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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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österreichische Gertrude, die Schwester des ehrbegierigen jungen Markgrafen Leopold, dem jetzt unser ruhmreicher Herzog, welchem wir ein ewiges Leben hienieden wünschen, die böhmische Maria, seine Tochter, zur Gemahlin geben will. Und du, Odolen, Sohn des Striz, und Welislaw, sind wir nicht besser und jünger, uns die schönsten Mädchen zu wählen, als jener Balg, der Wratislaw von Brünn, der sich vor fünf oder sechs Jahren eine Prinzessin aus Rußland geholt hat, die alle sterblichen Leute an Schönheit übertrifft?«
    »Und wie du auch scherzest«, sagte Witiko, »so möchtest du doch da der Erste sein, nur daß du es nicht kannst.«
    »Und du wirst den Herzog Sobeslaw strenge gegen mich verteidigen?« sagte der Scharlachreiter.
    »Es ist ganz umsonst, über nichtige Dinge zu streiten«, entgegnete Witiko, »aber ich würde ihn mit dem letzten Blutstropfen verteidigen, weil er zu Recht eingesetzt ist, ein guter Mann ist, und recht regiert.«
    »Also einen schlechten Herzog würdest du absetzen?« sagte der Scharlachreiter.
    »Wenn ich einen schlimmen Herzog absetzen könnte, und nur ich allein«, antwortete Witiko, »so würde ich es nicht tun, wenn er mit Recht besteht, weil ein schlimmerer unrechter kommen könnte; aber dienen würde ich ihm nicht.«
    »Wenn du ein Steinschleifer oder ein gelehrter Mann bist, der langsam nach Prag reitet«, sagte der Scharlachreiter, »so könnte der Herzog deine guten Dienste wohl brauchen; denn er ist daran, das hölzerne Prag in ein steinernes zu verwandeln, die Gassen nach der Schnur zu richten, die Menge von Steinen, daraus er einen Fußboden im Wysehrad machen will, wie Täfelchen eines Kirchenfensters zu schleifen, und Bücher anzusammeln.«
    Nach diesen Worten schob Witiko sein Pferd schnell zurück, bis er außer der Versammlung war. Dann hielt er, und rief: »Wenn ihr gekommen seid, einen Mann und sein Pferd zu höhnen, die euch nie beleidigten, so ist das eine schmachvolle Tat von euch, da ihr zwölf oder dreizehn gegen einen seid; wenn ihr aber die Ehre zu achten wißt, daß ein einzelner von euch eure Worte gegen einen einzelnen vertritt, so bin ich da, sendet einen, daß ich ihm stehe. Wollt ihr mich aber beschimpfen oder verwunden oder töten, so tut es; ich will lieber als ein Unbekannter mein Blut hier vergossen sehen, als Schmach annehmen, und erfahren, daß slawische Gastfreundschaft einen Fremden, der im Lande reitet, nicht ehrt.«
    Hierauf zog er sein Schwert, senkte es, und blieb mit seinem Pferde stehen.
    »Wie hat er denn das Tier so schnell zurückgebracht?« sagte der Scharlachreiter.
    »Ich bin Odolen, der Sohn des Striz«, rief einer in grüner Kleidung aus dem Haufen, und wendete den Kopf seines Pferdes gegen Witiko, »und leide von keinem Menschen in dieser Welt eine Auflehnung.«
    »Ich bin Welislaw«, rief ein brauner Mann, indem er sich gleichfalls gegen Witiko wendete, »und nehme keine Drohung an.«
    »Und ich bin Casta, ich bin Ben, ich bin der Sohn des Nacerat«, riefen drei Stimmen.
    »Hui«, sagte der Scharlachreiter, »wenn es einen Kampf geben sollte, so wäre wohl ich der Mann, den er träfe, da ich die Worte gegen jenen Trotzigen gerichtet habe. Seht, wie das Vögelein die Federn sträubt, und hat noch keinen Flaum ums Kinn, und gleicht einer Jungfrau. Stellt euch zurück, und du, Ledermann, komme her, wir tun dir nichts zu Leide. Ich bitte dir die Reden, die ich dir gegeben habe, ab. Du sollst keine mehr hören. Wir sind lustige Geschöpfe, und sagen einander harte Worte, die nichts bedeuten. Wenn du länger in dem Lande des alten Cech reitest, so wirst du viele finden, die uns gleichen.«
    »Sie sollten derlei nicht sagen«, entgegnete Witiko.
    »Sagen oder Nichtsagen«, rief der Reiter, »so komme einmal, und traue mir.«
    »Da du sagst, daß du nichts Schlimmes gegen mich im Sinne hast«, antwortete Witiko, »und da du auch versprichst, keine üblen Reden mehr gegen mich zu führen, so will ich dir trauen, wenn deine Gefährten auch die gleichen Gedanken haben.«
    »Sie haben die gleichen Gedanken«, erwiderte der Scharlachreiter, »komme nur her, und reite eine Strecke mit uns, so weit es dir gefällt.«
    »Ich reite nur im Schritte«, sagte Witiko.
    »Er gibt schon Gesetze«, sagte der Scharlachreiter, »wir wollen sie befolgen, und reiten eine Strecke im Schritte mit dir.«
    »So komme einmal zu uns«, rief eine Stimme aus dem Haufen.
    »So komme«, rief eine andere.
    Zugleich wendeten die, welche sich drohend gegen Witiko

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