Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
sie sprach. „Wir sind, wo du sein solltest. Nun ja, schon etwas länger, aber jetzt erst so richtig. Weißt du … was du tun musst? Was du tun sollst, damit wir danach wieder von hier abhauen können?“
Er drehte den Kopf und sah Gwen abermals an. Ihr Mund stand offen und sie schüttelte kaum merklich, fast geistesabwesend ihren Kopf, als ob sie Stimmen hörte, denen sie widersprach oder als ob sie etwas zu verscheuchen versuchte. „Ich kann … nicht … Nein, das …“
„Du musst nichts tun, Gwen. Du musst nichts tun, was du nicht tun willst. Wir können von hier weggehen, hörst du? Jetzt gleich – in diesem Moment.“ Er ertrug es nur schwer, sie derart aufgelöst zu sehen.
„Warum … warum liebst du mich, Nick …?“
Die Frage traf ihn so unvorbereitet und direkt, dass ihm die Luft wegblieb. Sie lieben? Ja, das tat er. Immer schon. Auch wenn er gewusst hatte, dass es nicht gut für sie war – dass
er
nicht gut für sie war. Er hatte kein Recht sie zu lieben. Früher nicht und jetzt – heute – erst recht nicht. „Ich …“ Sein Mund war auf einmal sehr trocken.
„Warum, Nick? Bitte, sag es mir. Warum liebst du mich …?“ Ihre Stimme war ein leises Flüstern, das solch eine Intensität und Dringlichkeit enthielt, dass ihn ein regelrechter Schauder überkam.
„Ich …“ Er schluckte und befeuchtete seine Lippen. „Du bist die gütigste, warmherzigste und liebevollste Person, der ich je begegnet bin. Wenn ich bei dir bin, dann fühle ich mich wertvoller, fühle mich respektiert und gesehen. Auf eine Art und Weise, in der mich noch nie jemand gesehen – angesehen – hat. Du bist … die Sonne. Hell und strahlend, warm und nährend. Du erweckst alles zum Leben, bringst es zum Leuchten, einzig dadurch, dass du da bist. Mit deiner Anwesenheit, einem Lachen, einem Blick, einer Berührung. Du bist die Sonne, die mich lebendig hält – du bist mein Herz, das mich atmen und fühlen lässt. Aber … ich bin nicht gut für dich. Ich kann nicht bei dir sein. Ich kann nicht bei dir bleiben.“ Jedes Wort war die pure Wahrheit gewesen. Sie war alles, was er wollte – und er würde sie loslassen, würde sie gehen lassen, weil er sie so sehr liebte.
Gwen schloss einen Moment lang die Augen, dann gab sie einen Seufzer von sich, der sowohl erleichtert als auch schwermütig klang. „Danke … ich musste das hören … ich
musste
es hören …“ Sie hielt inne, öffnete die Augen und sah ihn direkt an. „Vertraust du mir, Nick …?“
„Ob ich dir vertraue …?“ Ein feines Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
„Bitte sprich es aus …“, bat sie ihn.
Er neigte den Kopf leicht schräg, sah ihr direkt in die Augen und sprach mit fester Stimme. „Ich würde dir mein Leben anvertrauen, Gweny.“
Eine Woge von Erleichterung, Befreiung und Hoffnung huschte durch sie hindurch – nur kurz, aber für ihn wahrnehmbar. Dann ergriff abermals eine bedrückende Last Besitz von ihr. „Ich werde dich nicht enttäuschen, das verspreche ich dir …“, flüsterte sie, während ihr eine einzelne Träne die Wange hinablief.
Noch ehe er die Träne fortwischen, etwas erwidern, irgendwie reagieren oder sich einen Reim machen konnte, breitete sich plötzlich ein stechender und heißer Schmerz in seiner Brust aus. Als er den Kopf senkte, sah er ein Messer darin stecken.
„Es tut mir leid …“, hörte er Gwen flüstern, als er langsam nach hinten sank und sie ihn stützte. „Ich werde dich nicht enttäuschen … Ich werde es schaffen … Ich werde alles in Ordnung bringen … versprochen …“ Aus der Nähe drang ein Keuchen und Tuscheln zu ihm durch, doch er fokussierte sich einzig und allein auf Gwen. „Ich werde alles in Ordnung bringen … vertrau mir …“, sagte sie abermals.
„Ich vertraue dir …“ Es war das Letzte, was er sagen konnte – und das Letzte, was er bewusst wahrnahm, ehe die Dunkelheit ihm jegliche Wahrnehmung entzog.
***
„ Was hast du getan …?!“, keuchte Marah entsetzt. „Warum … hast du …“ Sie brach ab.
Gwen sank vollständig auf die Knie, hielt Nikolajs Kopf in den Händen und bettete ihn sanft auf ihren Oberschenkeln. „Was ich getan habe, ist das, was ich tun sollte …“, gab sie flüsternd und unter Tränen zurück.
Marah fiel nichts ein, was sie sagen konnte. Mit offenem Mund starrte sie auf Gwen und Nikolaj. Gwen, die den toten Nikolaj auf ihren Beinen stützte. „Das kann nicht … Das kann Hekate nicht wirklich gemeint haben … das kann nicht sein
Weitere Kostenlose Bücher