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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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hatte, ja es war, als würden sie noch immer mehr – nur die eine, die am Anfange zwischen ihm und der Wand gestanden war, konnte er nicht mehr finden.
    Tiburius fing nun, was er seit seiner Kindheit nicht mehr getan hatte, zu rennen an, und rannte auf dem Pfade in höchster Eile eine große Strecke fort, aber der Pfad, den er gar nicht verlieren konnte, blieb immer gleich, lauter Bäume, lauter Baume. Er blieb nun stehen und schrie so laut, als es nur in seinen Kräften war und als es seine Lungen zuließen, ob er nicht von seinen Leuten gehört würde und eine Antwort zurück bekäme. Er schrie mehrere Male hinter einander und wartete in den Zwischenräumen ziemlich lange. Aber er bekam keine Antwort zurück, der ganze Wald war stille, und kein Laublein rührte sich. In den vielen Ästen, die da waren, sank die Menschenstimme wie in Stroh ein. Er dachte, ob nicht etwa die Richtung, in der er gerannt war, sich von der Straße, auf der sein Wagen stand, eher entferne als nähere, da er sich etwa in dem vielen Suchen umgewendet haben könne, ohne es zu wissen. Dem zu Folge wollte er jetzt wieder in der nämlichen Richtung zurück rennen. Er warf noch eher den Enzian, den er noch immer in der Hand hatte und der ihn jetzt mit dem fürchterlichen Blau so seltsam anschaute, weg und rannte dann zurück. Er rannte, daß ihm der Schweiß hervor trat, und wußte nun wieder nicht, ob das die nämlichen Gegenstände seien, die er im Herrennen gesehen habe. Als er eine so große Strecke, die er früher nach der einen Richtung gemacht, jetzt nach der entgegengesetzten zurückgelegt zu haben glaubte und eine gleiche dazu, hielt er wieder inne und schrie abermals – allein er bekam wieder keine Antwort, es war nach seiner Stimme wieder alles stille. Hier war es auch ganz anders als an dem früheren Orte, und wildfremde Gegenstände standen da. Die Buchen hatten aufgehört; es standen Tannen da, und ihre Stämme streckten sich immer höher und wilder. Die Sonne stand schon schief, es war Nachmittag geworden, auf manchem Moossteine lag ein schreckhaft blitzendes Gold, und unzählige Wässerlein rannen, eins wie das andere.
    Herr Tiburius konnte es sich nicht mehr leugnen, daß er ganz und gar in einem Walde sei, und wer weiß, in welch großem. Er war nie in der Lage gewesen, sich aus solchen Sachen heraus finden zu müssen, und seine Not war groß. Dazu gesellten sich noch andere Dinge. Er hatte in dem Hin- und Hergehen durch das Gras, als er von dem Pfade abgewichen war, um die Steinwand zu finden, nasse Füße bekommen, er war im Schweiße, und hatte nur einen einzigen, dünnen Rock, der andere lag im Wagen, er durfte sich gar nicht niedersetzen, um auszuruhen, so schön die Steine da lagen; denn er müßte sich verkühlen – und endlich lag auch das Fach mit der Arznei, die er heute nachmittag zu nehmen hatte, zu Hause. Er sah das eine recht gut ein, was hier das Notwendigste war, nämlich, statt hin und her zu laufen, lieber auf dem Pfade immer in derselben Richtung fort zu gehen; denn irgend wohin mußte der Pfad doch führen, da er so ausgetreten war. Es war noch ein großes Gluck, daß wenigstens ein Pfad vorhanden war; denn welches Unheil wäre es gewesen, in einem weglosen Walde in diesem Zustande zu stehen.
    Herr Tiburius entschloß sich also, nach der zuletzt eingeschlagenen Richtung des Weges fort zu gehen.
    Er knöpfte den Rock, den er an hatte, fest zu, stülpte die Kragenklappen desselben empor, legte sie sich fest an das Angesicht und ging sehr emsig fort. Er ging fort, und fort, und fort. Die Hitze des Körpers nahm überhand, der Atem wurde kurz, und die Müdigkeit wuchs. Endlich ging der Pfad bergauf und war ein gewöhnlicher Waldsteig geworden. Aber Tiburius kannte Waldsteige gar nicht. Steintrümmer der größten und fürchterlichsten Art lagen rechts und links an dem Wege, der oft über sie dahin ging. Einige waren in Moose gehüllt, die verschiedenes noch nie gesehenes Grün zeigten, andere lagen nackt und ließen den scharfen, gewaltigen Bruch sehen. Großfingrige Fächer von Farrenkräutern standen da, und die hohen, dicken Stämme der Tannen, die aus all dem Dinge empor ragten oder auch da lagen, waren, wenn sie Tiburius angriff, feucht. – Eine Weile bestand der Pfad aus lauter kleinen Prügeln, die quer lagen, manchmal fast im Wasser schwammen, bei jedem Tritte sich rührten, oder doch, wenn sie selbst fest waren, ausglitschen machten. – Dann stand ein steiler Berg da. Der Pfad klomm ihn

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