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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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Barbara mit ihrem üblichen Enthusiasmus zubereitet. Ich gebe es ihr gern. Dafür kriege ich ein Nutellabrot. Es ist so schlecht geschmiert, dass Sarah es selbst gemacht haben muss. Ich quetsche die Scheiben mit Daumen und Zeigefinger zusammen und mache lauter kreisrunde Abdrücke in das ganze Brot. Irgendwie entspannend, zu fühlen, wie das Brot unter dem Druck nachgibt.
    » Was machst du mit meinem Sandwich?«, fragt Sarah angeekelt.
    » Es ist nicht mehr deins.«
    » Okay, aber ich habe es gemacht.«
    » Mein Gott, Sarah, darauf wäre ich nicht stolz.«
    » Hey«, sagt Rachel plötzlich, » warum übernachtet ihr zwei heute nicht bei mir? Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht.«
    » Klasse«, sagt Sarah sofort. Ich habe noch nie erlebt, dass sie eine Einladung abgelehnt hätte.
    Ich übernachte auf keinen Fall bei ihr. Spät am Abend werden die Gespräche tiefsinnig. Und tiefsinnig ist ein Ort, an den ich nicht gehe. Nicht mehr. Ich mache ein enttäuschtes Gesicht.
    » Ähm, sorry, Rachel. Ich kann leider nicht über Nacht bleiben, aber wahrscheinlich kann ich ein paar Stunden vorbeikommen. Ist das okay?«
    » Klar«, sagt Rachel. Aber sie klingt enttäuscht.
    Ich hole mein Handy heraus und rufe Mike an, um zu fragen, ob das okay ist. Ich rufe nicht den Rockstar an. Ich will sein volles Tagesprogramm nicht stören. Was natürlich Quatsch ist, weil Mike ihn sowieso stören muss. Ich will damit nur ein Statement abgeben.
    Ich bin gern bei Rachel. Genau so sollte ein Zuhause sein. Keine Angestellten, keine Stylisten – nur Familie. Rachels Vater trägt Hemd und Krawatte. Kein eng anliegendes schwarzes Designer-T-Shirt. Keine Sonnenbrille oben auf dem Kopf. Keine Ohrringe. Keine Keilabsätze. Aber was ich am meisten mag bei Rachel zu Hause, ist ihre Mum. Yvonne ist warmherzig und lustig, so wie meine Mum es war. Sie kocht einfache Mahlzeiten, zum Beispiel Fleisch mit zwei Gemüsesorten, wie meine Mum es gemacht hat. Sie verwendet nicht Stunden auf ein französisches Gericht, das zu bemüht ist, als dass es einen beeindrucken könnte. Obwohl wir inzwischen sechzehn sind, erinnert sie uns immer noch daran, dass wir uns die Hände waschen sollen. Ich liebe sie.
    Beim Abendessen geht es laut zu. Rachels Brüder Harry und Jack versuchen, sich gegenseitig zu übertönen, und ziehen Rachel bei jeder Gelegenheit auf. Das macht ihnen einen Heidenspaß. Rachels Retourkutschen kommen aber so schnell, dass die beiden kein Land sehen. Die Einzige, die nicht lacht, ist Sarah. Sie ist so damit beschäftigt, Jack mit Blicken zu verschlingen, dass sie anscheinend ihr Hörvermögen verloren hat.
    Als alle fertig sind, stehe ich auf und fange an, die Teller einzusammeln.
    » Was machst du denn da?«, fragt Rachel und sieht mich an, als wäre ich durchgeknallt.
    Also setze ich mich wieder hin. Obwohl ich viel lieber den Tisch abgeräumt hätte, um bei Yvonne in der Küche zu sein. Wenn Mum mich gezwungen hat, nach dem Abendessen beim Abräumen zu helfen, dachte ich an all die Dinge, die ich stattdessen hätte tun können. Ich wusste es nie zu schätzen, dass ich auf diese Weise Zeit mit ihr verbringen konnte. Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, dass unsere Gespräche wichtig sein könnten. Bis wir sie nicht mehr führen konnten.
    » Danke, Alex«, sagt Yvonne, » aber Jack ist heute dran mit Abräumen.«
    » Weißt du«, sagt Jack mit hochgezogenen Augenbrauen, » wenn Alex helfen will, dann misch ich mich nicht ein …«
    Yvonne wirft ihm einen Blick zu.
    » Okay, okay«, sagt er und hebt ergeben die Hände.
    » Ab mit euch, Mädchen«, sagt Yvonne. » Viel Spaß.«
    Spaß, denke ich.
    ***
    Wenn man in Rachels Zimmer kommt, könnte man denken, sie studiert Medizin. Ihre Regale sind vollgestellt mit medizinischen Enzyklopädien. An den Wänden hängen lauter Poster von menschlichen Eingeweiden. Sie hat so ein Plastikmodell mit nachgemachten Organen, das man auseinandernehmen und wieder zusammensetzen kann. Sie hat sogar ein Skelett. Pierre. Er hat eine kirschrote Perücke auf, eine Baskenmütze und trägt einen Schal. Eine Hand hält er hinter dem Kopf, die andere liegt auf seiner ausgeprägten Hüfte. Rachel will nicht nur Ärztin werden, sie will Herz- und Gefäß-Chirurgin werden. Ausdrücklich. Außerdem will sie Schauspielerin werden. Was die vielen Preise und Trophäen erklärt, die sich auf ihren Regalen aneinanderreihen. Sie nimmt Schauspielunterricht, seit sie vier ist. Wenn es jemanden gibt, der es schafft,

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