Werke
mich mit Eustach, und sandte den Tisch. Das Übersenden der Zeichnungen war auch ganz folgerichtig. Ihr habt im vorigen Jahre mit vieler Mühe hier und im Sternenhofe Abbildungen von Geräten gemacht, um Eurem Vater nur im allgemeinen eine Vorstellung von dem zu geben, was hier ist. Wie nahe lag es also, ihm Zeichnungen zu schicken, in denen noch weit mehr, weit Umfassenderes und weit Edleres enthalten ist, obgleich sie nur die Sammlung eines einzelnen Menschen sind, und weit hinter dem zurückstehen, was an Prachtwerken hie und da besteht. Wir haben vielerlei an alten Geräten hier, wir können etwas entbehren, haben schon manches weggegeben, und geben gerne etwas einem Manne, der damit Freude hat, und der es zu pflegen und zu achten versteht.«
»Es würde mir sehr viel Schmerz machen,« sagte ich, »wenn Ihr nur im entferntesten denken könntet, daß ich mit meinen Handlungen auf ein solches Ergebnis habe hinzielen können.«
»Das habe ich nie geglaubt, mein junger Freund,« antwortete er, »sonst hätte ich die Sachen gar nicht geschickt. Aber es ist die zwölfte Stunde nahe. Gehet mit mir in das Speisezimmer. Wir wußten zwar von Eurer Ankunft nichts; aber es wird sich schon etwas vorfinden, daß Ihr nicht Hunger leiden müsset, und daß auch wir nicht einen Abbruch leiden.«
Mit diesen Worten gingen wir in das Speisezimmer.
Nach dem Essen wurde ich von Gustav in meine Wohnung geleitet, die immer in reinlichem Stande gehalten wurde, und die jetzt von einem schwachen Feuer wohltätig erwärmt war. Mir tat eine Ruhe etwas not, und die mäßige Wärme erquickte meine Glieder.
Im Laufe des Nachmittages sagte mein Gastfreund zu mir: »Es ist nie ein so schöner Spätherbst gewesen als heuer, meine Witterungsbücher weisen keinen solchen seit meinem Hiersein aus, und es sind alle Anzeichen vorhanden, daß dieser Zustand noch mehrere Tage dauern wird. Nirgends aber sind solche klare Spätherbsttage schöner als in unseren nördlichen Hochlanden. Während nicht selten in der Tiefe Morgennebel liegen, ja der Strom täglich in seinem Tale morgens den Nebelstreifen führt, schaut auf die Häupter des Hochlandes der wolkenlose Himmel herab, und geht über sie eine reine Sonne auf, die sie auch den ganzen Tag hindurch nicht verläßt. Darum ist es auch in dieser Jahreszeit in den Hochlanden verhältnismäßig warm, und während die rauhen Nebel in der Tiefgegend schon die Blätter von den Obstbäumen gestreift haben, prangt oben noch mancher Birkenwald, mancher Schlehenstrauch, manches Buchengehege mit seinem goldenen und roten Schmucke. Nachmittags ist dann gewöhnlich auch die Aussicht über das ganze Tiefland deutlicher als je zu irgend einer Zeit im Sommer. Wir haben daher beschlossen, heuer noch eine Reise in das Hochland zu machen, wie ich es in früherer Zeit schon in manchen Jahren getan habe. Die Entfernungen sind dort nicht so groß, und sollten sich die Vorboten melden, daß das Wetter sich zur Änderung anschicke, so können wir jederzeit den Heimweg antreten und ohne viel Ungemach den Asperhofwieder erreichen. Morgen wird Mathilde und Natalie eintreffen, sie fahren mit uns, auch Eustach begleitet uns. Wolltet Ihr nicht auch den Weg mit uns machen und einige Tage der lieblichen Spätzeit mit uns genießen? Kömmt dann Schnee oder Regen, wenn wir wieder in meinem Hause angelangt sind, so werdet Ihr wohl auf dem Postwagen Eure Heimreise machen können, und das Wetter wird Euch nicht viel anhaben.«
»Es kann mir nie viel anhaben,« entgegnete ich, »weil ich gegen seine Einflüsse abgehärtet bin, auch könnte mir in dem Gefühle, welches ich gegen Euch habe, keine größere Annehmlichkeit begegnen, als einige Zeit in Eurer Gesellschaft zu reisen; aber zu Hause wissen sie nichts davon und erwarten mich wahrscheinlich schon bald.«
»Ihr könntet sie ja in einem Briefe verständigen«, sagte er.
»Das kann ich tun«, erwiderte ich. »Wenn ich auch gleich nach meiner Ankunft nach einer viele Monate dauernden Abwesenheit wieder fortgereist bin, wenn sie mich auch schon in den nächsten Tagen erwarten, so werden sie doch einsehen, daß ein längerer Aufenthalt in der Gesellschaft eines Mannes, zu welchem ich in einer Angelegenheit wie die zwischen uns vorgefallene gereist bin, nur in der Natur der Sache gegründet ist. Sie würden es weit übler nehmen, wenn ich unter den bestehenden Verhältnissen nach Hause käme, als wenn ich noch eine Weile bei Euch bleibe.«
»Ich habe Euch meine Frage und mein
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