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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Mannes, einsam gelebt hatte, und dem Anscheine nach allmählich, ohne daß man die Ursache wußte, in tiefe Armut versunken war, war mit Hinterlassung eines bedeutenden Reichtumes gestorben. Sie hatte schon seit Jahren in einem kleinen Stübchen gelebt und sich nur mit dem Notdürftigsten genährt und gekleidet. Sie nahm von der Familie nie etwas an, und wurde im Laufe der langen Zeit von uns fast vergessen, als wäre sie gar nicht mehr vorhanden gewesen. Ein großes, äußerst reizendes Anwesen, welches ein Anwalt, der in ihrer Stadt lebte, bewirtschaftete, gehörte zu ihrem Eigentume. Er verwaltete es nur unter der größten Verschwiegenheit,daß niemand wisse, daß sie Vermögen habe, und sie etwa in ihrer Abgeschiedenheit überfalle und ermorde. Dieses Besitztum, welches die Tante Treulust nannte, obwohl das nahegelegene Dorf Reutschlag hieß, und wohin sie trotz der großen Entfernung von ihrer Stadt jährlich einmal im tiefsten Geheimnisse fuhr, hatte sie mir nebst einer beträchtlichen Summe Geldes, das zur ersten Einrichtung dienen sollte, als Erbteil hinterlassen. Die Söhne meines Oheims bekamen als bloße verschwägerte Glieder der Familie jeder nur ein kleines Vermächtnis, und alles übrige, dessentwillen sie so bitterlich gedarbt hatte, das sie durch lange Jahre und ungeheure Mühe zusammen gebracht hatte, wurde milden Stiftungen zugewandt, und zwar nur solchen, die werktätig zur Linderung menschlichen Leidens eingreifen. Das war der Zweck ihres Lebens gewesen. Das Testament meiner Tante hatte ein außerordentliches Aufsehen gemacht, teils der Willenskraft wegen, die mit einer solchen Verfahrungsart verbunden ist; teils des Gegensatzes wegen, da nach vermuteter Armut ein solcher Reichtum zum Vorscheine gekommen war. Bloß Treulust hatte für sie eine Schwäche dieses Lebens abgegeben: sie hatte den Sitz mit vieler Freundlichkeit und mit einem Geschmacke ausgestattet, den man der alten, herben Frau nicht zugemutet hätte, sie ließ das Besitztum immer im besten Baustande und Betriebe sein, und gab esendlich dem einzigen blutverwandten Wesen, das sie noch auf der Erde hatte, zur Erbschaft. Ich reisete, als mir diese Dinge durch die Gerichte bekannt gemacht wurden, nach meinem neuen Eigentume, fand es unendlich herrlicher als mein altes, verkaufte daher alles, was ich mir mit so vieler Mühe und so vielem Fleiße zusammengerichtet hatte, und übersiedelte mich in meine neue Wohnstätte.
    Ich hatte in meinen früheren dürftigen Zeiten ein sehr schönes Mädchen gekannt. Ich weiß nicht, ob ich es liebte, was man lieben nennt; jenes Lodern, Leiden und Sprudeln, was ich an meinen Freunden sah, wenn sie liebten, war nicht in mir; aber ich hatte es sehr gerne, wenn ich die schöne Mathilde sah und mit ihr sprechen konnte. Ich näherte mich ihr, zeichnete sie aus und gestand ihr einmal meinen Wunsch, ihr näher angehören zu wollen. Sie war nicht abgeneigt und sagte, daß sie gerne einwillige, wenn ich nur so viel habe, eine Gattin den Verhältnissen gemäß erhalten zu können. Ich hatte mir eben damals mein erstes Besitztum erworben, und legte ihr dessen Beschaffenheit vor. Sie erwiderte, es möchte doch vielleicht noch zu wenig sein. Als ich Treulust erhalten hatte, war freilich alles zu spät; denn die schone Mathilde war bereits mit einem Schloßbesitzer, der in einiger Entfernung wohnte, vermählt. Ich war verdrüßlich, war übel gestimmt, und beschloß, wenigstens jetzt allein zu bleiben und meinen Kohl zu bauen.
    Ich begann es auch, und die Sache fügte sich nach und nach zusammen.
    In jener Zeit dachte ich wieder an die Schwestern Milanollo. Wenn ich nämlich manchmal abends, da meine Leute etwa gar schon zur Ruhe gegangen waren, oder hinten an den Wirtschaftsgebäuden saßen und plauderten, einsam in meiner grünen Stube saß und nichts um mich war als die schönen Kupferstiche, die ich von der Tante geerbt hatte, nahm ich gerne meine Geige aus ihrem Fache und geigte mir etwas vor. Ich hatte nämlich in jener Zeit, als ich meinen Träumereien gelebt hatte, die Geige spielen gelernt und hatte manche Stunde mit meinem Meister vergeigt. Aber so schön wie Theresa geigte ich weder damals mit meinem Meister noch jetzt in meiner grünen Stube, obwohl ich eine aus alter Zeit stammende Cremoneser Geige besaß und mir die besten Saiten kommen ließ, die auf der Welt zu haben waren.
    Wir hielten damals unser vier Mitglieder zwei politische Zeitungen, nämlich der Dechant zu Blumenau, der Forstmeister zu

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