Werke
handelte, weiter gelesen. Der Schneefall hatte bis in die Dämmerung gedauert, dann kamen heitere Stellen an dem Himmel zum Vorscheine.
Wie diese zwei Tage vergangen waren, so vergingen nun mehrere, und mein Gastfreund begann nicht, seine Mitteilungen, welche er versprochen hatte, zu machen. Wir hatten außer der Zeit, die jeder in seiner Wohnung bei seinen Arbeiten zubrachte, manche Gänge durch die Gegend gemacht, was um so angenehmer war, als nach den stürmischen Tagen bei meiner Ankunft sich heiteres, stilles und kaltes Wetter eingestellt hatte. Ich war zu mancher Zeit in der Gesellschaft meines Gastfreundes, ich sah ihm zu, wenn er seine Vögel vor dem Fenster fütterte, oder wenn er für Ernährung der Hasen außerhalb der Grenze seines Gartens sorgte, was des tiefen Schnees willen, der gefallen war, doppelt notwendig wurde, wir hatten weitere Fahrten in dem Schlitten gemacht, um Nachbarn zu besuchen, manches zu besprechen, oder die freie Luft und die Bewegung zu genießen, einmal war ich mit meinem Gastfreunde zu einer Brücke gefahren, die er mit mehreren Männern beschauen sollte, weil man vorhatte, sie im Frühlinge neu zu bauen – man hatte meinen Gastfreund nicht verschont und ihn mit Gemeindeämtern betraut –, mehrere Male waren wir in verschiedenen Teilen der Wälder gewesen, um bei dem Fällen der Hölzer nachzusehen, welche zum Bauen und zur Verarbeitung in dem Schreinerhause verwendet werden sollten, welche Fällung in dieser Jahreszeit vor sich gehen mußte; wir waren auch einmal im Jnghofe gewesen und hatten die dortigen Gewächshäuser besehen. Der Hausverwalter und der Gärtner hatten uns bereitwillig und freundlich herum geführt. Der Herr des Besitztums war mit seiner Familie in der Stadt.
Eines Tages kam mein Gastfreund in meine Wohnung, was er öfter tat, teils um mich zu besuchen, teils um nach zu sehen, ob es mir nicht an etwas Notwendigem gebreche. Nachdem das Gespräch über verschiedene Dinge eine Weile gedauert hatte, sagte er: »Ihr werdet wohl wissen, daß ich der Freiherr von Risach bin.«
»Lange wußte ich es nicht,« antwortete ich, »jetzt weiß ich es schon eine geraume Zeit.«
»Habt Ihr nie gefragt?«
»Ich habe nach der ersten Nacht, die ich in Eurem Hause zugebracht habe, einen Bauersmann gefragt, welcher mir die Antwort gab, Ihr seiet der Aspermeier. An demselben Tage forschte ich auch in weiterer Entfernung, ohne etwas Genaues zu erfahren. Später habe ich nie mehr gefragt.«
»Und warum habt Ihr denn nie gefragt?«
»Ihr habt Euch mir nicht genannt; daraus schloß ich, daß Ihr nicht für nötig hieltet, mir Euren Namen zu sagen, und daraus zog ich für mich die Maßregel, daß ich Euch nicht fragen dürfe, und wenn ich Euch nicht fragen durfte, durfte ich es auch einen andern nicht.«
»Man nennt mich hier in der ganzen Gegend den Asperherrn,« antwortete er, »weil es bei uns gebräuchlich ist, den Besitzer eines Gutes nach dem Gute, nicht nach seiner Familie zu benennen. Jener Name erbt in Hinsicht aller Besitzer bei dem Volke fort, dieser ändert sich bei einer Änderung des Besitzstandes, und da müßte das Volk stets wieder einen neuen Namen erlernen, wozu es viel zu beharrend ist. Einige Landleute nennen mich auch den Aspermeier, wie mein Vorgänger geheißen hat.«
»Ich habe einmal zufällig Euren richtigen Namen nennen gehört«, sagte ich.
»Ihr werdet dann auch wissen, daß ich in Staatsdiensten gestanden bin«, erwiderte er.
»Ich weiß es«, sagte ich.
»Ich war für dieselben nicht geeignet«, antwortete er.
»Dann sagt Ihr etwas, dem alle Leute, die ich bisher über Euch gehört habe, widersprechen. Sie loben Eure Staatslaufbahn insgesamt«, erwiderte ich.
»Sie sehen vielleicht auf einige einzelne Ergebnisse,« antwortete er, »aber sie wissen nicht, mit welchem Ungemache des Entstehens diese aus meinem Herzen gekommen sind. Sie können auch nicht wissen, wie die Ergebnisse geworden wären, wenn ein anderer von gleicher Begabung, aber von größerer Gemütseignung für den Staatsdienst, oder wenn gar einer von auch noch größerer Begabung sie gefördert hätte.«
»Das kann man von jedem Dinge Sagen«, erwiderte ich.
»Man kann es,« antwortete er, »dann soll man aber das, was nicht gerade mißlungen ist, auch nicht sogleich loben. Hört mich an. Der Staatsdienst oder der Dienst des allgemeinen Wesens überhaupt, wie er sich bis heute entwickelt hat, umfaßt eine große Zahl von Personen. Zu diesem Dienste wird auch von den Gesetzen
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