Werke
und breit hinab, wie der gewesen war, durch den er herauf geritten war. Und unten floß die Moldau, nicht wie gestern in kurzen Stücken sichtbar, sondern in langen Schlangen von dem oberen Waldlande niederwärts wandelnd. Und jenseits des Wassers lag das Land Böhmen in schönen Wäldern und dann wieder in Wäldern und dann in Gefilden, die mit Gehölz, wechselnd mit nahrungtragenden Fluren, bedeckt waren. Den Wald sah er, auf dem er gestern gestanden war, den Wald, in welchem sich der schwarze See befand, und dann noch weiterhin stark dämmerige Wälder. Auch gegen Morgen war Forst an Forst dahin.
»Da sollte eine Königsburg stehen«, sagte Witiko.
»Ja, da könnte ein hoher Herr hausen«, sagte Florian.
»Der Wald ist weit größer, weit dichter und weit undurchdringlicher«, sagte Witiko, »als der um Heinrichs Wohnung unter den drei Sesseln, und es ist hier weit und frei und herrlich.«
»Es ist schon einmal etwas da gewesen«, sagte Florian, »nicht eine Wohnung, sondern ein heiliges Ding, eine Betstelle. Es stand da auf dem höchsten Platze das Bild des heiligen Apostels Thomas in einem Häuschen von Tannenholz zur Verehrung aufgerichtet. Es war dies in alten Zeiten, da noch mehr christliche Herren in dem Walde herrschten. Es ist ein großes Geschlecht da gewesen. Dann sind sie aber zu den Tryznen gegangen, die in Böhmen noch abgehalten wurden, das heilige Haus ist weggetragen worden, oder hat es das Feuer verzehrt, oder ist es sonst zu nichte geworden, und der Ort heißt nur mehr der Thomasgipfel.«
»Wessen ist der Grund, auf dem wir hier stehen?« fragte Witiko.
»Des Herzogs Sobeslaw von Böhmen«, antwortete Florian, »er kann ihn gebrauchen, oder verschenken, wie er will.«
»Und in wessen Land wohnest du?« fragte Witiko.
»Ich bin ein Mann des Herzogs Sobeslaw«, antwortete Florian, »in der reichen Aue da unten gegen den Oswaldberg steht meine Waldhütte mit Wiese und Vieh. Wir haben weithin keine Nachbarn, und müssen lange gehen, um zur Mihel zu kommen. Wir sind aber keines Herrn Gefolge als des Herzogs, und wir gehören zur Zupe Daudleb, die wohl sieben Stunden von hier an der Malsch in der Richtung ist, in welcher Ihr immer hinschaut.«
»Ja, ich schaue in dieser Richtung«, sagte Witiko, »aber laß uns weiter gehen.«
Er lenkte sein Pferd auf das Pfadlein jenseits des Bühels abwärts.
Sie kamen wieder in einen Wald, der so schön und dicht war, wie der, durch den sie herauf gekommen waren.
Als eine Stunde vergangen war, und die Dämmerung schon anfing, gelangten sie an das Wasser der Moldau hinab.
»Das ist die Moldau«, sagte Florian.
»Sei mir gegrüßt, du dunkles Wasser, das ich so lange nicht gesehen habe«, sagte Witiko.
Sie überschritten die Moldau auf einer schmalen Brücke, und stießen jenseits auf einen niederen langen Hügel.
»Das ist der Friedberg«, sagte Florian, »und hier werden wir die Nachtruhe halten.«
Sie stiegen den Hügel, welcher Wiesen und kleine Feldei trug, hinan, und trafen oben mehrere Häuser. Sie waren alle von Holz mit breiten Dächern. Eines aber war von Stein, und hatte einen sehr starken runden steinernen Torbogen. Zu diesem Hause leitete Florian den Reiter, der Herr des Hauses kam heraus, und geleitete sie in das Innere.
In dem Hause mit dem runden Steintorbogen hielten Witiko, der Alte und das Pferd die Nachtruhe.
Als die Sonne aufgegangen war, rüsteten sie sich zur Weiterreise. Witiko hatte Florian gebeten, ihn bis an das Ende des Waldes zu führen, und dieser hatte eingewilligt. Da Witiko sagte, daß er an der Moldau reiten wolle, gingen sie wieder über die Brücke, und schlugen einen Saumweg an dem Wasser gegen Morgen ein. Sie zogen zwei Stunden lang durch dichten nassen niederen Wald. Dann kamen sie zu einer Stelle, an welcher steile Felsen neben dem Wasser emporragten. Die Moldau floß rauschend und tosend durch das Gestein. Florian und der Reiter kletterten durch die Blöcke, dann kamen sie wieder in ebneren Wald. Nach einer Stunde gelangten sie an den Platz, an welchem die Moldau ihren Lauf nach Morgen abbricht, und ihn nach Mitternacht wendet. Und wieder nach einer Stunde trafen sie an dem Orte ihrer Mittagsruhe ein. Es standen mehrere Häuser an der Moldau. Eines nahm sie auf. Witiko sah, daß hier die Moldau einen Kreis mache, und gleich hinter ihm eine lange Schleife zog. An dem Kreise standen gegen Mitternacht Steinhöhen, und zogen sich in die Schleife. Witiko sagte, daß man auf den Steinen eine Burg bauen könnte,
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