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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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zum Sprungturm und kletterte wieselflink die Leiter hoch. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was sie vorhatte: Diese Schlange holte meinen Ohrring, nur um mir die Tour zu vermasseln! Nur, damit Tom nichts für mich tat.
    Jetzt war sie oben, bückte sich und hob etwas auf. Sie schritt langsam das Sprungbrett entlang, stellte sich ganz vorn an die Spitze und hielt triumphierend einen winzigen Gegenstand in die Sonne. Meinen Ohrring.
    Tom lachte, applaudierte und warf ihr eine Kusshand zu. Daraufhin poste Vicky wie ein Supermodel und warf ihre blonde Mähne schwungvoll zurück.
    Das hätte sie lieber lassen sollen. Sie kippte ein bisschen zur Seite, verlor das Gleichgewicht, ruderte mit beiden Armen durch die Luft und versuchte, sich wieder zu fangen. Dabei rutschte ihr Fuß weg, sie fiel in die Tiefe und klatschte mit ihrer vollen Breitseite aufs Wasser. Dann ging sie unter.
    »Aua«, sagte ich mechanisch. Ich war starr vor Schreck.
    Tom nicht. Bevor ich noch den Mund zuhatte, war er aufgesprungen, zum Becken gerannt, mit einem Kopfsprung ins Wasser gesprungen und zu Vicky gekrault.
    »Nichts passiert«, prustete sie, als sie auftauchte.
    Sie lächelte und sank an seine Schulter. Und er hielt sie fest. Mit klopfendem Herzen, das war ja wohl ziemlich sicher. Shit!
    Er. Hielt. Vicky. Fest.
    In meinen Ohren rauschte es und mir wurde schlecht. Aber das Leben zeigte kein Erbarmen, es ließ mir keine Atempause, sondern ging einfach weiter. Vicky kletterte aus dem Becken undließ sich von Tom zu ihrem Handtuch führen. Im Vorbeigehen drückte sie mir meinen Ohrring in die Hand.
    »Danke«, murmelte ich, dabei hätte ich am liebsten »Miststück« gesagt.
    Ich schlurfte zu Maiken zurück, die immer noch ins Lesen vertieft war, und ließ mich neben sie fallen. Der Titel ihres Buches lautete »Mit Meditation zur Liebe«. Hintendrauf sah man den Autor, einen dürren, bärtigen Typ namens Kevuti Shiva, der aussah, als würde er im wahren Leben Manfred heißen.
    Als Maiken mein Gesicht sah, drückte sie mir das Buch in die Hand. Und eine CD von diesem Typ, die hatte sie auch noch in ihrem Rucksack.
    Schnüff. Neues Motto: Aufstehen, Krönchen richten, Meditieren.
    22.17 Uhr   Na gut. Wissenschaft war gestern. Achtsamkeit und Erleuchtung, das ist die neue Lilia. Ab morgen nudele ich diese CD so oft ab, bis ich dermaßen von innen heraus leuchte, dass Tom geblendet die Augen schließt, wenn er mich sieht. Dann kann er mich noch ein bisschen anhimmeln und irgendwann erhöre ich ihn in meiner Sanftmut und Güte.

Betreff: Sag einfach nichts!
    Datum: 03.06., 22:37 Uhr  
    Von: Tom Barker < [email protected] >
    An: Felix von Winning < [email protected] >
    Ey, pass mal auf! Ich hör mir ja gern Kritik an, kein Problem. Aber nicht von dir, okay? Zumindest nicht in dem Punkt. Ich weiß nämlich, in wen du verknallt bist, mir machst du nichts vor. Und du bist ja wohl auch nicht gerade ein Womanizer. Also, von dir lass ich mich nicht Feigling nennen.
    Ich hab meine Gründe, Lilia nicht anzuquatschen, und das weißt du. Ich bin nicht zu schüchtern oder so. Und ich hab dir das auch schon x-mal erklärt.
    Ja, ich bin total verknallt in sie. Aber irgendwas passt nicht.
    Immer, wenn ich mit Lil spreche, fühlt sich das an, als hätte ich den Finger in eine Steckdose gesteckt. Flash, Stromschlag, das schon, aber hinterher bin ich auch immer total fertig.
    Und wenn ich mit Vicky weg bin, fühl ich mich danach gut.
    Jep. So ist das. Kein gutes Zeichen, oder? Ich weiß nicht, was ich daraus machen soll.
    Ich hab aber einen Plan: Ich werde Insulaner! Wenn alles klappt, packe ich in einer Woche meinen Rucksack und verschwinde in der Wildnis. Kein Witz! Herr Welter hat gestern in Bio gefragt, ob aus unserer Klasse jemand Interesse an einem Praktikum in den Pfingstferien hat. Ökologie undUmweltschutz. Auerochsen und Wildpferde beobachten auf einer einsamen Insel in einem See. Eigentlich war das für die Elfer organisiert, aber es sind noch Plätze frei und jetzt dürfen auch ein paar aus der Zehnten mit.
    Abstand und den Kopf frei kriegen – genau das brauch ich jetzt. Nur ich und ein paar Freaks und Natur. That’s it. Ich muss und will allein sein, danach sehe ich vielleicht wieder klar. Und dann bist du ja auch schon wieder hier. Drück mir die Daumen, dass das klappt.
    Ich häng dir an diese Mail mal das Infoblatt von Herrn Welter an, damit du die Details kennst.
    So, hau rein dann bis morgen und bau keine Scheiße, ich krieg’s eh

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