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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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erinnere mich an ihn, er war ein paarmal bei uns zu Hause. Fúlvia nannte ihn nur den »Rrruhigen«, weil er immer sagte, »um mit Schlangen zu arrrbeiten, brrraucht man Rrrruhe«. So ein Schwein, sagte ich, eine Frau auf diese Weise umzubringen, mit einer Falle, es war eine Falle, sagte ich, hör zu, was sie berichten, verhaftet mit fünfzig Jararacas, die Schlangen haben bestimmt Fúlvia gehört, sie besaß eine große Anzahl von Jararacas. Und der Koffer mit dem Gift? Sie sagen gar nichts über den Koffer, und Raimundo hat mir erzählt, daß Fúlvia einen Haufen Gift bei sich hatte, als sie die Fazenda verließ.
    Es folgte Werbung. Ich stand auf, stellte den Fernseher aus, sehr gut, sagte ich, trinken wir einen Wein? Ingrid antwortete nicht. Du, ich muß dir was sagen, erklärte sie. Aber es dauerte, bis sie redete. Sie kaute an den Nägeln, lief im Zimmer umher. Es war nicht Goycochea, der Fúlvia umgebracht hat, sagte sie schließlich und blieb vor mir stehen, immer noch mit der Zahnbürste in der Hand. Ich war’s, sagte sie. Ich habe Fúlvia umbringen lassen.
    Ich öffnete das Fenster, Autolärm erfüllte unser Schlafzimmer. Ich machte das Fenster wieder zu.
    Es war keine Zeit mehr, die Sache wieder rückgängig zu machen, fuhr Ingrid fort, Dadá, der Macumba-Priester, hatte schon einen Killer beauftragt, ich weiß nicht mal, wen, ich habe versucht, es zu verhindern, aber es ist mir nicht gelungen, der Kerl war rasend schnell. Ich habe nicht den Mut gefunden, es dir zu erzählen.
    Ingrid ging zum Kleiderschrank und kam mit Fúlvias Koffer zurück. Sie öffnete ihn, ein Haufen Gift befand sich darin. Dadá hat ihn mir gegeben, sagte sie. Meiner Rechnung nach haben wir für achthunderttausend Dollar Gift.
    Wir schauten die Fläschchen an, ich hatte Lust, alles in den Müll zu werfen.
    Ich habe gedacht, sagte Ingrid, mit dir an meiner Seite würde ich alles vergessen, aber es ist wie mit einem Hängebusen, man schaut in den Spiegel, und es gibt nur ihn, und wenn man etwas darüber zieht, dann versteckt man ihn zwar, aber man weiß, daß er da ist und daß es ein Hängebusen ist, er wird mit der Zeit nicht wieder straff, und er geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Nimm mich in den Arm, sagte sie.
    Ingrid, sagte ich, es ist alles in Ordnung, die Geschichte ist erledigt, du wirst alles vergessen, ich werde dir beibringen, es zu vergessen. Ich werde dir das positive Beten beibringen, um die pathologische Disharmonie der Wirklichkeit zu blockieren. Komm her, ganz nah zu mir. Gib mir die Zahnbürste, sagte ich. Ich brachte Ingrid dazu, meine Gebete zu wiederholen, und dann forderte ich sie auf zu beschreiben, was sie gerade fühlte. Etwas wächst in mir, ein Schaum, eine weiße Substanz, sagte sie. Ich glaube, jetzt kann ich diesen Wein trinken.
    Wir lehnten uns auf die Fensterbank, tranken und sahen in die Nacht hinaus. Auf der Dachterrasse gegenüber, ein Stockwerk tiefer, wurde eine Party gefeiert. Die Leute tanzten, tranken, eine rothaarige Frau in einem roten Lamékleid fing an, uns zuzuwinken, um uns zu dem Fest einzuladen. Ingrid fragte, ob es nicht schön wäre, ein bißchen tanzen zu gehen.
    Und von da an begannen wir, alles zu vergessen. Das heißt, mehr oder weniger. Fast alles.

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