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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ich aus allem entnahm, jedes Mal bei der Anwesenheit Mathildens die Sitte sein, ein solches Gastmahl abzuhalten; die Leute fanden sich auf eine natürliche Art in die Sache, und die Gespräche gingen mit einer Gemäßheit vor sich, welche auf Übung deutete. Mathilde konnte sie veranlassen, etwas zu sagen, was paßte, und was daher dem Sprechenden ein Selbstgefühl gab, das ihm den Aufenthalt in der Umgebung angenehm machte. Eustach allein erhielt die Auszeichnung, daß man das bei ihm nicht für nötig erachtete, er sprach daher auch weniger und nur in allgemeinen Ausdrücken über allgemeine Dinge. Er empfand, daß er der höheren Gesellschaft zugezählt werde, wie ich es auch, da ich ihn näher kennen gelernt hatte, ganz natürlich fand, während die anderen nicht merkten, daß man sie empor hebe. Der Gärtner und seine Frau waren in ihrem weißen, reinlichen Anzuge ein sehr liebes greises Paar, welches auch die anderen mit einer gewissen Auszeichnung behandelten. An Speisen war eine etwas reichlichere Auswahl als gewöhnlich, die Männer bekamen einen guten Gebirgswein zum Getränke, für die Frauen wurde ein süßer neben die Backwerke gestellt.
    Da die Rosen immer mehr der Entfaltung entgegen gingen, wurden einmal Sessel und Stühle in einem Halbkreise auf dem Sandplatze vor dem Hause aufgestellt, so daß die Öffnung des Kreises gegen das Haus sah, und ein langer Tisch wurde in die Mitte gestellt. Wir setzten uns auf die Sessel, der Gärtner Simon war gerufen worden, Eustach kam, und von den Leuten und Gartenarbeitern konnte kommen, wer da wollte. Sie machten auch Gebrauch davon. Die Rosen wurden einer sehr genauen Beurteilung unterzogen. Man fragte sich, welche die schönsten seien, oder welche dem einen oder dem anderen mehr gefielen. Die Aussprüche erfolgten verschieden, und jedes suchte seine Meinung zu begründen. Es lagen Druckwerke und Abbildungen auf dem Tische, zu denen man dann seine Zuflucht nahm, ohne eben jedes Mal ihrem Ausspruche beizupflichten. Man tat die Frage, ob man nicht Bäumchen versetzen solle, um eine schönere Mischung der Farben zu erzielen. Der allgemeine Ausspruch ging dahin, daß man es nicht tun solle, es täte den Bäumchen wehe, und wenn sie groß wären, könnten sie sogar eingehen; eine zu ängstliche Zusammenstellung der Farben verrate die Absicht und störe die Wirkung; eine reizende Zufälligkeit sei doch das angenehmste. Es wurde also beschlossen, die Bäume stehen zu lassen, wie sie standen. Man sprach sich nun über die Eigenschaften der verschiedenen Bäumchen aus, man beurteilte ihre Trefflichkeit an sich, ohne auf die Blumen Rücksicht zu nehmen, und oft wurde der Gärtner um Auskunft angerufen. Über die Gesundheit der Pflanzen und ihre Pflege konnte kein Tadel ausgesprochen werden, sie waren heuer sovortrefflich, wie sie alle Jahre vortrefflich gewesen waren. Auf den Tisch wurden nun Erfrischungen gestellt und alle jene Vorrichtungen ausgebreitet, die zu einem Vesperbrote notwendig sind. Aus den Reden Mathildens sah ich, daß sie mit allen hier befindlichen Rosenpflanzen sehr vertraut sei, und daß sie selbst kleine Veränderungen bemerkte, welche seit einem Jahre vorgegangen sind. Sie mußte wohl Lieblinge unter den Blumen haben, aber man erkannte, daß sie allen ihre Neigung in einem hohen Maße zugewendet habe. Ich schloß aus diesem Vorgange wieder, welche Wichtigkeit diese Blumen für dieses Haus haben.
    Gegen Abend desselben Tages kam ein Besuch in das Rosenhaus. Es war ein Mann, welcher in der Nähe eine bedeutende Besitzung hatte, die er selber bewirtschaftete, obwohl er sich im Winter eine geraume Zeit in der Stadt aufhielt. Er war von seiner Gattin und zwei Töchtern begleitet. Sie waren auf der Rückfahrt von einem Besuche begriffen, den sie in einem entfernteren Teile der Gegend gemacht hatten, und waren, wie sie sagten, zu dem Hause herauf gefahren, um zu sehen, ob die Rosen schon blühten, und um die gewöhnliche Pracht zu bewundern. Sie hatten im Sinne, am Abende wieder fort zu fahren, allein da die Zeit so weit vorgerückt war, drang mein Gastfreund in sie, die Nacht in seinem Hause zuzubringen, in welches Begehren sie auch einwilligten. Die Pferde und der Wagen wurden in den Meierhof gebracht, den Reisenden wurden Zimmer angewiesen.
    Sie gingen aus denselben aber wieder sehr bald hervor, man begab sich auf den Sandplatz vor dem Hause, und die Rosenschau wurde aufs neue vorgenommen. Es waren zum Teile noch die Stühle vorhanden, die man heute

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