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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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was hier los ist, sagte er, haufenweise Leute, die anrufen, viele Journalisten, ich habe sogar schon ein paar Erklärungen in deinem Namen abgegeben.
    Die Woche hatte es in sich. Eines Tages schlug ich im Verlag die Zeitung auf und blickte auf mein Foto, daneben folgendes Statement: »… An dem Abend, als ich wie immer meine mantrischen Übungen machte, fing ich nach einiger Zeit, mitten in der Meditation, an, ein Kribbeln zu verspüren, einen Kälteschauer, ein synästhetisches Intermezzo, in meinem Kopf tauchte das Bild von jemandem auf, der um Hilfe rief. Kurz darauf erschien ein Polizeibeamter, der mich vom Verschwinden meiner Exfrau benachrichtigte.« Ich rief Laércio, zeigte ihm die Zeitung. Ich habe mit dieser Zeitung überhaupt nicht gesprochen, sagte ich, was ist das hier? Was für ein verdammtes Statement ist das hier? Laércio wurde verlegen. Tja, sagte er, du warst sehr beschäftigt, ich habe ein paar Erklärungen in deinem Namen abgegeben, mehr nicht. Ich habe gedacht, daß du das nicht so schlimm finden würdest. Finde ich aber, sagte ich. Du weißt ja, wie das ist, meinte er, die Leser sind neugierig, du hast keine Ahnung, wie gut wir verkaufen, die Entführung von Fúlvia, verzeih mir, wenn ich das sage, ist dabei behilflich, das ist traurig, aber wahr, kann sogar sein, daß es nur Zufall ist, aber der Verkauf ist explosionsartig angestiegen. Ich hab schon gedacht, sagte er, wenn die Kidnapper ein Lösegeld forderten, dann würden wir richtig verkaufen. War nur so eine Bemerkung, reg dich nicht auf, du mußt mich jetzt nicht mit Schweigen strafen, sie werden sie schon finden, du kannst ganz gelassen bleiben, sie werden deine Frau finden.
    Mein Haus wurde von der Polizei durchsucht und das Haus auf der Fazenda ebenfalls. Max beschlagnahmte eine große Anzahl von Schlangen. Ich habe alles getan, um sie zu verstecken, erzählte mir Raimundo, doch sie haben so lange rumgeschnüffelt, bis sie sie schließlich gefunden haben, aber Sie können beruhigt sein, Herr Doktor, ich habe nichts erzählt. Ihre Frau ist nicht nur eine reine Sammlerin, sagte Max mehrfach, auf Ihrer Fazenda haben sich viele Exemplare aus der brasilianischen Fauna befunden, sie hat mit Schlangen gehandelt, was verboten ist, Sie wissen das, Herr Guber, diese Tiere zu vermarkten ist ein Verbrechen, für das man ins Gefängnis kommt. Falls Sie etwas wissen, Herr Guber, und wahrscheinlich tun Sie das, dann ist es besser, wenn Sie es erzählen. Ich hatte meine Lektion schon während der Zeit von Ronalds Ermittlungsverfahren gelernt. Der Trick ist, daß man leugnen muß, bis man schwarz wird.
    Am Sonntag abend wurde vom Empfang aus bei mir angerufen. Es war Max. Wir haben beim Billings-Staudamm die Leiche einer Frau gefunden. Es gibt stichhaltige Indizien dafür, daß es sich um Ihre Ehefrau handelt.
    Wir verabredeten, uns eine Viertelstunde später im Gerichtsmedizinischen Institut zu treffen.

45
    Wir durchmaßen einen breiten Flur, Max ging rechts von mir, ein junger Mulatte, ein Angestellter des Instituts, lief vor uns her und zeigte uns den Weg. Wir betraten einen Saal voller Tragbahren, allein vom Geruch, einer Mischung aus Alkohol und totem Fleisch, wurde mir übel. Ein paar Kinder, die in der Nähe des Staudammes Fußball spielten, sagte Max, haben die Leiche im Gebüsch liegen sehen. Der Wagen wurde völlig intakt auf der anderen Seite des Staudamms gefunden. Sie hat zwei Schüsse abbekommen, sagte Max, einen in die linke Schläfe, den anderen in die Brust.
    Der Junge vom Institut ging zur Kühlwand, zog eine Schublade auf und entblößte die Leiche. Ich erkannte sofort Fúlvias Kleid, ein blaues Kleid mit weißer Einfassung, ich hatte es ihr auf einer unserer Reisen geschenkt. Sie trug weder ihre Brillantohrringe noch ihre goldene Uhr. War es ein Überfall? fragte ich. Max sah mich ernst an, Sie wissen, daß es kein Überfall war, sagte er.
    Wir verließen die Totenhalle, Max teilte mir mit, Kommissar Moreira wolle sich mit mir unterhalten. Wir fuhren mit meinem Wagen zum Kommissariat, und unterwegs verspürte ich ein riesiges Loch angstvoller Beklemmung, das sich in meiner Brust auftat. Fúlvias blaues Kleid, so oft hatte ich sie in diesem Kleid gesehen, und dieses war nun das letzte Mal gewesen, genau daran mußte ich denken, das letzte Mal, der letzte Tag, Fúlvia war gestorben, ohne es zu wissen, der letzte Tag, wir alle sterben so, der verdammte letzte Tag, man wacht auf, dachte ich, der Tag ist licht, der Himmel blau,

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