Werke
Verhältnissen daraus zu machen war; aber es wird schon noch besser werden. – Sie müssen gewiß lächeln, wenn Sie das ansehen. Bei Ihnen, denke ich, wird das alles weiter und breiter und prächtiger sein. Wenn man so durch mächtige Felder und Wiesen wandelt, muß das einen erhebenden Umblick gewähren. Felder und Wiesen haben wir nicht, weil der Grund, den wir geerbt haben, zu klein dazu ist. Auch sind seit Menschengedenken keine Felder hier gewesen; aber ich denke, warum soll es nicht möglich sein, da doch Bäume, die so tief wurzeln, da Blumen, Kräuter und Gemüse gedeihen, und der Regen nicht gar so selten ist. Grund und Boden wäre hier nicht teuer – denken Sie nur, wie es schön wäre, wenn da bis zur Felsenwand im Frühlinge die Saaten stünden, und im Sommer die hohen Wagen belastet würden.«
»Ich zweifle keinen Augenblick, daß es möglich wäre«, gab ich zur Antwort, indem ich die Fläche mit den Augen prüfte.
»Sehen Sie, ich auch nicht,« sagte sie, »es sind schon viele Dinge auf der Welt geworden, wie in den Büchern der Geschichte steht. – Wer weiß, was noch geschieht, wenn man nur zum Geschehen ein wenig nachhilft. An mir sollte es wahrlich nicht fehlen.«
Wir blieben noch eine Weile stehen und schauten gegen das nasse, in der Sonne funkelnde Gras der Haide. Dann wendeten wir uns zum Rückwege.
Sie führte mich durch die andere Seite des Gartens zurück. Dieselbe war ungefähr wie die, die wir bisher durchwandert hatten. Es zeigte jegliches denselben Zweck: Verwertung der Gewächse. Meine Begleiterin zeigte mir manches und erklärte mir verschiedene Dinge, die ich da anders fand als sonst wo.
Als wir in die Eingangshalle gekommen waren, hing sie ihren Strohhut wieder auf den Nagel und führte mich die Treppen zu meinen Zimmern empor. An der Tür derselben machte sie mich auf ein im Futter des Holzes befindliches Fach aufmerksam und sagte: »Solche Fächer haben wir bei allen Türen machen lassen, um dem ewigen Verlegen der Schlüssel vorzubeugen. So macht man auf.« Sie zeigte mir mit diesen Worten, wie man verfahren müsse, damit der Deckel des Faches aufspringe.
»Da legen Sie den Schlüssel hinein, wenn Sie fort gehen, und da werden Sie ihn wieder finden«, sagte sie. »Ich muß Sie jetzt verlassen, um mich zum Frühmahle anzukleiden, bleiben Sie in Ihren Zimmern, ich werde Sie durch die Amme holen lassen; denn es ist nicht mehr viel Zeit übrig.«
»Ich danke Ihnen recht schön, mein Fräulein, für Ihre Güte und Freundlichkeit«, sagte ich.
»Sie sind mir durchaus, durchaus keinen Dank schuldig«, antwortete sie, verneigte sich, und ging in dem Gange zurück, woher wir gekommen waren.
Ich nahm nun den Schlüssel, den ich während des Spazierganges in der Tasche getragen hatte, heraus, sperrte meine Zimmer auf, trat ein und legte den Hut auf den Tisch.
Die Verhältnisse meines Freundes Rikar sind also der Art, dachte ich, daß es mit dem Plane, den ich in Hinsicht seiner gefaßt hatte, nichts ist. Da das kleine Anwesen, welches ich so eben durchwandert hatte, und das Haus, in dem ich übernachtet hatte, sein Eigentum sind; da er eine Tochter hat, die dieses alles verwaltet, und da diese noch von einer weitern Schwester gesprochen hat, die den Springbrunnen stehen gelassen habe, so ist von irgendeiner Versetzung auf einen andern Grund und Boden keine Rede. Auch muß ihn die Wirtschaft, wie ich das aus meiner eigenen Erfahrung kenne, hinreichend nähren. Welche nun auch noch immer seine ferneren Verhältnisse sein mögen, die Ursache, aus der ich gekommen bin, ist dahin. Ich vergrub sie daher in meine Brust und nahm mir vor, mit keinem Menschen weiter davon zu reden.
Daß meine Begleiterin meine Verlegenheit nicht bemerkte, in die ich geriet, als ich gewahr wurde, daß ich nicht zu einem armen Manne, gleichsam zu einem Bettler gekommen sei, wie ich aus den Mitteilungen zu Meran vermuten mußte, war natürlich, da sie ja gar nicht ahnen konnte, daß ich nicht wisse, daß das Haus, in dem ich mich befinde, Eigentum des Franz Rikar sei. Ich ließ also alles gut sein und beschloß, in weiterer Zeit schon zu ermessen, wie ich mich der anderweitigen Lage der Dinge nach zu benehmen hätte.
Mir war wohl während des Spazierganges auch das nächtliche Geigenspiel eingefallen, aber ich fragte nicht darüber, weil ich nicht zudringlich erscheinen wollte, und weil sich ja alles von selber entwickeln müsse, wenn noch einige Zeit verginge.
Als ich so eine Weile nachgedacht hatte,
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