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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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Antwort auf ihre Frage.
    »Ich habe das Recht, das zu wissen«, beharrte sie auf einer Antwort.
    »Sie haben auch das Recht, sich still zu verhalten, aber ich schätze, das werden Sie nicht schaffen.«
    Was dann geschah, verblüffte sie. Ein kurzes Grinsen – eine Mischung aus Amüsiertheit und Nachsicht – überflog sein Gesicht und erzeugte einen Riss in der steinernen Fassade. Vorhin, als er sie im Badezimmer erschreckt hatte, hatte er zwar auch irgendwie gelächelt. Aber das wirkte aufgesetzt, sollte, Verachtung demonstrieren, sollte ihr klar machen, wer Herr der Situation war, damit sie sich vor Angst in die Hose machte.
    Dieses Lächeln war anders. Es war spontan. Offen. Und auch wenn es nur ganz kurz war, hatte es den Panzer gebrochen – obgleich sie keine Ahnung hatte, warum sie daran so mächtig interessiert war. Genauso wenig wie sie wusste, warum diese kleine Gefühlsregung seine Schönheit und Unzugänglichkeit verändert hatte, hin zu etwas, womit sie bis dahin nichts zu tun haben wollte: Sie hatte ihn zu einer realen Person gemacht. Zu jemandem, der nicht nur ein Fremder mit einer Waffe war, ein herzloser Beschützer. In diesem Moment war er für sie ein Mann geworden … ein Mann aus Fleisch und Blut und mit Gefühlen.
    Beunruhigenderweise machte ihn das eher noch gefährlicher. Es war viel einfacher gewesen, ihn als kaltherzige Maschine einfach abzulehnen. Jetzt musste sie ihn in einem völlig neuen Licht betrachten.
    »Rangers«, sagte er plötzlich frei heraus, womit er sie erneut überraschte und aus ihren irritierenden Gedanken aufscheuchte.
    »Übernehmen die Führung«, vollendete sie das Credo der Rangers und wartete auf eine Reaktion, die aber ausblieb. Es sei denn, man hielt sein völlig verschlossenes Gesicht für eine Reaktion. Da sie aber gerade erlebt hatte, dass er über menschliche Gefühle verfügte, entschied sie, dass es eine war. Eine gewaltige.
    Endlich kam der Fahrstuhl unten an. Die Türen glitten auf, und er zog sie im Laufschritt hinter sich her durch die Lobby, versicherte dem Wachmann von der Nachtschicht, dass alles in Ordnung sei, und ging mit ihr hinaus.
    Als sie zur Garage eilten, versuchte Jillian, etwas mehr hinter den Verstand dieses frustrierenden Mannes zu kommen. Sie besaß weder Empathie noch die Fähigkeit, Gedanken zu lesen; sie ordnete sich selbst irgendwo dazwischen ein. Etwa ein Jahr zuvor hatte sie eine Reportage über einen Mann gemacht, der von sich selbst behauptete, Gefühle anderer Menschen lesen zu können, und einige verblüffende Resultate bei polizeilichen Ermittlungen erzielt hatte. Obgleich Jillian immer noch eher zu Ungläubigkeit neigte, hatte sie diese Erfahrung doch eins gelehrt: Es gab Menschen, die stark empfindlich waren. Stark empfindliche Menschen wussten, wenn bei einem mehr war als auf den ersten Blick erkennbar. Jillian war fest überzeugt, dass sie ein solcher Mensch war. Jenseits jeder Art von Hokuspokus wusste sie instinktiv, wenn jemand mit etwas hinterm Berg hielt, sich schuldig fühlte oder unter irgendetwas litt. Viele Menschen würden das schlicht Intuition nennen.
    Wie auch immer man es nannte, sie verfügte darüber. Und sie nutzte es. Es hatte ihr schon mehr als einmal geholfen, bei einem Interview zum tieferen Kern vorzudringen.
    Im Moment sagte ihr ihr Gefühl, dass Nolan Garrett mit den kühlen, blauen Augen und der unergründlichen Miene nicht nur sie mit seinem Leben schützte, sondern auch Geheimnisse. Es sagte ihr, dass er unglaublich viele Schuldgefühle hatte. Dass er unter etwas litt, was er kaum ertrug.
    Als sie zur anderen Seite der dunklen Garage eilten, betrachtete sie aus den Augenwinkeln das unnachgiebige Profil des Mannes, den ihr Vater dafür bezahlte, sie zu beschützen, und hatte, unerklärlicherweise, das überwältigende Bedürfnis, ihn zu trösten. Ihm zu sagen, dass alles gut würde.
    Und dann ging es ihr plötzlich auf.
    Noch vor einer Stunde hätte sie ihn am liebsten dorthin geschickt, wo der Pfeffer wächst. Und jetzt … jetzt hatte sie absolut keine Ahnung, warum sie nicht immer noch friedlich schlief und davon träumte, ihn loszuwerden. Sie brauchte unbedingt ein paar Antworten auf diese Ungereimtheit. Wenn sie die nicht bald bekäme – zum Beispiel wohin er gerade mit ihr unterwegs war und warum –, könnte dort, wo der Pfeffer wächst, nicht annähernd weit genug sein.
    Sie wollte gerade eine Antwort auf die Frage fordern, wohin sie gingen, als sie zu einem smaragdgrünen Mustang aus den

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