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Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)

Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)

Titel: Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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nicht sterben. Sie durfte und konnte ihn nicht verlieren.
Durfte nicht
und
konnte nicht
, weil er zu ihr gehörte. Weil sie zu ihm gehörte. Weil sie ihn liebte.
Genau in diesem Moment sickerte eine Erkenntnis durch ihr ganzes Sein, doch sie hatte keine Zeit, sie zu beachten. Nicht jetzt. Noch nicht.
Merkas zog wie aus dem Nichts einen Dolch hervor und hob ihn an Nikolajs Wange. „Du sollst nicht leer, ohne das gleiche Andenken wie dein Gör ausgehen müssen …“, zischte er, wobei ihm Spucke aus dem Mund floss und ihn wie einen Geisteskranken aussehen ließ.
Sie rannte – rannte einfach seitlich mit aller Wucht in Merkas hinein und riss ihn zu Boden. Sie spürte erst seinen Körper, dann den harten Boden unter sich, der ihre Knochen aufstöhnen ließ.
„Du Miststück!!“ Merkas packte sie an den Haaren, riss ihren Kopf nach hinten und hob die Hand mit dem Dolch empor. Im nächsten Augenblick war Nikolaj da, griff Merkas Arm, drehte ihn nach hinten auf den Boden, ehe er mit dem Fuß auf sein Handgelenk trat, sodass sich seine Finger um den Dolch lösten. Sie rollte sich seitlich weg, während Nikolaj in Taillenhöhe auf Merkas niedersank und seine Hände um dessen Hals schloss. Erst sah es so aus, als ob er die Finger zusammenpresste, doch in Wahrheit war es nicht der Druck, der Merkas Augen hervorquellen ließ.
Nikolaj strahlte plötzlich eine Wolke von knisternder Hitze aus, die ihr heiß über die Haut kroch. Noch ehe sie bewusst und logisch darüber nachdachte, wusste sie, was Nikolaj tat. Was mit Merkas geschah. Nikolaj brauchte keine Waffen. Er selbst reichte aus, um jemanden zu verletzten, ihn seines letzten Atemzugs zu berauben, sein Herz zum Stehenbleiben zu bringen. Merkas röchelte, versuchte, die Hände um seinen Hals zu lösen und Nikolaj von sich zu werfen, doch tat er es mehr und mehr mit letzter Kraft. Einen Augenblick später quollen ihm feine Blutspuren aus Nase und Augen, sodass er aussah, als würde ihn etwas von innen heraus aufzehren. Und das war es, was geschah.
Schreie, Murmeln, Keuchen, Aufatmen – alles verschwamm zu einem Brei von impulsiven, unwillkürlichen, erzürnten und überraschten Regungen. Von außerhalb her und von innerhalb ihres kleinen sicheren Grunds.
Ein würgendes Japsen erklang, dann glitten Merkas Hände seitlich zu Boden, sein Körper kam zur Ruhe, setzte sich nicht mehr länger zur Wehr. Seine blutenden Augen jedoch, starrten weit geöffnet seinem Bezwinger entgegen.
Nikolaj zog ruckartig die Hände zurück, als ob er sich vor ihnen ekelte. Als ob er sich vor sich selbst ekelte. Dennoch blieb er, wo er war. Das Gesicht auf dem von Merkas ruhend.
Eine Flut von Gedanken und Gefühlen schoss durch sie hindurch. Merkas, derjenige, der sie und Nikolaj töten wollte, lag nun hier vor ihnen, war derjenige, der selbst sein Leben ausgehaucht hatte. „
Endlich“,
flüsterte eine Stimme in ihr. Es war vorbei. Ein Teil des Ganzen war vorbei.
Nikolaj wandte den Kopf langsam in ihre Richtung. Fragend. Unsicher. Schwer atmend. Seine Augen trafen die ihren – und die Erkenntnis, jene Erkenntnis, für die zuvor keine Zeit gewesen war, die zu mächtig und unmöglich gewesen war, um sie beachten zu können, kam mit der Wucht eines Tornados zurück und löschte alles andere in ihr aus. Ließ nichts als diese eine Gewissheit zurück, die einfach nicht sein konnte, was sie vorzugeben versuchte, weil sie damit alles, was geschehen war, was sie hierhergebracht hatte, mit einem Mal wie eine lächerliche, verhöhnende Inszenierung wirken ließ. Dies konnte –
durfte
– unmöglich die Antwort sein.  

EINUNDZWANZIG
     

     

    Nikolaj registrierte es sofort – registrierte etwas in Gwens Augen, das so tief ging, so tief reichte, dass er es nicht bis zum Grund verfolgen, es nicht verstehen konnte. „Gwen …?!“ Er sprang auf und hastete an ihre Seite.
Sie erwiderte seinen Blick aus großen, geweiteten Augen. Aus Augen, die etwas verarbeiteten, etwas zu begreifen und gleichzeitig mit aller Macht von sich zu weisen versuchten.
Er griff nach ihrer Hand. „Gwen …?“
„Ist er tot? Nicht nur ein bisschen sondern wirklich?“ Jonathans Stimme drängte sich zwischen ihn und Gwen und erinnerte ihn daran, dass sie nicht allein waren. Er wandte sich reflexartig herum. Alle beide, Marah und Jonathan, sahen ziemlich mitgenommen aus. „Ist er tot?“, wiederholte Jonathan seine Frage, diesmal drängender.
Marahs Blick flog zu Gwen und ein erkennender Ausdruck huschte über ihr Gesicht, ehe

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