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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ermitteln, der betreten werden mußte.
    Mit solchen Gedanken ging ich den Rest der Schlucht empor. Sie wurde enger und ungangbarer, aber auch seichter und unfruchtbarer. Ich sah von ihrem oberen Teile ihre ganze Länge hinab. Sie lag wie ein grünes Sammetbändchen zum See hinunter. – Endlich kam ich auch zu den Stufen, von welchen der alte Mann gesprochen hatte. Es wäre wirklich unmöglich gewesen, über den Steindamm, der sich quer über die Schlucht streckte, hinaus zu kommen; allein die Stufen, die schief und in einer künstlichen Wendung über ihn gehauen waren, machten die Sache leicht. Ich stieg über sie hinaus und stand bald auf der obersten Höhe des Bühels.
    Hier war es ganz anders als unten. Die Fruchtbarkeit hatte ganz und gar und völlig aufgehört. Der Grund war mit dem grüngrauen Filze bedeckt, den ich oft auf Steinen angetroffen hatte, nur war er hier noch viel schaler und schwächer als irgend wo. Aber die Aussicht, von welcher der Greis nur im allgemeinen geredet hatte, war außerordentlich schön. Sie ging größtenteils nur in die Gegend, gegen welche ich wandern sollte. War ich schon unten am See von den mannigfaltigen, seltsamen Dingen, die ich angetroffen hatte, ergriffen, so war ich hier vollständig hingerissen und, ich kann sagen, in der Tiefe meiner Seele entzückt. Die Maler haben eigentlich diese Dinge noch nicht gemalt; denn da war kein Baum, kein Gesträuchlein, kein Haus, keine Hütte, keine Wiese, kein Feld, sondern nur das sehr dürftige Gras und die Felsen gewiß wenige Künstler hätten das für die Aufgabe eines Meisters gehalten, wenn sie nicht früher die Erfahrung gemacht hätten, wie so unaussprechlich die düstere Schönheit solcher Öden auf die Seele des Menschen zu wirken vermag. In allen Stufen des matten Grün, Grau und Blau lag das fabelhafte Ding hinaus; schwermütig dämmernde, schwebende, webende Tafeln von Farben stellten sich hin, und die Felsen rissen mattschimmernde Lichtzuckungen hinein; und wo das Land bloß lag und etwa nur Sand und Gerölle hatte, drangen Flächen fahlen Glanzes oder sanft gebrochene Farbtöne vor. Draußen über allem duftete ruhig und schwach rötlich ein Berg, der die roten Steine enthalten mochte, von denen der Greis gesprochen hatte. Von ihm gingen zwei langgestreckte, feurige Wolkenbänke weg, die von der bereits zum Untergange neigenden Sonne angezündet waren und das schwache, trübe Grün des südlichen Himmels neben sich hatten, das so sanft glänzte und oben in ein flammendes Blau überlief. Alles das hätte schon genügt zu der Größe des Bildes; aber weit links von mir lag noch zwischen den Felsen ein grauer, sanfter Strichdurch den Himmel, der die Ebene der Lombardie war.
    Gewohnt an die lieblichen Höhen meines Vaterlandes, wo Obstbaum an Obstbaum steht, Wäldchen sich mit Wäldchen ablöset, grüne Wiesen dazwischen ansteigen und das Gold der Weizenfelder leuchtet, wo kein Plätzchen unbenützt ist, ohne daß ein Kräutlein oder Baum steht, wo Quellen und Bäche in Menge rieseln, manche klare Flüsse und Ströme ziehen und weit draußen das sanfte Blau der Gebirge geht, hatte ich keinen andern Begriff von Schönheit der Landschaft, als daß sie so sein müsse – ja in einem schönen Lande lebend, achtete ich nicht einmal sonderlich auf derlei Reize; aber hier stand ich in einer Öde, wo alles fehlte, wo gar keine Mittel waren, etwas darzustellen, und wo sich doch eine so ruhige Schönheit zeigte, als legte die Natur ein einfach erhabenes Heldengedicht vor mich hin. Ich war gleichsam gebeugt, und die Lautlosigkeit um mich rückte erst alles recht in die Weite und Breite, daß ich mich verlor.
    Ich ging endlich von diesem Platze auf die Ebenen von Gras- und Steinboden, die sich vor mir erstreckten, hinaus. Ich ging der nach Untergang strebenden Sonne nach. Vorher hatte ich noch einen Blick zurück getan, ob ich meinen See sehen könnte. Wie eine blaue Sichel lag ein Stück von ihm zwischen roten Bergen, und da hier die Aussicht beschränkter war, verschwand dasselbe beim ersten Schritte, den ich noch vorwärts tat.
    Ich beschloß nun, recht tüchtig darauf los zu gehen, um bei Zeiten an meinem Ziele anzulangen.
    Ich ging ohne Pfad auf dem festen, prallen Grasboden fort.
    Das sah ich sehr bald, daß der Greis mit seiner Warnung recht hatte, die besagte, daß ich öfters auf den Bühel zurück schauen und ihn mir merken solle; denn wie sehr sich die Felsen auf dieser Berghalde, auf der ich offenbar fort ging, glichen, kann

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