlich auf der einen oder anderen Seite herumgetrieben hatte. Es konnte leicht zur Gewohnheit werden, wenn man schon beruflich ständig Dinge über andere Leute herausfinden musste, aber gerade deswegen war er nicht besonders erpicht darauf, Informationen über sich selbst ins Netz zu stellen.
    Als der Zug in den Bahnhof Euston Square rumpelte, wartete
er schwitzend an der Tür, während der Waggon knarrte und ächzte. Er hasste die U-Bahn, selbst wenn nicht so eine Bruthitze herrschte. Ihm kam der Gedanke, dass er sich vielleicht ein Auto kaufen könnte - dann wäre er nicht mehr auf Bus und U-Bahn angewiesen, und er hätte wieder etwas, was ihn für eine Weile beschäftigte. Aber die Parkplatzsuche in der Nähe seiner Wohnung wäre bestimmt ein Alptraum, und da er oft im Zuge von Ermittlungen einen Dienstwagen aus dem Fuhrpark des Yard fahren durfte, schien es eine sinnlose Ausgabe.
    Er fuhr mit der Rolltreppe an die Oberfläche und schlug den Weg nach Osten ein, doch als er sich seinem Block näherte, verlangsamte er den Schritt. Er hasste seine Wohnung, einen öden grauen Würfel in einem öden grauen Gebäude in der Nähe der Euston Station. Stella hatte immer allen erzählt, er wohne am Rand von Bloomsbury, aber das war doch arg übertrieben, sowohl hinsichtlich des Stils als auch rein geografisch. Sie hatte ihn immer irgendwie interessanter darstellen wollen, als er war. Und selbst das war noch eine Untertreibung - sie hatte ihn immer interessanter machen wollen, als er war.
    Im Zuge ihrer Bemühungen, ihren Dougie rundzuerneuern, hatte sie seine Wohnung neu eingerichtet, in einem trendigen minimalistischen Stil, den er von Anfang an gehasst hatte. Aber er hatte sie nicht verletzen wollen, und seit der Trennung hatte er nicht mehr die Energie oder die Fantasie aufgebracht, etwas daran zu ändern. Er hatte sich eine richtig gute Musikanlage zugelegt, aber Stella hatte sich so oft über seine Plattensammlung lustig gemacht, dass er sie künftig lieber für sich behielt, und eigentlich hörte er die meiste Zeit nur seinen iPod.
    Nach Stella war dann Maura Bell gekommen, die kratzbürstige Kripo-Kollegin aus Southwark, und diese kleine Episode hatte ihn den letzten Rest an Selbstbewusstsein gekostet. Er versuchte, so wenig wie möglich an dieses Desaster zu denken.
    Cullen betrat das Gebäude, fuhr mit dem Aufzug hinauf zu
seiner Wohnung und schloss die Tür auf. Immerhin war alles ordentlich aufgeräumt, aber es war heiß wie in einem Backofen. Er riss das Wohnzimmerfenster so weit auf, wie es nur ging, um etwas von der abgasgeschwängerten Luft hereinzulassen, und sah sich dann mit wachsender Verzweiflung in seinen vier Wänden um.
    Warum war er eigentlich immer noch hier? Nächsten Monat, fiel ihm ein, stand die Verlängerung seines Mietvertrags an, und noch hatte er nicht unterschrieben. Die Wohnung war das Beste gewesen, was er sich vor seiner Beförderung zum Sergeant hatte leisten können, aber seither hatte er schon mehrere Gehaltserhöhungen gehabt. Er hatte sogar ein bisschen Geld auf der Bank - abgesehen von der Elektronik, für die er schon mal tiefer in die Tasche griff, und anständigen Klamotten für die Arbeit hatte er nicht viele Ausgaben,

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