Wenn Werwolf-Pranken streicheln
sie der Wind, der auch den Klang der Stimmen herbeitrug wie ein Freund. Er kühlte ihr verschwitztes und schmutziges Gesicht. Grashalme kitzelten mit ihren Spitzen ihre Wangen, als sollte das Mädchen liebkost und auch getröstet werden.
Urplötzlich richtete sich Gwen auf. Sie hatte ein anderes Geräusch vernommen.
Schritte!
Nicht weit entfernt, sogar ziemlich nah. Und sie kamen noch näher, denn sie hatten ein Ziel. Gwendolyn!
Ein Schatten erschien neben ihr, beugte sich tiefer. Zwei mächtige Pranken bildeten eine Schiene. Dazwischen und über Gwen leuchtete gelb ein Augenpaar.
Die Werwölfe waren da!
Zumindest einer, der sich um das Kind kümmerte. Zärtlich streichelte er das Gesicht der Kleinen, bekam das Pflaster zu packen und riß es mit einem Ruck ab.
Auch diesmal schrie Gwen nicht, obwohl es wehtat und ihre Lippen an einigen Stellen aufsprangen.
Zwei mächtige und starke Pranken umfaßten ihren Körper. Leicht wie ein Spielzeug wurde Gwen in die Höhe gehoben. Sie blieb auf den Armen liegen und fühlte sich mit einemmal so geborgen. Jetzt konnte ihr nichts mehr geschehen. Der Werwolf nickte ihr zu. Gwen rechnete damit, daß er zum Pavillon gehen würde, doch er schlug eine andere Richtung ein und ging mit ihr tiefer in den Garten.
Trotz seiner Schwere bewegte er sich leicht und sicher. Das Mädchen hatte die Arme erhoben und sie um den Hals der Bestie geschlungen. Es war ein Bild, das man kaum fassen konnte und man höchstens aus dem Kino kannte, wenn auch in anderer Form.
Beide erreichten ein Beet. Gwen hatte es sich extra anlegen lassen, um Erdbeeren pflanzen zu können, die sie so gern aß. Das Blumenbeet daneben gehörte ihr auch. Hier setzte der Werwolf die Kleine ab. Gwen hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Der lange Blutstau machte sich wieder bemerkbar. Sie taumelte ein wenig, so daß die Bestie sacht zugreifen mußte, um ihren Schützling zu halten.
»Danke!« flüsterte Gwen. »Ich danke dir…«
Genau da fiel im Pavillon der Schuß!
***
Brenda sollte als erste sterben, das hatte sich Angelo Lombardi so ausgedacht. »Und du Mr. Harper kannst zuschauen, wie es ist, wenn man eine Kugel verpaßt bekommt, denn du bist der nächste auf meiner Liste!«
Das Kindermädchen konnte es kaum fassen. Die Situation war einfach zu unwirklich, wie ein gewaltiger, böser, kaum enden wollender Alptraum. Sie starrte nach vorn, in die Mündung hinein, dieses gefährliche, dunkle Loch, und sie sah darüber das verzerrte Gesicht des Mannes, der mit dem Rücken zum Fenster stand.
Genau dort erschien ein Schatten.
Er hatte sich völlig lautlos bewegt und war auch von Lombardi nicht gehört worden.
Ob Harper ihn sah, konnte Brenda nicht erkennen, sie aber bemerkte die Bewegung und bekam mit, wie Lombardi in der Sekunde aufschrie, als sich die Pranke des Werwolfs um seinen Brustkasten legte und die Bestie ihn mit ihrer gewaltigen Kraft zurück und auch durch die Öffnung des Fensters riß.
Er schoß.
Es war mehr ein Reflex. Die Mündung zeigte längst nicht mehr in ihre ursprüngliche Richtung. Die Kugel raste in die Decke, wo sie keinen Schaden anrichtete.
Zwei Lidschläge später sah Brenda nur mehr die trampelnden Beine des Mannes, der rücklings durch die Fensteröffnung gezerrt wurde und nichts dagegen tun konnte.
Die Bestie hielt ihn noch immer fest. In Lombardi stieg die Panik hoch. Er fing an zu kämpfen und stemmte beide Füße gegen die Außenwand des Pavillons.
Dieser Widerstand war nicht mehr als der Tropfen auf den berühmten heißen Stein.
Mit einem heftigen Ruck wurde er weitergezogen. Die Pranke verstärkte ihren Druck noch, so daß er das Gefühl bekam, sein Brustkasten sollte eingerissen werden.
Dann schleuderte ihn die Bestie herum und ließ ihn gleichzeitig los. Schreiend stürzte der Kidnapper auf ein dorniges Gebüsch zu. Er wirkte dabei wie eine Puppe, der man einen heftigen Stoß gegeben hatte. Mit der Frontseite zuerst krachte er in den Busch hinein. Dort brachen die Zweige mit trockenen Geräuschen ab. Dornen zerfetzten die Kleidung des Mannes und drangen in seine Haut.
Lombardi gab nicht auf. Trotz seiner miesen Lage hatte er die Waffe festgehalten. Und er hatte auch den Willen, sie einzusetzen. Was kümmerte ihn sein zerkratztes und blutiges Gesicht, wenn er es schaffen konnte, sich aus dem Dornbusch zu befreien.
Bei den wilden und heftigen Bewegungen, riß sein Hemd noch ein Stück weiter auf. Ein Dorn zog nadelgleich eine Furche in die dünne Haut auf der
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