Werke
gestört worden, nur daß solche Vorrichtungen vorgenommen werden mußten, welche die Aufmerksamkeit für die Frauen verlangte. Die Unterrichts- und Lernstunden Gustavs wurden eingehalten wie früher, und ebenso ging die Beschäftigung meines Gastfreundes ihren Gang. Mathilde beteiligte sich nach Frauenart an dem Hauswesen. Sie sah auf das, was ihren Sohn betraf, und auf alles, was das häusliche Wohl des alten Mannes anging. Sie wurde gar nicht selten in der Küche gesehen, wie sie mitten unter den Mägden stand und an den Arbeiten Teil nahm, die da vorfielen. Sie begab sich auch gerne in die Speisekammer, in den Keller oder an andere Orte, die wichtig waren. Sie sorgte für die Dinge, welche den Dienstleuten gehörten, in so ferne sie sich auf ihre Nahrung bezogen oder auf ihre Wohnung oder auf ihre Kleider und Schlafstellen. Sie legte das Linnen, die Kleider und anderes Eigentum des alten Herrn und ihres Sohnes zurecht, und bewirkte, daß, wo Verbesserungen notwendig waren, dieselben eintreten könnten. Unter diesen Dingen ging sie manches Mal des Tages auf den Sandplatz vor dem Hause und betrachtete gleichsam wehmütig die Rosen, die an der Wand des Hauses empor wuchsen. Natalie brachte viele Zeit mit Gustav zu. Die Geschwister mußten sich außerordentlich lieben. Er zeigte ihr alle seine Bücher, namentlich, die neu zu den alten hinzu gekommen waren, er erklärte ihr, was er jetzt lerne, und suchte sie in dasselbe einzuweihen, wenn sie es auch schon wußte und früher die nämlichen Wege gegangen war. Wenn es die Umstände mit sich brachten, schweiften sie in dem Garten herum und freuten sich all des Lebens, was in demselben war, und freuten sich des gegenseitigen Lebens, das sich an einander schmiegte, und dessen sie sich kaum als eines gesonderten bewußt wurden. Die Zeit, welche alle frei hatten, brachten wir häufig gemeinschaftlich mit einanderzu. Wir gingen in den Garten, oder saßen unter einem schattigen Baume, oder machten einen Spaziergang, oder waren in dem Meierhofe. Ich vermochte nicht, in die Gespräche so einzugehen, wie ich es mit meinem Gastfreunde allein tat, und wenn auch Mathilde recht freundlich mit mir sprach, so wurde ich fast immer noch stummer.
Die Rosen fingen an, sich stets mehr zu entwickeln, sehr viele waren bereits aufgeblüht, und stündlich öffneten andere den sanften Kelch. Wir gingen sehr oft hinaus und betrachteten die Zierde, und es mußte manchmal eine Leiter herbei, um irgend etwas Störendes oder Unvollkommenes zu entfernen.
Die Mittage waren lieb und angenehm. Auch das, daß Mathilde und Natalie so fein und passend, wenn auch einfach angezogen waren, wie ich es von meiner Mutter und Schwester gewohnt war, gab dem Mahle einen gewissen Glanz, den ich früher vermißt hatte. Die Vorhänge waren gegen die unmittelbare Sonne jederzeit zu, und es war eine gebrochene und sanfte Helle in dem Zimmer.
Die Abende nach dem Abendessen brachten wir immer im Freien zu, da noch lauter schöne Täge gewesen waren. Meistens saßen wir bei dem großen Kirschbaume oben, welches bei weitem der schönste Platz zu einem Abendsitze war, obgleich er auch zu jeder andern Zeit, wenn die Hitze nicht zu groß war, mit der größten Annehmlichkeit erfüllte. Mein Gastfreund führte die Gespräche klar und warm, und Mathilde konnte ihm entsprechend antworten. Sie wurden mit einer Milde und Einsicht geführt, daß sie immer an sich zogen, daß ich gerne meine Aufmerksamkeit hin richtete und, wenn sie auch Gewöhnliches betrafen, etwas Neues und Eindringendes zu hören glaubte. Der alte Mann führte dann die Frau im Sternenscheine oder bei dem schwachen Lichte der schmalen Mondessichel, die jetzt immer deutlicher in dem Abendrote schwamm, über den Hügel in das Haus hinab, und die schlanken Gestalten der Kinder gingen an den dunkeln Büschen dahin.
Das alles war so einfach, klar und natürlich, daß es mir immer war, die zwei Leute seien Eheleute und Besitzer dieses Anwesens, Gustav und Natalie seien ihre Kinder, und ich sei ein Freund, der sie hier in diesem abgeschiedenen Winkel der Welt besucht habe, wo sie den stilleren Rest ihres Daseins in Unscheinbarkeit und Ruhe hinbringen wollten.
Eines Tages wurde eine feierliche Mahlzeit in dem Speisezimmer gehalten. Es war Eustach, dann der Hausaufseher, der alte Gärtner mit seiner Frau, der Verwalter des Meierhofes und die Haushälterin Katharina geladen worden. Statt Katharinen mußte ein anderes die Herrschaft in der Küche führen. Es mußte, wie
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