Wer den Himmel berührt
suchen, daß es ein warmer Regen war, und als sie das Flugzeug erreichten, hatte der Regen nachgelassen, und es schüttete nicht mehr, sondern nieselte nur noch. Sie trocknete das Baby mit Handtüchern ab und hängte es augenblicklich an den Tropf.
Sam schnürte sein Bündel auf – die Kleider waren so naß, als hätten sie sie in den Fluß getaucht. Er fand zwei Decken, in die er Cassie und Mrs. Young hüllen konnte; er selbst jedoch landete mit nichts weiter als einer Unterhose bekleidet in Augusta Springs. Niemand auf dem Flugplatz konnte verstehen, warum er in Begleitung von zwei Frauen, die in Decken gehüllt waren, in einer Unterhose aus dem Flugzeug stieg.
Auch im Krankenhaus wurde darüber geredet.
Aber sie wußten jetzt, daß das Baby überleben würde.
22
P adre McLeod berichtete Cassie: »Jennifer Thompson hat aufgehört zu malen.«
»Was soll das heißen, aufgehört? Sie kann schließlich nicht ständig malen.«
»Ich meine damit nicht, daß sie gerade eine Pause zwischen zwei Bildern macht. Sie hat aufgehört. Sie will nicht einmal mehr ihr Atelier betreten.«
Cassie schaute ihn über den Tisch hinweg an. Sie saßen in ihrer Küche und tranken Kaffee. Es gab niemanden, den Cassie lieber mochte, außer vielleicht Fiona.
»Hast du eine Ahnung, warum?«
»Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich habe meine eigenen Schlußfolgerungen gezogen.«
Cassie wartete. Don rührte mehr Zucker in seinen Kaffee. Er lächelte reumütig. »Ich bekomme so selten Zucker, daß ich dann, wenn er da ist, einfach nicht genug davon kriegen kann.« Sie sagte nichts dazu.
»Du weißt von dem Kunsthändler, der sie entdeckt hat, oder nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß von gar nichts.«
Er lächelte: »Ich vermute, ich setze als selbstverständlich voraus, daß jeder alles weiß. Ich scheine jedenfalls über alles informiert zu sein.«
»Die Leute erzählen dir eben alles.«
»Irgendein Kunsthändler aus Sydney hat die lange Reise nach Tookaringa unternommen, um ihre Gemälde zu sehen. Er hatte vorher ein paar von ihren Bildern gesehen, Gemälde, die sie Freunden geschenkt hatte. Jedenfalls habe ich diese Geschichte aus zweiter, wenn nicht gar aus dritter Hand, und daher kann es gut sein, daß nicht alle Fakten, die bei mir angelangt sind, voll und ganz der Wahrheit entsprechen.« Er trank einen Schluck von seinem Kaffee.
»Sprich weiter.«
»Er hat ihr einen Packen Geld für die wenigen Gemälde angeboten, die sie im Haus hatte. Er hat gesagt, er könnte sie berühmt machen.«
»Wie wunderbar, nachdem sie so viele Jahre lang gemalt hat. Also, das ist doch einfach phantastisch!«
»Warum also hat sie aufgehört zu malen?« McLeod schüttelte den Kopf. »Männer sind ja so zart besaitet, wenn es um ihr Selbstwertgefühl geht.«
Cassie sah ihn an und wartete.
Er zog eine Pfeife aus der Tasche. »Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber nach allem, was ich gehört habe, hat Steven angefangen, sie lächerlich zu machen. Zuerst hat er versucht, ihr einzureden, ein Kunsthändler wollte sie übervorteilen. Dann hat er angefangen, ihr zu erzählen, was sie malen soll, und er hat versucht, Einfluß auf sie zu nehmen. Er hat gesagt, sie hätte sich übernommen, und wenn sie ihre Arbeiten verkaufen wollte, dann sollte er das für sie übernehmen. Ich weiß nicht, was er wirklich zu ihr gesagt hat. Jedenfalls hat sie aufgehört zu malen.«
»Ich kann es einfach nicht glauben. Dabei war er doch so stolz auf sie.«
»Klar. Solange sie nur die zweite Geige gespielt hat. Solange sie in allererster Linie Mrs. Steven Thompson war. Solange ihr Talent nichts weiter war als etwas, womit sie sich beschäftigen kann, während er sich um die wahren Dinge im Leben kümmerte.«
Cassie musterte ihren Freund: »Don, das glaube ich einfach nicht. Das täte er ihr niemals an. Er steht selbst gut genug da. Niemand hier in der Gegend besitzt mehr Land als er. Jennifer wird ihn niemals in den Schatten stellen.«
»Was du glaubst und was er empfindet, hat nichts miteinander zu tun.«
»Willst du mir damit etwa sagen, er fürchtet sich vor ihrem Ruhm?«
»Oh, ich glaube nicht, daß er sich dessen bewußt ist. Aber Männer sind seltsame Geschöpfe, Cassie. Nicht annähernd so liebenswürdig wie Frauen. Außerdem sind Frauen weitaus stärker als Männer, verstehst du. Glaubst du etwa, Männer könnten mit Schwangerschaften umgehen?« fuhr McLeod fort. »Es kommt immer wieder zu unerwünschten Schwangerschaften.
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