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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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getroffen hatte, hatte sie betäubt und vergewaltigt, sie stand unter Mordverdacht, hatte ihren Job verloren, und ihre Mutter war ermordet worden.
    Nun, da hat das Schicksal wirklich nach allen Regeln der Kunst zugeschlagen, konstatierte sie, schraubte ihr braunes Fläschchen auf und spülte die Tablette mit Irn-Bru runter. Für jeden anderen hätte eines dieser Ereignisse vollkommen ausgereicht. Nicht für Mina Williams. Aber die liebte es ja auch im ganz großen Stil. Sie lachte leise, bis sie merkte, dass das deutsche Pärchen neben ihr sie anstarrte.
    »Ich rede mit meinem unsichtbaren Kobold, das machen alle Schotten so«, sagte sie mit dem besten schottischen Akzent, zu dem sie fähig war, und das Pärchen nickte stumm mit großen Augen. Sie wusste nicht, ob die beiden sie verstanden hatten. Es war ihr auch egal. Anzeichen beginnenden Wahnsinns, Selbstgespräche in der Öffentlichkeit, dachte sie und konzentrierte ihre Gedanken wieder auf die Gegenwart.
    Wenn sie heute Nacht herausbekam, wie sich Arthur nannte, wo er wohnte, wo er sich aufhielt, dann könnte sie mit Hilfe von Hopkirk und David zur Polizei in Edinburgh gehen. Sie würden ihr zuhören, anders als Brady. Sie konnten nicht alle korrupt sein. David mochte um seinen Ruf als Richter besorgt sein und sich im Moment noch ein wenig anstellen, weil die Zeitungen voll mit Spekulationen über Minas Rolle im Mordfall Matthew Barnes waren, aber er hatte ein Herz und würde ihr helfen, wenn es darauf ankam.
    Die Sonne war fast verschwunden, und Mina war eine der Ersten, die sich von den Stufen des National Monuments lösten und von Calton Hill hinabstiegen. Auf der Princes Street winkte sie sich ein Taxi heran. Sie nannte dem Taxifahrer die Adresse, die die Frau, die sich Anna nannte, ihr am Telefon gegeben hatte. Sie fuhren die London Road stadtauswärts in Richtung Portobello, vorbei an Holyrood Park und Arthur’s Seat, bis der Fahrer rechts abbog. Er fuhr direkt auf den Park zu und hielt dann an. Sie bezahlte und stieg aus.
    Royal Park Terrace lag am nördlichsten Zipfel vom Holyrood Park. Man hatte einen fantastischen Blick auf Arthur’s Seat. Schmale, hohe Häuser aus rotem Ziegelstein säumten die Straße, auf der niemand zu sehen war. Anna hatte ihr nur diese Straße genannt, keine Hausnummer, nichts sonst. Mina blieb nichts anderes übrig, als langsam im orangefarbenen Licht der Laternen die Straße entlangzugehen. Nach einer halben Stunde, die ihr wie drei ganze vorkam, wurde sie unruhig. Von Anna war nichts zu sehen. Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer, aber es meldete sich nur eine automatische Ansage.
    Mina hatte bereits in fast jedes beleuchtete Fenster hineingesehen, in jede der abzweigenden Straßen, und sie konnte die parkenden Autos mittlerweile auswendig aufzählen, mit Farbe und Marke. Dass Anna nicht gekommen war konnte nur bedeuten, dass sie nicht kommen wollte. Denn Mina war sich sicher, Adresse und Zeitpunkt richtig notiert zu haben. Warum aber hatte sie Mina dann herbestellt? Sie hätte nur sagen müssen, dass sie sich nicht mit ihr treffen wollte.
    Mina fiel ein, dass Anna nicht nachgefragt hatte, warum sie sich mit ihr treffen wollte. Wahrscheinlich dachte sie, Mina sei daran interessiert, für sie zu arbeiten. Sie überquerte die Straße und beschloss, in die Richtung zurückzugehen, aus der sie mit dem Taxi gekommen war. Weiter vorne würde sie wieder auf die belebtere London Road stoßen, von wo aus sie entweder den Bus oder ein Taxi zurück in die Stadt nehmen konnte. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wo sie danach hingehen sollte. Sie hatte genug Geld dabei, um sich eine günstige Unterkunft zu suchen. Es würde sicher Hotels geben, die sie auch nach Mitternacht noch aufnahmen.
    Aber Mina kam nicht bis zur London Road. Jemand packte sie von hinten und legte ihr eine Hand auf den Mund.
    »Schön ruhig bleiben«, flüsterte eine Männerstimme, und Minas Instinkte sagten ihr, dass sie genau das tun sollte, wenn sie überleben wollte. Sie dachte an das, was sie zu Cedric gesagt hatte: Lieber zwei bewegliche Ziele im Dunkeln, als ein festes in einem hell erleuchteten Hotelzimmer. Der Nachteil daran, ein bewegliches Ziel zu sein, war der Mangel an einer gut gesicherten Deckung.

4.
    Die drei Männer saßen in dem silbernen Golf vor Hopkirks Kanzlei in Stockbridge.
    »Das volle Programm?«, fragte der Russe.
    »Ja, Vladimir. Das volle Programm.«
    »Und wenn er zurückkommt?«, fragte der andere. Bruce.
    »… sollte es nach

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