Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
Vom Netzwerk:
mich besonders deutlich, wie sehr menschliche Gedankengebäude von Gott so unendlich weit weg sind von dem, was Gott im Tiefsten ausmacht. Nicht selten entarten diese äußeren, abstrakten Überlegungen zu und über Gott zu einer Ideologie. Für den, der Gott aus seiner eigenen Tiefe heraus begegnet ist, hat das wenig, ja nichts mit Gott zu tun.
    Wer daher Gott verneint oder ablehnt, weil sein Bild, seine Vorstellung von Gott auf diesen äußeren Überlegungen oder den Verzerrungen von Gott, für die zum Teil auch die Religionen selbst verantwortlich zu machen sind, gründet, den kann ich gut verstehen. Ich wünsche ihm aber, dass er sich dadurch nicht davon abhalten lässt, zumindest offen dafür zu sein, den »wahren« Gott zu finden, der ihm nach meiner Überzeugung nur in der eigenen Tiefe begegnen kann.

Im Traum gibt es keine Atheisten
    ANSELM GRÜN: C. G. Jung meinte einmal, im Traum gebe es keine Atheisten. Denn die Weisheit der Seele trage in sich Symbole und Bilder von Gott. Er hat die Erfahrung gemacht, dass keiner seiner Patienten über 35 Jahre wirkliche Heilung erfahren hat, wenn er sich nicht dem Thema Gott und Religion stellte. Jung würde diesen modernen Atheisten antworten: »Ihr denkt nur mit dem Verstand. Aber ihr überspringt die Weisheit der Seele. Wer jedoch die Weisheit der Seele überspringt, der wird rastlos und letztlich neurotisch.«
    Die Aggressivität des neuen Atheismus zeigt deutlich, dass man sich hier gegen die Weisheit der Seele wendet und daher so viele rationale Gründe braucht, um das Wissen der Seele zu entwerten und abzuwehren. Ich habe den Eindruck, dass die Atheisten es heute nötig haben, in dieser Welt hoffähig zu werden. Daher treten sie so selbstbewusst auf.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Viele Atheisten sind Atheisten, weil sie gar nicht anders können. Sie sind davon überzeugt und müssen es ja um ihrer eigenen Redlichkeit willen sein. Ich bin von meiner persönlichen Lebenserfahrung und von meinem Beruf als Psychotherapeut her nicht so sehr an philosophischen und theologischen Fragestellungen interessiert, ob jetzt Gott existiert oder nicht, sosehr ich das für wichtig und legitim halte.
    Für mich ist entscheidender, welche Bedeutung mein Glaube oder aber mein Nicht-Glaube an Gott bei der Bewältigung der existenziellen Fragestellungen und Erfahrungen
meines Lebens einnimmt. Ich denke da an die Auseinandersetzung mit persönlichem Leid, existenzieller Angst, existenziellem Alleinsein,Vergänglichkeit und Tod.
    Ich pflichte Wittgenstein bei, der in seinem Tractatus logicophilosophicus auf die Frage nach der Existenz Gottes schreibt: »Wir fühlen, dass, selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt worden sind.« Die Gottesfrage wird hier also heruntergehoben in die Banalität des Alltags, in die Wirklichkeit unseres Lebens. Ich erfahre dann etwas von Gott durch einfache Menschen, kann Gott in ihrem Leben ablesen und entdecken.

Der Weisheit der Seele trauen
    ANSELM GRÜN: In der Diskussion mit Jugendlichen höre ich oft das Argument: »Gott gibt es nicht. Das ist alles nur Einbildung, damit die Menschen besser mit ihrem Leid zurechtkommen. Doch wir müssen das Leid einfach bewältigen.« Natürlich ist in dieser Argumentation etwas richtig. Ob Gott Einbildung ist oder nicht, können wir letztlich nicht beweisen.Wir müssen uns für eine Variante entscheiden.
    Aber oft höre ich aus dieser Argumentation heraus, dass die Jugendlichen ihr Leben selbst planen und kontrollieren wollen. Sie haben Angst vor dem, was ihre eigenen Gedankengebäude stören könnte. Sie haben Angst vor dem Unberechenbaren, nicht Planbaren. Sie möchten ihr Leben in den
Griff bekommen. Das ist legitim. Doch ich spüre oft etwas Verkrampftes in diesem Bemühen.
    Daher ist die Leugnung Gottes oft der Versuch, sein Leben in den Griff zu bekommen. Man will damit der Angst vor dem Geheimnis entgehen, der Angst vor dem, was nicht planbar ist. Doch je mehr ich der Angst ausweichen will, desto mehr wird sie mich einholen. Daher müssen die so Argumentierenden immer nach neuen Gründen für ihren Atheismus suchen, weil die Weisheit der Seele dafür keinen Grund kennt.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Heißt das, die Weisheit der Seele lehnt sich dagegen auf? Dann könnte man ja darauf vertrauen, dass sich die Weisheit der Seele irgendwann durchsetzt, irgendwann die Stelle, die Situation im Leben eines Menschen findet, an der die Ahnung

Weitere Kostenlose Bücher