Wer den Tod begruesst
tadellosem Zustand gewesen, waren die wetterfesten Möbel ordentlich aufgestellt statt kreuz und quer verstreut, wie er sie ganz sicher hinterlassen hatte.
»Stimmt etwas nicht?«
Er lachte, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als er mitten im Salon stand und alles in sich aufnahm. »Nein. Nur eine Überraschung. Sieht aus, als wären die Kajütenfeen hier gewesen mit ihrem magischen Feenstaub. Dieser Ort war ein Saustall, als ich ihn verlassen habe.«
»Gehört sie Ihnen?«
»Uns. Der Familie. Dad hat sie 1988 gekauft.« Die ganzen gut fünfzehn Meter mit den beiden 275 PS starken Caterpillar-Dieselmotoren und all dem häuslichen Komfort. »Gott, war er stolz«, sagte er laut, bevor er merkte, dass er sich einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit geleistet hatte, als das Leben noch einfach und süß war. Sie hatten sich während der Jahre spitzenmäßig amüsiert auf dem Schiff.
»Leben Sie … hier?«
Er drehte sich um, sah, dass sie ein wenig Schlagseite nach Steuerbord hatte. Sie war erschöpft. Lief nur noch auf Reserve. Und war immer noch ein wenig schockiert. Er bedeutete ihr, sich zu setzen, wartete, bis sie das getan hatte, bevor er antwortete. »Vorübergehend. Lange Zeit ist keiner mit ihr rausgefahren, also habe ich sie mir bis auf Weiteres unter den Nagel gerissen.«
Er ging die paar Schritte hinüber zur offenen Kombüse und schnappte sich eine Notiz, die mit einem Magneten in der Form einer Möwe am Kühlschrank befestigt war.
Kekse und Hühnersuppe sind im Gefrierfach. Du bist ein schreckliches Ferkel, mein Schatz. Du schuldest mir was.
In Liebe, Mom
Er grinste. »Meine Mutter«, erklärte er, als er ihren Blick spürte.
»Auch bekannt als Kajütenfee?«
Er nickte und steckte die Notiz wieder an den Kühlschrank.
»Also … wie lange wohnen Sie schon hier?«
»Ungefähr drei Monate.« Er ging zurück zur Hauptkabine, die ebenso makellos aufgeräumt war wie der Rest des Bootes.
»Seit Sie sich von den Rangers getrennt haben«, rechnete sie nach, als er sich im Türdurchgang duckte auf dem Weg zurück.
Er begegnete ihrem Blick und wappnete sich innerlich für ein weiteres Zwanzig-Fragen-Spiel. Aber das Komische war, er spürte nicht annähernd so viel Ablehnung dagegen wie früher. Er war sich nicht sicher, was das bedeutete, aber sicher nichts Gutes. Also würde er vorsichtshalber kurz und bündig antworten in der Hoffnung, dass sie davon abließ.
»Ja. Seitdem.«
Sie verstand die Botschaft. Und den größten Teil einer sehr langen Minute saß sie einfach nur da, hockte auf der Sofakante, die Hände im. Schoß gefaltet, und blickte sich in der Kabine um, wobei ein Teil von ihr anwesend war und sich mit der Umgebung vertraut machte, ein anderer Teil aber in ihrem Penthouse war und den Schock noch einmal durchlebte.
»Möchten Sie darüber reden?«, fragte er, lehnte sich zurück an die Kombüsentheke und verschränkte die Arme über der Brust.
Ihr Kopf fuhr hoch, und sie blickte erst ihn, dann wieder ihre Hände an. Sie schüttelte den Kopf. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber er konnte sehen, wie sie die Finger verschränkte, bis sie weiß waren. Konnte jeden Atemzug sehen, wie sie tapfer die Schultern gerade und aufrecht und die Beine geschlossen hielt wie ein Soldat, der beweisen wollte, dass er keine Angst vorm Sterben hatte. Nein, sie wollte nicht darüber reden. Dennoch wusste er, dass es wahrscheinlich das Einzige war, woran sie denken konnte.
Alle ihre Ledermöbel waren zerschnitten, die Holztische zerhackt und zerstückelt, die Gemälde brutal zerschlitzt, wertvolle antike Vasen zerschmettert worden.
Ihr Schlafzimmer … mein Gott. Überall Daunenfedern; ihre weißen Laken und die Bettdecke völlig zerschlitzt – ihre Kleider auch. Und jeder Spiegel in der Wohnung war zerbrochen worden.
Aber das Schlimmste, das Allerschlimmste war die riesige Blutlache mitten in ihrem verwüsteten Bett.
Also nein, sie wollte nicht darüber reden oder über Eddie, den Wachmann, der einen so heftigen Schlag auf den Kopf bekommen hatte, dass er ohnmächtig geworden war. Er war wieder bei Bewusstsein, hatte aber leider nicht gesehen, wer ihn niedergeschlagen hatte. Der Eindringling hatte sich ausgekannt. Der Schreibtisch des Wachmanns mit allen Sicherheitscodes des Gebäudes war aufgebrochen worden, was erklärte, warum die Alarmanlage nicht geläutet hatte.
Nolan beobachtete sie einen Moment und verkniff sich einige seiner Bedürfnisse. Zum Beispiel zu ihr zu gehen und sie auf
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