Wenn Werwolf-Pranken streicheln
Einverständnis. Konnte sie nun endlich hoffen…?
***
Cole Harper hatte das Gefühl, durch einen kalten See zu laufen, als er das Haus verließ.
Obwohl er den Garten kannte, kam ihm dieser fremd vor. Fremd, abweisend und unheimlich. Im normalen Teil, wo Laternen leuchteten und die Wege gepflegt waren, ging es ja noch, doch später, als ihn die Wildnis zu schlucken begann, änderte sich dieses Gefühl schlagartig. Da trat er hinein in die fremde stille Welt der Dunkelheit. Sie war durchsetzt von Sträuchern, Bäumen und Büschen, zwischen denen das hohe Gras sich mit dem Unkraut abwechselte.
Cole atmete schwer. Sein rechtes Handgelenk schmerzte. Es war sehr dick geworden und sah aus wie eine Beule. Bestimmt schimmerte es bereits grün und blau, nur war das in der Dunkelheit für ihn nicht zu erkennen.
Wenn jemand auf ihn wartete, mußte er gehört werden. Es gab keine richtigen Wege. Mehr als einmal mußte er sich seinen Weg regelrecht durch die Büsche bahnen.
Manchmal blieb er stehen, suchte nach einem Licht, dem Kreis einer Taschenlampe, die ihm den Weg zum Ziel wies. Nichts durchbrach die Finsternis.
Er nahm den Geruch von wilden Blüten wahr. Im April blühten zahlreiche Bäume und Sträucher. Manchmal schreckte er einen schlafenden Vogel auf. Wenn er das Flattern der Flügel hörte, zuckte er jedesmal zusammen. Cole Harper überlegte, wie lange er schon nicht mehr in dem Pavillon gewesen war. Er wußte es nicht. Wäre seine Tochter nicht gewesen, hätte er den alten Bau längst abreißen lassen. So aber diente er Gwen als Spielplatz. Und genau dort wollte der Gangster sein. Cole wollte ihm den Schmuck geben. Dann sollte der Kerl verschwinden und Gwen im Pavillon lassen. So stellte er sich das vor, aber er glaubte nicht, daß es so ablaufen würde, denn die beiden Polizisten waren ebenfalls noch vorhanden.
Manchmal mußte er sich ducken, um den sperrigen Zweigen zu entgehen. Dennoch streiften sie ihn hin und wieder. Nasse Blätter fuhren wie klebriges Gewürm an seiner Gesichtshaut entlang und ließen ihn schaudern.
Der Platz, wo sich der alte Pavillon befand, war ziemlich frei. Er glich einer kleinen Lichtung im Garten. Durch die Lücken erkannte der Mann bereits die alten Mauern.
Über der Lichtung stand der Vollmond. Er und die Werwölfe paßten zusammen. Seit seinem Weggang hatte er an die Bestien nicht mehr gedacht, aber er konnte sich gut vorstellen, daß sie sich nicht zurückgezogen hatten. Vielleicht traf er sie und auch Brenda, die von ihnen geholt worden war. So dicht es ging und dabei noch in Deckung bleibend, schlich er an den Pavillon heran.
Dort rührte sich nichts. Cole Harper konnte durch eine der Öffnungen in das Innere schauen. Niemand lauerte da auf ihn. Wenn ja, dann mußte sich der andere geduckt haben.
Am liebsten wäre er hocken geblieben. Aber der Mann hatte ihm den genauen Treffpunkt genannt. Harper wollte nichts tun, um das Leben seiner Tochter in Gefahr zu bringen.
Deshalb überwand er auch die letzten Yards und schob sich in den Pavillon hinein. In der Mitte blieb er stehen. Er spürte den Wind, der duch die Fensteröffnungen fuhr und gegen ihn strich, als wollte er ihn mit kühlen Fländen streicheln.
Es war keine Angst, die ihn umklammert hielt, eher eine gewisse Spannung, wie es weitergehen würde. Unter seinen Sohlen knirschte der Dreck, als er sich drehte und auf die Bank zuging. Behutsam ließ er sich auf der steinernen Sitzfläche nieder und wartete ab.
Es tat sich nichts.
Cole Harper saß da und fühlte sich ungeheuer allein. Verlassen, schutzlos…
Er atmete durch die Nase, weil er sich nicht verraten wollte. Dabei lauschte er nach draußen. Wenn sie kamen, mußte er sie einfach hören, denn lautlos konnte sich niemand in dieser Umgebung bewegen. Dafür war sie einfach zu dicht bewachsen.
Die Kassette hatte er neben sich gestellt. In seinem rechten Gelenk pochte und hämmerte es. Es war ein stetiger gleichbleibender Schmerz, der sich nur verstärkte, wenn er das Gelenk bewegte. Minuten verrannen. Sie hatten keine Zeit abgemacht. Harper hoffte nicht, daß der Kidnapper ihn belogen hatte, denn er mußte eigentlich mit allen Tricks rechnen.
Auch dachte er über seine Tochter nach. Wie kam Gwen nur dazu, die Werwölfe als ihre Großeltern zu bezeichnen? Wer so etwas tat, mußte einfach nicht richtig im Kopf sein. Bisher hatte er Gwen für ein aufgewecktes, intelligentes Mädchen gehalten. In welch einer Welt mochte sie nur leben?
Leider kannte er Gwen zu
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