Wer den Himmel berührt
Kakadu-Nationalpark nach Norden reiste, anschließend mit einem Bus den halben Kontinent durchquerte und mein Weg mich mitten durch den Busch führte, ließ mich der Gedanke an die Fliegenden Ärzte einfach nicht mehr los.
Der zweite reine Glücksfall, der weitreichende Konsequenzen haben sollte: In der Nähe von Cairns an der großartigen Nordostküste nahm ich mit meinen beiden Töchtern Debra und Lisa einen Touristenzug nach Kuranda. Uns gegenüber saß ein reizendes Paar, das Ferien machte. Der Mann, zwanglos und lässig in Jeans und einer Baseballmütze, schloß sich einer meiner Töchter an, und beide lehnten sich gemeinsam aus dem Zugfenster und machten Fotos. Es endete damit, daß wir einen großen Teil des Tages gemeinsam verbrachten. Als wir uns voneinander verabschiedeten, gab er mir seine Karte, der ich entnahm, daß es sich bei den beiden um Marshal Ray Funnell, Chief der Royal Australian Air Force, und seine Frau Suzanne handelte.
Sie ließen sich ein Exemplar meines ersten Buchs,
East of the Sun
, aus den Staaten kommen, das gerade erst veröffentlicht worden war, und dann schrieben sie mir einen schmeichelhaften Brief. Damit begann ein Briefwechsel, der zu einer ergiebigen Freundschaft führte.
Als ich ein Jahr später noch immer nicht von dem Gedanken an die Fliegenden Ärzte loskam, obwohl ich wußte, daß es zwei weitere Jahre dauern würde, ehe ich mit einem Buch darüber beginnen konnte, fragte ich bei Marshal Funnell nach einer Möglichkeit für mich an, das Team des RFDS bei seinen Krankenbesuchen zu begleiten, falls ich wieder nach Australien käme. Er öffnete Türen für mich, von deren Existenz ich nie auch nur etwas geahnt hatte. Als ich dann das Land wieder besuchte, im Sommer 1990 (dem dortigen Winter), kam ich in den Genuß einer Gastfreundschaft, von der ich mir vorgestellt hatte, sie sei Königen vorbehalten. Die Funnells nahmen mich mit großer Herzlichkeit und Freundschaft auf, und Tony Charlton aus Melbourne arrangierte alles für meinen unvergeßlichen Besuch.
Die Zeit, die ich dort verbrachte, entsprach der Reise eines ganzen Lebens. Ich flog Tausende von Meilen und viele Stunden zu Sprechstunden und Noteinsätzen über und in den australischen Busch. Ich war in Flugzeugen der verschiedensten Größen mit und ohne Druckausgleich und in einem Hubschrauber unterwegs. Ich ritt auf einem Kamel und legte in einer Nacht die berühmte Ghan-Eisenbahnstrecke nach Alice Springs zurück, ins Herz des Kontinents. Ich war zu Gast bei den liebenswürdigen und gastfreundlichen Litchfields, Lois und Lisle, auf ihrem bekannten Gehöft Mundowdna, einer Schafzucht von unendlicher Ausdehnung bei Maree in Südaustralien, wo man mich beim Zusammentreiben der Schafe während der Vorbereitungen zum Scheren mitmachen ließ. Ich verbrachte eine Nacht in Oodnadatta, das jetzt eine Stadt der Aborigines ist. Ich kam nicht nur in den Genuß unglaublicher Gastfreundschaft, sondern hatte auch an dem Leben teil, wie es sich im Busch abspielt.
Während dieses Unterfangens begegnete ich vielen interessanten und wunderbaren Menschen und traf einen der bemerkenswertesten Männer, die mir je begegneten. 1935 begann Reverend McKay, Tausende von Meilen durch den Busch zurückzulegen. Er tat das auf Drängen von Reverend John Flynn, dem Begründer des Bereitschaftsdienstes der Fliegenden Ärzte. Diese beiden Männer haben das Leben auf dem Kontinent verändert. 1951, als er im Sterben lag, bat Flynn Fred McKay, sein Nachfolger zu werden. McKay stellte sein gesamtes Arbeitsleben in den Dienst der Fliegenden Ärzte und war gleichzeitig als Vorsitzender aller Presbyterianer in Australien tätig und trug so dazu bei, die Uniting Church zu gründen.
Ich hatte das große Glück, Fred McKay zu begegnen und seine Geschichten aufzeichnen zu dürfen. Er erbot sich großzügig, mir Zugang zu den Archiven der Fliegenden Ärzte in Canberra zu verschaffen. Seine Frau Meg und er brachten mir eine unbeschreibliche Gastfreundschaft entgegen, woraus eine Freundschaft entstand, die ich sehr zu schätzen weiß. Mir wurde das Privileg zuteil, beim Schreiben dieses Buchs Fred McKays Unterstützung und seine Begeisterung auf meiner Seite zu haben. Er ermutigte mich bei jeder einzelnen Wendung. Viel von dem, was ich geschrieben habe, hätte ich nicht ohne seine Geschichten schreiben können, seine Offenheit und seine Freundschaft. Anfangs hatte ich mich in einen Kontinent verliebt – und dann in einen Mann. Ich bin nur eine von vielen,
Weitere Kostenlose Bücher