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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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blankgewienerten Parkettboden jenes Luxusschuppens, der zwar nicht die große Welt bedeutete, in dem sie jedoch verkehrte. Zu Hause sahen wir ihn kaum noch, was nicht so sehr an der Entfernung lag, sondern an seiner neuen Liebe Sabine, aber wenn er tatsächlich mal aufkreuzte, dann warf er mit illustren Namen aus Politik und Wirtschaft um sich und fragte uns ganz unschuldig, ob er nicht vielleicht doch den ihm angebotenen Job als Butler beim Fürsten Sowieso annehmen solle.
    »Ein Butler muß mehr können als Ente tranchieren«, warf ich ein, »und soviel ich weiß, hast du noch nie ein Plätteisen angefaßt. In höheren Kreisen trägt man keine Jeans, sondern messerscharfe Bügelfalten.«
    »Und du hast noch nie mit Fürsten verkehrt«, konterte Sascha, »da gibt es doch genug Arbeitssklaven, die für so was zuständig sind.
Ich
hätte ja nur die Oberaufsicht.«
    »Quatsch, du mußt immer in gestreiften Hosen neben der Haustür stehen mit ’m Silbertablett in der Hand und ›Durchlaucht lassen bitten‹ sagen.« Nicki hatte noch keine Folge der Endlosserie
Das Haus am Eaton Place
verpaßt.
    »Dämliche Gans« war alles, was Sascha dazu einfiel.
    Möglicherweise hatte ihn die Vorstellung, das abendliche Dinner mit weißen Handschuhen servieren zu müssen, doch etwas abgeschreckt – er zog ja nicht mal bei zehn Grad unter Null welche an –, denn dieses Thema ist nie wieder zur Sprache gekommen.
    Wer ihm nun eigentlich den Floh ins Ohr gesetzt hatte, weiß ich bis heute nicht, es mußte wohl eine ganze Menge Frust zusammengekommen sein. Krach mit Sabine, die in London ihre Englischkenntnisse aufbessern wollte, regnerisches Herbstwetter, allgemeine Unzufriedenheit und nicht zuletzt der ewig gleiche Trott. Jedenfalls stand Sascha eines Tages mitten im November vor der Tür, hinter sich sein bis zum Dachgepäckträger vollgepfropftes Auto, und erklärte rundheraus, er werde jetzt eine Weltreise machen.
    »Ach ja?«
    Einen neuen Koffer nebst dazugehöriger Reisetasche hatte er schon gekauft, und seine ins hellviolette schimmernde Hose paßte so gar nicht zu dem wolkenverhangenen Himmel. »Und wie gedenkst du dieses Unternehmen zu finanzieren?«
    Sicher, er hatte gut verdient, aber das meiste davon auch wieder ausgegeben. Für den englischen Sportwagen zum Beispiel, angeblich billig aus vierter Hand erworben, oder für seine Garderobe, die garantiert nicht aus einem Versandhauskatalog stammte. Rücklagen hatte er bestimmt nicht. Hatte er nicht erst unlängst behauptet, das Leben sei ungerecht, denn andernfalls käme man nämlich alt auf die Welt und könne für die Jugend beizeiten das nötige Geld sparen, um sie richtig zu genießen.
    »Überhaupt nicht«, griff Sascha meine Frage auf, »ich kriege sogar Geld dafür!«
    Das hatte ich ja geahnt! Früher nannte man ihn Gigolo, wenn eine begüterte Witwe oder zweimal Geschiedene der gehobeneren Altersklasse einen dreißig Jahre jüngeren Mann aushielt; heute heißt er »Ständiger Begleiter«, doch unterm Strich kommt das gleiche dabei heraus:
Sie
hat das Geld,
er
hat alles andere, und wenn er das nicht hat, muß er zumindest jung sein. Sascha erfüllte alle Voraussetzungen. Er war gerade vierundzwanzig geworden, war groß, schlank, sah gut aus und verfügte über sehr viel Charme, wovon wir zu Hause allerdings kaum etwas merkten, denn da brauchte er ihn ja nicht.
    Kein Wunder also, wenn so eine überreife Matrone, die vermutlich eine Luxussuite in dem Nobelschuppen bewohnte und in der Hotelgarage einen Bentley parkte, meinen unerfahrenen Sohn umgarnt und ihm als Gegenleistung für etwas Zuwendung eine Weltreise in Aussicht gestellt hatte. Vielleicht würde sie ihn sogar als Butler ausgeben, auch alleinstehende Frauen haben manchmal einen, ist ja schließlich ein ganz seriöser Beruf … wahrscheinlich ahnte Sascha gar nicht, worauf er sich da eingelassen hatte …
    »Wer ist die Frau???« fauchte ich ihn an.
    »Welche Frau?«
    »Na, dieses Weibsstück, das dir die Reise bezahlt.«
    Erst sah er mich fassungslos an, doch dann wieherte er plötzlich los. »Määm, ich denke, du liest keine Heftchenromane?« brachte er schließlich, immer wieder von Lachsalven unterbrochen, heraus. »Hast du etwa geglaubt, ich hätte mich von so einer abgetakelten Tante als eine Art Reiseleiter anheuern lassen?« Er suchte nach einem Taschentuch, fand keins, holte ein Blatt Küchenkrepp, schmiß dabei die ganze Rolle herunter und fing wieder an zu lachen.
    »Ich weiß gar nicht, was daran so

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