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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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kann ersticken, es kann das Estrich einbrennen. Der Schlüssel steckt von innen in der Tür des Kinderzimmers, ich muß hinauf, ihn zu befreien.«
    Nachdem sie diese Worte gerufen hatte, lief sie, ohne auf die andern Kinder zu achten, dem brennenden Hause zu. Sie lief gerade durch alle Pflanzen und mitten durch den Funkenregen hindurch. Die Großmutter folgte ihr. Die Magd, die bei den Kindern war, konnte dieselben nicht zurückhalten, sie liefen auch zu dem Feuer, und die Magd lief mit ihnen.
    Als die Mutter bei der Feuerstätte angekommen war, war es dort bei weitem nicht so gefahrlos für die Zimmer, als sie gedacht hatte. Der Dachstuhl war beinahe zusammen gebrannt, wenigstens war er schon zusammen gestürzt. Ein furchtbarer Gluthaufen, der die Luft vor Hitze zittern machte, lag auf der Decke der Zimmer. Von dieser Glut trennte nur eine Lage Estrich die Tragbalken, sie konnten sich erhitzen, brennen, und die Decke konnte einstürzen. Die Männer mit den Feuerhaken hatten außerordentlich gearbeitet. Einen großen Teil der Sparren hatten sie herab gerissen, und die Trümmer lagen um das Haus, und brannten und rauchten; aber ein anderer Teil hing noch oben, und konnte aus der Verbindung nicht gerissen werden. Die Nacht war mittlerweile eingebrochen, und in der düstern Finsternis war das Leuchten des Feuers und des Rauches, das Glühen der vorragenden Balken und das Glänzen der umstehenden Bäume doppelt unheimlich.
    Die Mutter lief gerades Weges gegen die Türe zu, von welcher die Treppe gegen das Kinderzimmer empor führte. Sie wollte in das Zimmer gelangen, dort an der Tür zu dem Gange den Schlüssel umdrehen, und den Knaben befreien. Aber als sie gegen die Tür kam, lag ein Haufen herabgerissener Balken vor derselben und brannte. Es war unmöglich durchzukommen.
    »Reißt das Holz weg, Sigismund ist in dem Hause«, schrie sie zu den Männern, die da waren.
    Die Männer verstanden sie. Sie näherten sich dem Feuerhaufen, schlugen die Haken ein, und suchten die Balken wegzubringen. Aber es war vergeblich. Die Balken waren teils noch in Verbindung, teils hatten sich andere herabgestürzte mit ihnen verschlungen, so daß die angestrengteste Kraft aller Männer nicht hinreichte, das zusammenhängende Gewirr eher hinweg zu bringen, als bis es mehr ausgebrannt wäre und die Verbindungen sich gelost hätten.
    »Das geht nicht,« rief die Mutter, »wir müssen durch die hintere Treppe in Euer Zimmer hinauf, Großmutter, um von demselben in den Gang zu kommen. Wo habt Ihr die Schlüssel?«
    »Ich weiß es nicht, ich werde sie in meiner Armtasche haben, die ich vielleicht in den Glashäusern nieder gelegt habe,« antwortete die Großmutter, »ich werde sie gleich holen.«
    »Um des Himmels willen, warum habt Ihr zugesperrt?« rief die Mutter.
    »Der Diebe wegen«, rief die Großmutter, und eilte, von einem Knechte begleitet, davon.
    Noch war es Zeit; denn alle Fenster des Hauses waren noch schwarz, zum Zeichen, daß das oberhalb herrschende Feuer noch nirgends in die Zimmer hinein gebrochen war.
    Aber es kam der Knecht gelaufen und sagte, daß die Schlüssel der Großmutter nirgends zu finden seien.
    Die Mutter änderte ihren Plan. Sie ging um die Ecke des Hauses, und kam zu einer Seite, die mit Weingeländer bepflanzt war, die gegen den Garten sah, und in welcher ein offenes Fenster der Kinderstube war. Sie zeigte gegen das Fenster empor und rief: »Eine Leiter, eine Leiter, da kann man in das Kinderzimmer einsteigen.«
    Die Knechte liefen nach einer Leiter. Andere schlossen sich an. Die Leitern waren unter einem eichenen Dächlein auf einem eigenen Gestelle angehängt, das in der Nähe des Wagenbehälters war. Dort brannte aber jetzt in einer entsetzensvollen ruhigen Flamme, die majestätisch in die Höhe ging, der gesamte Vorrat des Holzes des Hauses Es war unmöglich, sich zu nähern. Ein Mann, der, in eine nasse Decke gehüllt, es gewagt hatte, war durch den heißen Atem umgeworfen worden, und man konnte ihn nur mittelst eines Feuerhakens retten, mit dem man ihn aus der heißen Luft zog. Im nächsten Augenblicke hatte auch das Leiterdächlein Feuer gefangen, und dasselbe und die Leitern brannten.
    Die Knechte kamen zurück und meldeten es der Mutter.
    Da stürzte sie auf die Kniee, breitete die Arme auseinander und schrie: »So rette du ihn, der die Macht und das Vollbringen hat, und der ein unschuldvolles Leben nicht vernichten kann!«
    In diesem Augenblicke tönte ein gellender Schrei: »Braunköpfchen,

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