Wer bricht das Schweigen (German Edition)
Geld aus dir heraus zu pressen.“
„ Und ich bin darauf hereingefallen“, sagte er erschüttert. „Ich kann es immer noch nicht glauben.“
„ Das solltest du aber. Du willst die Leute hier im Stich lassen, die dich wirklich gern haben, Michael. Es wird bestimmt nicht leicht sein, wieder einen Doktor herzubekommen, der sich mit dem Landleben abfinden kann.“
„ Vergiss bitte nicht zu erwähnen, dass ich auch Trecker reparieren kann, Janina“, wandte er scherzend ein. „Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Eigentlich bin ich froh, dass du jetzt alles weißt. Die letzten Tage waren die Hölle für mich“, gestand er schaudernd.
Sie sagte ihm nicht, dass sie es ihm ansehen konnte. Er wirkte übernächtigt. Sie überließ ihm ihre Hand. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Janina begriff, dass er sich jetzt zuerst einmal mit ihren Neuigkeiten auseinandersetzen musste.
„ Ich glaube, ich habe eine riesige Dummheit gemacht“, gestand er plötzlich und blieb erneut stehen. „Ich habe mich für fünf Jahre verpflichtet, als Tropenarzt zu arbeiten. Der Antrag mit meiner Unterschrift dürfte bereits angekommen sein. Ich warte nur noch auf meine Reiseunterlagen.“
„ Du musst das eben rückgängig machen, Michael“, verlangte sie entsetzt. „Lass dir irgendeine Erklärung einfallen, das geht bestimmt.“
Er schüttelte störrisch den Kopf. „Ich habe mir das eingebrockt, und darf jetzt auf keinen Fall einen Rückzieher machen, Janina. Glaub mir, ich würde viel darum geben, wenn ich das ungeschehen machen könnte. Ich würde so gerne mehr für die kleine Natalie tun. Hoffentlich bleibt mir noch genügend Zeit, um eine befriedigende Lösung zu finden. Frau Köhler ist mit dem Kind wirklich überfordert.“
„ Ich werde mich um Natalie kümmern so gut ich kann“, versprach Janina. „Falls die Kleine allerdings in ein Heim muss, werde ich kaum etwas dagegen unternehmen können. Mir wird man sie kaum anvertrauen. Dazu muss man eine intakte Ehe vorweisen können. Wahrscheinlich müssen auch noch andere Bedingungen erfüllt werden. Ich habe ehrlich keine Ahnung.“
„ Meine größte Sorge bist du, Janina“, sagte er wehmütig. „Fünf Jahre sind eine entsetzlich lange Zeit. Ich kann auf einmal gar nicht mehr begreifen, wie ich mich darauf einlassen konnte. Bis ich zurückkomme, hast du mich längst vergessen. Erinnerst du dich noch .daran, dass ich dir einmal gesagt habe, ich hätte dich schon geliebt, noch ehe wir uns begegnet sind? Dann kannst du dir auch vorstellen, wie schmerzlich es für mich ist, dich verlassen zu müssen, nachdem ich dich eben erst gefunden habe. Ich habe Nächte damit verbracht, mir vorzustellen, wie einsam das Leben für mich sein wird, in einem fernen Land, mit der Sehnsucht nach der Frau im Herzen, die ich über alles liebe. Warum ich das getan habe, wird mir erst jetzt klar. Ich habe die Brücken hinter mir abgebrochen, weil ich mir damit für immer den Rückweg versperren wollte. Und jetzt merke ich auf einmal, dass der einzige Mensch, auf den es mir wirklich ankommt, auf der anderen Seite steht.“
Janina spürte, dass es seine wahren Gefühle waren, die er preisgab. Sie warf alle Bedenken über Bord. Wer weiß, wie viel Zeit ihnen noch blieb? Sie wollte keine Minute ungenutzt verstreichen lassen.
Er schloss sie in seine Arme. Es gab keine Missverständnisse mehr zwischen ihnen, nur noch Liebe und Vertrauen. So standen sie lange beisammen und küssten sich. Nur das Wissen, dass ihr Glück nicht von langer Dauer sein konnte, lastete wie ein dunkler Schatten über ihnen.
* * *
Sie konnte mit ihrem Staubtuch durch die Wohnung gehen, oder aber auch wieder einmal ihre Fenster putzen, stellte Lisa Krämer fest, als sie sich in ihrer Wohnung umschaute, aber zu allem fehlte ihr der richtige Schwung. Für keine Arbeit konnte sie sich begeistern, ehe sie nicht wusste, ob die junge Lehrerin Erfolg haben würde.
O b Janina schon zurück war? Eigentlich konnte sie doch einen Spaziergang zum Schulhaus machen, um zu sehen, ob ihr Auto dastand. Die Idee begeisterte sie so, dass sie sich sofort auf den Weg machte.
Der kleine rote Flitzer der Lehrerin stand tatsächlich im Schulhof. Und daneben die dunkelblaue Limousine ihres Doktors. Gleich darauf erblickte sie die beiden jungen Menschen auf der Bank vor dem Schulhaus, auf der auch sie vorhin bereits mit Janina gesessen hatte. Ihr Herz schlug höher vor Freude, als sie sah,
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