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Wenn Du Luegst

Titel: Wenn Du Luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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dass sie sofort zurückschrieb, und sie hatte es vermasselt? Das war unmöglich. Ihre Mutter konnte nicht wissen, dass sie sie überhaupt schon gelesen hatte.

    Was sollte sie bloß antworten? Sie fing an, im Kopf E-Mails zu formulieren. »Hallo, Mom. Mir geht’s gut. Die Schule ist Mist …« Aber was dann? Moment mal - sollte sie überhaupt sagen, dass es ihr gut ging? Denn das stimmte nicht. Es war schrecklich hier. Sie hatte das Gefühl, auf einer einsamen Insel festzusitzen. Und abgesehen davon würde ihre Mutter vielleicht denken, dass sie sie besser hierlassen sollte, wenn sie sagte, dass es ihr gut gehe. Sollte sie schreiben, dass sie nach Hause kommen wollte? Aber das wollte sie gar nicht, solange Jerry noch da war. Gleichzeitig konnte sie ihre Mutter unmöglich bitten, Jerry in den Wind zu schießen. Sie würde es nicht tun und sich wegen dieser Bitte nur schuldig fühlen.
    Lilys Gedanken wanderten zurück zu dem Tag, an dem ihre Mutter gesagt hatte, dass sie fortgehen würden, und sie ihre ganzen Sachen gepackt hatten. Anschließend waren sie einfach im Wohnzimmer sitzen geblieben, während es später und später wurde und der Zeitpunkt, zu dem er nach Hause kommen würde, immer näher rückte. Sie hatte angefangen zu weinen und ihre Mutter angefleht, endlich aufzubrechen, aber Jena war einfach dagesessen, bis er schließlich nach Hause gekommen war. Lily schloss die Augen und zwängte die Erinnerung zurück in die kleine Schachtel, in der sie die schlimmsten von ihnen aufbewahrte. So wie die, als er ihre Mutter mit brennenden Zigaretten versengt und ihre Mom diese entsetzlichen Laute ausgestoßen hatte - es war die Nacht gewesen, in der Lily bei Breeze angerufen hatte. Sie stopfte auch diese Erinnerung zurück in die Schachtel. Manchmal kostete es sie viel Kraft, alles
in dieser Schachtel verschlossen zu halten. Über die E-Mail nachzudenken war wesentlich besser.
    Sie entschied, dass sie nicht schreiben konnte, die Schule sei Mist - es würde zu wehleidig klingen. Das wäre der schnellste Weg, ihre Mutter zu vergraulen. Sie hasste es, wenn Lily herumjammerte. Also konnte sie weder sagen, dass alles super, noch, dass alles Mist war. Was blieb damit noch?
    Vielleicht würde über E-Mail alles anders sein. Viele Jugendliche sagten Dinge in E-Mails, die sie Auge in Auge nicht über die Lippen brachten. Vielleicht würde das mit ihrer Mutter auch so sein. Lily begann, sich in ihrem Kopf Szenarien auszumalen. Sie und ihre Mutter würden sich über die E-Mails nahekommen, bevor ihre Mutter dann eines Tages auftauchen und sie abholen würde. Sie würde diesen Versager verlassen haben und … was dann?
    Na ja, sie könnten auf dem Festland leben, wo es eine größere Schule gab, und wären immer noch nah genug, um Breeze und Betsy zu besuchen. Sie stellte sich das Haus vor, ein cooles Haus und wirklich groß, mit genügend Zimmern, dass ihre Freunde sie besuchen konnten. Und Betsy würde kommen, um sie zu Spritztouren auf der Harley abzuholen, und sie könnte Breeze besuchen, wann immer sie wollte. Lily versuchte sich vorzustellen, wie es sein würde, so was wie, na ja, zwei Tanten und eine Mutter zu haben, aber es gelang ihr nicht. Sie könnte von Glück reden, wenn sie ihre Mutter je wiedersah. Sie würde vermutlich nie mehr mit ihr zusammenleben.
    Wie wäre es wohl gewesen, wenn sie Betsy als Mutter
gehabt hätte? Oder besser noch, wenn ihre Mutter ein bisschen was von Betsy gehabt hätte, genug, um sich von niemand irgendwelchen Mist gefallen zu lassen. Betsy würde niemand erlauben, sie zu schlagen. Sie hätte diesen Dreckskerl längst rausgeschmissen. Breeze ebenso. Trotzdem wollte sie Betsy nicht als Mutter, und auch nicht Breeze. Sie dachte nicht an sie, wenn sie abends schlafen ging, und sie weinte auch nicht wie ein Baby, weil sie sie vermisste.
    Sie fragte sich, was Breeze denken würde, wenn sie wüsste, dass es ihre, Lilys, Schuld war, dass ihre Mutter dieses Arschloch geheiratet hatte. Das war definitiv nichts, worüber sie nachdenken sollte. Sie schob den Gedanken weg, so wie sie die Erinnerungen wegzuschieben gelernt hatte - ganz tief nach unten in diese Schachtel, bis sie so weit weg waren, dass sie nicht einmal mehr wusste, was sie eigentlich darstellten.
    Sie sollte sich besser etwas einfallen lassen, was sie ihrer Mom schreiben konnte. Sie durfte sich mit ihrer Antwort nicht ewig Zeit lassen. Sie wollte nicht, dass ihre Mutter glaubte, sie würde nicht von ihr hören wollen. Sie musste Worte

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