Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
einen zögernden, aber auch drängenden Blick zu. „Startklar für die Abreise?“ Er selbst sah weder erpicht noch bereit aus.
„Zieht euch noch eine Jacke oder einen dicken Pullover über“, forderte Nikolaj sie auf. „Es wird kühler sein, als hier.“
„Ich sagte gerade, dass ich nicht weiß, wie nützlich ich tatsächlich sein werde“, wiederholte Marah ihre Worte, während sie ihr einen Anorak reichte. „Das hier, ist Simons Haus. Sein Grundstück. Es ist ein guter, starker Platz – in unserer Welt. Der Schutzzauber ging somit verhältnismäßig „leicht“ – es gab gute Energien, die ich nutzen konnte. Aber ich habe keine Ahnung, wie das in der Sensatenwelt sein wird. Welche Energie das Erdelement dort hat. Welche Energien überhaupt vorhanden sind, die sich nutzen lassen. Von mir – zum Schutz …“
„Das werden wir wohl oder übel erst wissen, wenn es darauf ankommt“, entgegnete Jonathan. „Da es keine Alternative zu unserem Zielort – in unserer Zielwelt – gibt, müssen wir einfach ho …“
„Es gibt eine Alternative“, unterbrach Nikolaj ihn. „Ich kann mit Marah vorgehen, sodass sie sich vor Ort von den Energiepotenzialen überzeugen kann.“
„Du willst allein mit ihr dorthin gehen?“ Jonathan trat einen Schritt nach vorne, den Körper angespannt. „Nein, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“
„Ich wähle einen sicheren Ort“, erwiderte Nikolaj in ruhigen Worten, ehe er sich verbesserte: „Einen Ort, an dem niemand auf uns wartet – an dem wir allein und ungestört sind.“
„Die Worte „sicher“ und „Sensatenwelt“ passen nicht in einen Satz“, hielt Jonathan dagegen.
Nikolaj gab ein genervtes Schnalzen von sich. „Glaubst du, wir alle gehen woandershin als
dorthin
?“
„Nein – aber …“
„Kein aber“, unterbrach ihn Nikolaj. „Es wird schnell gehen. Wir sind gleich wieder zurück. Marah …?“ Er fasste sie fragend ins Auge.
„Ich denke, das ist eine gute Idee“, erwiderte Marah mit fester Stimme. „Ich finde lieber in einem unbedrohlichem Moment heraus, ob ich etwas tun kann, als in einem Moment, wo man bereits auf uns zustürmt.“
Wie es aussah, war der Übertritt in die Sensatenwelt nicht das einzige, was Jonathan beunruhigte. Scheinbar hatte er obendrein nicht das beste Gefühl, Marah mit Nikolaj allein zu lassen. Auch, wenn er weniger Aufstand machte, als zu erwarten gewesen wäre. In diesem Moment kam ihr die Frage in den Sinn, wie Marah und Jonathan eigentlich genau zueinanderstanden. Waren sie Freunde? Bekannte, aufgrund der Tatsache, dass beide Corin gekannt hatten? Sehr enge Freunde? Mehr als Freunde? Ein ehemaliges Paar, das nun befreundet war? Unleugbar gab es eine starke Verbindung zwischen ihnen, doch konnte sie nicht genau sagen, auf welche Art und Weise.
„Hin und zurück – verstanden?“, lenkte Jonathan schließlich ein.
„Nichts anderes hatte ich vor“, gab Nikolaj nüchtern zurück, nickte Jonathan aber im gleichen Zug versöhnlich zu. „Ok … Marah, komm neben mich – und ihr: tretet ein paar Schritte nach hinten.“
Sie taten wie geheißen und tauschten die Plätze. Nikolaj konzentrierte sich, die Luft begann zu vibrieren, dann machten er und Marah einen Schritt und waren verschwunden.
Just in dem Moment, als die beiden fort waren, schoss ein Gedanke, begleitet von einer unwillkommenen Gewissheit, durch ihren Kopf und schnürte ihr die Kehle zu. Ihre Augen suchten Jonathans, statt Worten konnte sie jedoch nur ein Keuchen von sich geben.
„Was ist …?!“ Seine Augen verengten sich und legten ein Runzeln auf seine Stirn.
Jonathans Frage beantwortete sich von allein. In dem Moment, als von unten Geräusche zu hören waren, sich jemand gegen die Tür warf – oder etwas dagegen geworfen wurde – und ihnen klar machte, dass lediglich mehr dünnes Holz zwischen ihnen und ihren Feinden stand, welches ohne Frage jeden Moment aus dem Weg geräumt sein würde.
„Der Schutz …“, sagte Jonathan benommen. „Er ist samt Marah verschwunden. Wir sitzen in der Falle.“
***
Marah wusste es sofort. Wusste es in dem Moment, in dem ihre Füße auf weichen Boden trafen; wusste, dass etwas schrecklich schief gegangen war. Sie wusste es umgehend – und doch realisierte und verstand sie es erst eine Vielzahl von Herzschlägen und Atemzügen später. Möglicherweise, weil sie es nicht verstehen
wollte
. Weil sie nicht begreifen wollte, was das bedeutete.
„Tu, was du tun musst. Ich behalte währenddessen die
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