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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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umringt, wie von einem Freunde, der nie wankt und nicht die Treue bricht.«
    Mir fiel bei diesen Worten auf, daß er vom Eigentume immer die Ausdrücke uns und unser gebrauchte. Ich dachte, er werde etwa eine Gattin oder auch Kinder einbeziehen. Mir fiel der Knabe ein, den ich im Heraufgehen gesehen hatte, vielleicht ist dieser ein Sohn von ihm. »Der Rest des Hügels ist an drei Meierhöfe verteilt,« schloß er seine Rede, »welche unsere nächsten Nachbarn sind. Von den Niederungen an, die um den Hügel liegen, und jenseits welcher das Land wieder aufsteigt, beginnen unsere entfernteren Nachbarn.«
    »Es ist ein gesegnetes, ein von Gott beglücktes Land«, sagte ich.
    »Ihr habt recht gesprochen,« erwiderte er, »Land und Halm ist eine Wohltat Gottes. Es ist unglaublich, und der Mensch bedenkt es kaum, welch ein unermeßlicher Wert in diesen Gräsern ist. Laßt sie einmal von unserem Erdteile verschwinden, und wir verschmachten bei allem unserem sonstigen Reichtume vor Hunger. Wer weiß, ob die heißen Länder nicht so dünn bevölkert sind und das Wissen und die Kunst nicht so tragen wie die kälteren, weil sie kein Getreide haben. Wie viel selbst dieser kleine Hügel gibt, würdet Ihr kaum glauben. Ich habe mir einmal die Mühe genommen, die Fläche dieses Hügels, soweit sie Getreideland ist, zu messen, um auf der Grundlage der Erträgnisse unserer Felder und der Erträgnisfähigkeit der Felder der Nachbarn, die ich untersuchte, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung zu machen, welche Getreidemenge im Durchschnitte jedes Jahr auf diesem Hügel wächst. Ihr würdet die Zahlen nicht glauben, und auch ich habe sie mir vorher nicht so groß vorgestellt. Wenn es Euch genehm ist, werde ich Euch die Arbeit in unserem Hause zeigen. Ich dachte mir damals, das Getreide gehöre auch zu jenen unscheinbaren, nachhaltigen Dingen dieses Lebens wie die Luft. Wir reden von dem Getreide und von der Luft nicht weiter, weil von beiden so viel vorhanden ist und uns beide überall umgeben. Die ruhige Verbrauchung und Erzeugung zieht eine unermeßliche Kette durch die Menschheit in den Jahrhunderten und Jahrtausenden. Überall, wo Völker mit bestimmten geschichtlichen Zeichnungen auftreten und vernünftige Staatseinrichtungen haben, finden wir sie schon zugleich mit dem Getreide, und wo der Hirte in lockreren Gesellschaftsbanden, aber vereint mit seiner Herde lebt, da sind es zwar nicht die Getreide, die ihn nähren, aber doch ihre geringeren Verwandten, die Gräser, die sein ebenfalls geringeres Dasein erhalten. – Aber verzeiht, daß ich da so von Gräsern und Getreiden rede, es ist natürlich, da ich da mitten unter ihnen wohne, und auf ihren Segen erst in meinem Alter mehr achten lernte.«
    »Ich habe nichts zu verzeihen«, erwiderte ich; »denn ich teile Eure Ansicht über das Getreide vollkommen, wenn ich auch ein Kind der großen Stadt bin. Ich habe diese Gewächse viel beachtet, habe darüber gelesen, freilich mehr von dem Standpunkte der Pflanzenkunde, und habe, seit ich einen großen Teil des Jahres in der freien Natur zubringe, ihre Wichtigkeit immer mehr und mehr einsehen gelernt.«
    »Ihr würdet es erst recht,« sagte er, »wenn Ihr Besitztümer hättet, oder auf Euren Besitztümern Euch mit der Pflege dieser Pflanzen besonders abgäbet.«
    »Meine Eltern sind in der Stadt,« antwortete ich, »mein Vater treibt die Kaufmannschaft, und außer einem Garten besitzt weder er noch ich einen liegenden Grund.«
    »Das ist von großer Bedeutung,« erwiderte er, »den Wert dieser Pflanzen kann keiner vollständig ermessen, als der sie pflegt.«
    Wir schwiegen nun eine Weile.
    Ich sah an seinen Wirtschaftsgebäuden Leute beschäftigt. Einige gingen an den Toren ab und zu, in häuslichen Arbeiten begriffen, andere mähten in einer nahen Wiese Gras, und ein Teil war bedacht, das im Laufe des Tages getrocknete Heu in hochbeladenen Wägen durch die Tore einzuführen. Ich konnte wegen der großen Entfernung das Einzelne der Arbeiten nicht unterscheiden, so wie ich die eigentliche Bauart und die nähere Einrichtung der Gebäude nicht wahrnehmen konnte.
    »Was Ihr von den Häusern und den Besitzern der Felder gesagt habt, daß ich sie Euch nennen soll,« fahr er nach einer Weile fort, »so hat dies seine Schwierigkeit, besonders heute. Man kann zwar von diesem Platze aus die größte Zahl der Nachbarn erblicken; aber heute, wo der Himmel umschleiert ist, sehen wir nicht nur das Gebirge nicht, sondern es entgeht uns auch mancher weiße

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