Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Das war das Geräusch – du hast den Riegel wieder hochgeschoben und die Tür aufgemacht.«
»Wally Barry hat dich beobachtet, Jenna«, ergänzte Fran. Eigentlich hat er nur eine Frau gesehen, dachte sie, und dazu nicht einmal ihr Gesicht. Aber vielleicht kauft Jenna mir das ja ab.
»Jenna«, rief Molly. »Du hast mich fünfeinhalb Jahre im Gefängnis schmoren lassen, und zwar wegen eines Verbrechens, das du begangen hast. Und du hättest nichts unternommen, wenn sie mich wieder eingesperrt hätten. Du wolltest, daß ich wegen Mordes an Annamarie verurteilt werde. Warum, Jenna? Sag mir, warum.«
Fast flehend sah Jenna von einem zum anderen. »Du irrst dich, Molly«, begann sie.
Doch dann hielt sie inne. Es hatte keinen Sinn mehr. Sie wußte, daß sie in der Falle saß. Das Spiel war aus.
»Warum, Molly?« meinte sie. »Warum?« Ihre Stimme wurde lauter. »Warum? Warum hatte deine Familie Geld? Warum mußten Gary und ich dich und Cal heiraten? Weil ihr uns etwas bieten konntet. Warum habe ich dir Gary vorgestellt? Warum haben wir soviel zu viert unternommen? Damit Gary und ich so oft wie möglich zusammensein konnten. Ganz zu schweigen von den vielen Malen, die wir uns in diesen Jahren allein getroffen haben.«
»Mrs. Whitehall, Sie haben das Recht zu schweigen«, warf Jacobs ein.
Jenna achtete nicht auf ihn. »Es war Liebe auf den ersten Blick. Und dann hast du mir an jenem Sonntag nachmittag erzählt, daß Gary eine Affäre mit einer Krankenschwester hatte und daß das Mädchen schwanger war.« Sie lachte bitter.
»Jetzt war ich die betrogene Geliebte. Ich kam her, um Gary zur Rede zu stellen. Geparkt habe ich ein Stück die Straße hinauf; du solltest mein Auto nicht bemerken, falls du früher nach Hause kommst. Er ließ mich herein, und wir haben uns gestritten. Er wollte unbedingt, daß ich ging, bevor du zurück warst. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, wandte mir den Rücken zu und sagte: ›Allmählich glaube ich, daß es doch kein Fehler war, Molly zu heiraten. Wenn sie wütend ist, fährt sie wenigstens nach Cape Cod, anstatt mir eine Szene zu machen. Und jetzt verschwinde und laß mich in Ruhe.‹«
Tonlos fügte sie hinzu: »Dann passierte es. Ich habe es nicht geplant. Ich wollte es nicht tun.«
Die Sirene des ankommenden Krankenwagens durchschnitt das Schweigen, das entstand, als Jennas zitternde Stimme erstarb. »Lassen Sie Molly um Himmels willen nicht in die Lasch-Klinik bringen«, sagte Fran zu Jacobs.
94
D ie Sendung von gestern abend hatte ausgezeichnete Einschaltquoten«, sagte Gus Brandt sechs Wochen später. »Meine Glückwünsche. Es war die beste Folge von Wahre Verbrechen , die es je gegeben hat.«
»Sie sollten sich selbst gratulieren, denn Sie haben mich erst auf die Idee gebracht«, erwiderte Fran. »Wenn Sie mich nicht hingeschickt hätten, um über Mollys Entlassung aus dem Gefängnis zu berichten, wäre all das nie geschehen – oder zumindest ohne mich.«
»Mir haben besonders Molly Laschs Schlußworte gefallen, als sie meinte, man müsse an sich selbst glauben und auch dann durchhalten, wenn man denkt, daß alles über einem zusammenbricht. Sie ist Ihnen dankbar, weil Sie sie am Selbstmord gehindert haben.«
»Dafür hätte Jenna sie fast getötet«, entgegnete Fran. »Wenn ihr Plan geklappt hätte, wären wir alle davon ausgegangen, daß Molly sich wirklich das Leben genommen hat. Allerdings hätte ich sicher meine Zweifel gehabt. Ich vermute, Molly hätte die Tabletten wahrscheinlich doch nicht geschluckt.«
»Es wäre ein großer Verlust gewesen – sie ist so eine schöne Frau«, sagte Gus.
Fran lächelte. »Das war sie schon immer – nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Und das halte ich für viel wichtiger, nicht wahr, Gus?«
Gus Brandt bedachte sie mit einem wohlwollenden Blick. »Richtig«, erwiderte er schmunzelnd. »Apropos wichtig: Ich finde, Sie sollten sich eine kleine Pause gönnen. Nehmen Sie sich einen Tag frei. Paßt Ihnen der Sonntag?«
Fran lachte. »Gibt es eigentlich einen Nobelpreis für Großzügigkeit?«
Auf dem Rückweg in ihr Büro steckte sie die Hände in
die Taschen und senkte den Kopf, was ihre Stiefbrüder immer als ›Frannys Denkerpose‹ bezeichneten.
Seit dem Tag, als ich über Mollys Entlassung aus dem Niantic-Gefängnis berichtet habe, arbeite ich bis zur Erschöpfung, gestand sie sich ein. Jetzt liegt das alles hinter mir. Aber ich lecke noch immer meine Wunden.
Es war eine Menge geschehen. Um einem
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