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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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dass er auch nur die Gelegenheit gehabt hätte, etwas zu sagen. Jason hatte gar nicht wieder aufgehört, Nolan – No-man – Garretts Tugenden, Laster und seiner bescheidenen Meinung nach gottgleichen Status in den höchsten Tönen zu rühmen.
    Irgendwie bekam sie nach und nach mit, dass Jason zur Charlie Company gehörte, First Bat – »das heißt Bataillon, Ma’am«, hatte er erklärt – in Fort Benning, und dass Garrett noch bis vor drei Monaten sein Sergeant und Gruppenführer gewesen war. Jason hatte Urlaub und war in Richtung Keys unterwegs, hatte aber eine Zwischenlandung in West Palm gemacht mit der ausdrücklichen Absicht, Garrett zu treffen. Leider war er zuerst auf die Bar und erst danach auf ein Telefon gestoßen und hatte Garrett erst dann angerufen, als ihm kein zwingender Grund einfiel, warum die örtliche Bevölkerung ihn nicht einfach töten und den Alligatoren zum Fraß vorwerfen sollte, womit allen aus der Patsche geholfen gewesen wäre.
    No-man, hatte sie gelernt, nachdem Garrett Plowboy auf den Rücksitz des Mustangs mit dem ausdrücklichen Befehl verfrachtet hatte, die Polster ja nicht mit Blut zu beschmieren, war – in Plowboys Worten – »… eine wahnsinnige, abgefuckte, echt tierische Kampfmaschine, entschuldigen Sie meine Wortwahl, Ma’am«.
    Außerdem versicherte ihr Plowboy in seiner unverstellten Heldenverehrung, dass Nolan Garrett für die Männer Norman war, die mit ihm zusammen ausgebildet worden waren, mit ihm gekämpft hatten und die jederzeit ihr Leben für ihn gegeben hätten, weil keiner ihn je herausfordern oder besiegen würde und keiner, der ihn kannte, dumm genug wäre, es auch nur zu versuchen. No-man war aus dem Stoff, wenn man Plowboy Glauben schenken wollte, aus dem Legenden gemacht waren.
    Nach dem zu urteilen, was sie im Nirvana mitbekommen hatte, mochten sich Wahrheit und Plowboys übertriebene Heldenverehrung die Waage halten.
    Wahrscheinlich zum hundertsten Mal in ebenso vielen Minuten fragte sich Jillian, ob sie das wirklich erlebte oder in einer Zeitschleife gelandet wäre, die sie in einen drittklassigen Actionthriller versetzt hätte, ohne dass ein Casting-Anruf bei ihr stattgefunden hätte.
    Du lieber Himmel – sie war eine professionelle Karrierefrau. In ihrem Leben gab es keine kryptischen Todesdrohungen oder Schlägereien in Bars. Obgleich auch die Todesdrohungen surreal waren, so waren die vergangenen Wochen nichts im Vergleich zu dem, was sie in den letzten paar Stunden erlebt hatte. Alles, was sich ereignet hatte – angefangen mit dem Anblick Garretts in ihrem beschlagenen Badezimmerspiegel –, war zu ungeheuerlich, dass sie auch nur darüber nachdenken, geschweige denn es bewerten konnte. Und dennoch, hier war sie, roch nach schalem Bier und Zigarettenqualm und verdrehte sich die Augen nach den Bikern, die auf ihre Böcke gesprungen waren und versucht hatten, ihnen zu folgen, ganz abgesehen von dem US-Army Airborne Ranger, der den Rücksitz mit Blut besudelte, auch wenn ihm ausdrücklich befohlen worden war, das zu unterlassen.
    »Ist er in Ordnung?«, fragte sie besorgt. »Muss er nicht in ein Krankenhaus oder irgendwie versorgt werden?«
    Garrett warf einen Blick in den Rückspiegel. »Wie geht’s dir, Wilson?«
    »Hab mich lange nicht so gut gefühlt, Mann. Hooah!«
    Garretts tiefer Seufzer sagte so gut wie alles: So lustig fanden wir es nicht gerade. »Wann geht dein Flieger?«
    Plowboy murmelte eine Uhrzeit.
    Garrett schaute auf seine Uhr, fluchte und trat aufs Gaspedal.
    »Die Frau – sie heizt dir mächtig ein, was, No?«
    Es war zwei Uhr nachts. Sie standen am Randstein des Terminals. Nolan warf Plowboy einen »Geht dich nichts an«-Blick zu, dann sah er hinüber zu der erwähnten Frau , die nur knapp einen Meter entfernt im Wagen saß und die Scheiben heruntergekurbelt hatte.
    Er nahm an, dass Jillian ein wenig unter Schock stand. Und ja, wie der junge Ranger es ausdrückte, sie heizte ihm mächtig ein – was ihn unglaublich nervte. Genauso wie das Gefühl von Zärtlichkeit, das sich in ihm regte, als er sie da sitzen sah, ganz benommen und so, als könnte sie das alles nicht fassen.
    Wilson lachte, dann zuckte er vor Schmerz zusammen, als seine gespaltene Lippe wieder aufplatzte.
    »Viel Glück. Und hey – danke, dass du meinen Arsch da rausgeholt hast.«
    »Schon gut. Sieh bloß zu, dass du meine Handynummer verlierst.«
    Noch ein breites Grinsen, gefolgt von Zusammenzucken. »Wie in alten Zeiten, hm?«
    Ja, dachte Nolan grimmig.

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