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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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aufgewachsen, mit einer jüngeren Schwester. War immer schon anders. Ich weiß nicht, wie die Diagnose genau lautet, aber jedenfalls ist er ziemlich weit weg. Und das schon seit Jahren.«
    »Aber ist er gefährlich?«
    »Das wissen wir einfach nicht. Es sind so viele Geschichten über ihn im Umlauf, und ich halte durchaus nicht alle für die Wahrheit. Er ist fast zu einer Art Sagengestalt geworden, eine von den Figuren, mit denen Kindern Angst eingejagt wird, wenn sie nicht ins Bett gehen wollen. Ich hab das auch schon gemacht.«
    »Jedenfalls ist er eingewiesen worden. Heißt das, daß er als gefährlich gilt?«
    »Vielleicht ist er vor allem eine Gefahr für sich selber. Aber wann immer hier im Dorf irgend etwas schiefgeht, wird Errki die Schuld zugeschoben. Das war schon so, als er noch klein war. Und wenn er nicht direkt die Schuld trägt, dann scheint er sich doch alle Mühe zu geben, so dazustehen, als ob. Was immer er damit erreichen will. Und er führt Selbstgespräche.«
    »Er ist also psychotisch?«
    »Davon bin ich überzeugt. Und es ist ziemlich typisch, daß ausgerechnet Errki an dem Tag, an dem sie ermordet wird, bei Halldis’ Hof auftaucht. Es ist schon mal etwas Ähnliches passiert. Aber ihm konnte nie etwas nachgewiesen werden. Er schwebt wie ein böses Omen durch die Gegend. Wie der schwarze Vogel aus dem Märchen, der den Tod ankündigt. Verzeihen Sie, daß ich unsachlich werde«, Gurvin seufzte, »ich versuche nur, ihn so zu beschreiben, wie die Leute hier ihn beschreiben würden.«
    »Wie lange ist er schon krank?«
    Skarre aschte in die Kaffeetasse seines Gesprächspartners.
    »Das weiß ich nicht genau, aber mir kommt es so vor, als sei er das von klein auf gewesen. Er war immer schon anders. Eigen und menschenscheu. Hatte nie Freunde. Ich glaube, er wollte keine. Er war acht, als seine Mutter gestorben ist, ich glaube, damals hat alles angefangen. Nach dem Tod der Mutter ist der Vater mit Errki und seiner Schwester in die USA gegangen, da haben sie sieben Jahre verbracht, in New York. Angeblich hat Errki dort eine Lehre gemacht, bei einem Magier.«
    »Bei einem Magier?« Skarre lächelte. »Sie meinen einen Zauberkünstler?«
    »Ich weiß nicht so recht. Eher eine Art Zauberer, glaube ich. Und als sie dann nach Norwegen zurückkehrten, kamen gleich Gerüchte auf, Errki könne alles mögliche passieren lassen. Sie wissen schon, durch pure Willenskraft.«
    »Du meine Güte«, sagte Skarre und schüttelte skeptisch den Kopf.
    »Lachen Sie nur. Ich kenne Leute, die um einiges klarer im Kopf sind als Sie oder ich und seltsame Dinge über Errki Johrma erzählen können. Thorvald Horn behauptete zum Beispiel, daß sein Hund immer die Ohren anlegte und knurrte, wenn Errki in der Nähe war. Oft sogar eine ganze Weile, bevor er auftauchte, so als könne der Hund ihn schon von weitem riechen. Nun riecht Errki in der Regel auch nicht gut, er ist ziemlich ungepflegt. Es gibt Geschichten über Pferde, die weggelaufen sind, als er näher kam. Uhren sind angeblich stehengeblieben. Glühbirnen brennen durch. Türen fallen ins Schloß. Er ist wie ein plötzlicher Windstoß, der das Laub hochwirbelt. Und er hat diesen Blick - als käme er aus einem anderen, höherstehenden Universum. Verzeihen Sie«, sagte Gurvin unvermittelt. »Ich spreche nicht sonderlich gut über ihn, aber ich kann einfach keine mildernden Umstände finden. Er ist in jeder Hinsicht scheußlich und abstoßend.«
    »Wir können ihn aber nicht zum Mörder ausrufen, weil er ein begabter Illusionskünstler ist, weil er Sinn für Effekte hat oder an einer Krankheit leidet«, sagte Skarre nachdenklich. »Wir werden Kontakt zur Klinik aufnehmen und mit dem behandelnden Arzt sprechen. Der kann uns sicher einiges erzählen. Und er muß ja sowieso gefunden werden, damit er uns erzählen kann, was er da oben zu suchen hatte. Die Fingerabdrücke auf der Hacke waren schwach?«
    »Zwei ganz belanglose Abdrücke, außer denen von Halldis. Das ist eigentlich seltsam. Die Hacke hat einen Glasfaserschaft, und Halldis’ Abdrücke waren ungewöhnlich deutlich. Er kann den Schaft also nicht abgewischt haben. Im Haus dagegen haben wir viele Abdrücke gefunden, dazu Fußspuren im Blut auf der Treppe und einige im Flur und in der Küche. Sie können von Turnschuhen stammen. Das Sohlenprofil ist ziemlich deutlich, es müßte uns um einiges weiterhelfen können. Die Technik soll Schwarzweißabzüge davon machen. Der Mord ist auf jeden Fall im Flur passiert. Halldis

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