Werke
Wratislaw, ich bin der Neffe jenes Herzogs Bretislaw, der im Walde von Bürglitz wie ein Stern zur Erde gesunken ist, ich bin der Neffe des unglücklichen Boriwoy, der vor Swatopluk weichen mußte, und bin der Neffe des jetzigen Herzoges Sobeslaw. Mein Name ist Wladislaw.«
»Wenn du das alles bist«, sagte Witiko.
»Nun, Witiko?« antwortete der Scharlachreiter.
»So solltest du ernster sein«, sagte Witiko.
»Mein Sohn«, sagte der Scharlachreiter, »hier führt mein Weg nach Morgen, dem Lande Mähren zu, der deine führt nach Mitternacht. Lebe wohl, und finde dein Glück.«
Nach diesen Worten setzte er und setzten die Seinen ihre Pferde in Bewegung, und ritten im schnellen Trabe auf dem Wege gegen Morgen hin, daß der Staub über sie aufwirbelte.
Witiko ritt langsamen Schrittes gegen Mitternacht fort.
3
Es war ein großer Saal.
Als man das Jahr des Heiles 1140 zählte, lag der böhmische Herzog Sobeslaw krank. Er war im Herbste des vorhergegangenen Jahres an die Morgengrenze seines Reiches gegangen. Um ein Jahr früher war in derselben Jahreszeit sein Freund der polnische König Boleslaw Schiefmund gestorben. Er befestigte nun das Reich gegen Polen, baute noch an Hostas Burg, und wohnte nahe dabei in seinem Hofe zu Chwoyno. Da erkrankte er gegen das Fest der Weihnacht, und ließ sich auf Hostas Burg tragen. Es war die Weihnacht gekommen, es war das Fest des Neuen Jahres und der Heiligen Drei Könige vorüber gegangen, und man näherte sich dem Monate Hornung. Der Herzog lag in einem Gemache, dessen Wände weiß getüncht waren, und das drei Fenster enthielt. Zwei davon waren mit Linnen verhangen, durch das dritte sah der Herzog in der Richtung hin, in welcher die Länder seines verstorbenen Freundes Boleslaw lagen. Man hatte ihm des Frostes wegen eine Bärendecke über den Leib gedeckt, und gegen sie reichte der ergrauende Bart, und die Hände lagen auf ihr. Eine Frau in dunkelm Gewande saß von dem Kranken abseits auf einem hölzernen Gesiedel. Da sprach der Herzog: »Adelheid, sorge zu erfahren, ob der Jüngling, welcher am Sonntage im Vorgemache war, noch irgendwo in der Burg oder in ihrer Nähe zu finden ist, und lasse ihn zu mir bescheiden.«
Die Frau erhob sich von ihrem Sitze, und ging hinaus.
Nach einer Weile kam sie wieder herein, und sagte: »Er ist noch hier, man wird ihn suchen, und dir senden.«
Nach diesen Worten ließ sie sich wieder auf ihren Sitz nieder.
Als eine kurze Zeit vergangen war, öffnete ein Kämmerling die Tür, und führte Witiko herein. Derselbe war in seinem Lederkleide.
Der Herzog winkte dem Kämmerlinge, sich zu entfernen, und sagte dann: »Adelheid, du hast den erkannt, den ich meinte. Tritt näher, Witiko.«
Witiko trat einige Schritte von der Tür gegen den Herzog.
»Du mußt bis zu dem Bette herzu kommen«, sagte Sobeslaw.
Witiko ging hinzu, blieb stehen, und schaute auf den Herzog. Von seinem entblößten Haupte gingen die blonden Locken auf die Schultern herab. Seine Lederhaube hielt er in der Hand.
»Witiko«, sagte der Herzog, »du bist in dem Zuge, den wir mit dem Könige Konrad nach Sachsen taten, klug gewesen, du gehörst keinem Vornehmen meines Reiches an, du blickest ehrlich, und wirst mich nicht verraten. Nimm das beste Pferd, welches in der Burg ist, und verwahre dich wohl gegen die Kälte, und reite nach Prag. Dort halten sie auf dem Wysehrad Versammlungen, und beraten, was nach meinem Tode sein wird. Ergründe, was sie sagen, und vorhaben, und bringe mir die genaue Nachricht zurück. Ich werde dir ein goldenes Kreuzlein mitgeben, das zeige dem Bischofe Silvester, der wird dir in deinem Werke an die Hand gehen. Du hast dich zu denen gesellt, die hier um mich sind, du wirst meinen Auftrag vollführen.«
»Hoher Herr«, entgegnete Witiko, »wenn ich dir die wahre Nachricht zurückbringe, wirst du dann gegen die deines Landes, die dir zuwider handeln, feindlich verfahren?«
»Nein, mein junger Reitersmann«, erwiderte der Herzog, »ich werde nur wissen, was es ist, und werde dann sterben.«
»So werde ich gehen, und werde dir die rechte Botschaft bringen«, antwortete Witiko.
»Gott geleite dich«, sagte der Herzog.
Nach diesen Worten langte er in den hölzernen Schrein, der hinter dem Bette stand, und zog ein Beutelchen von rotem Sammet hervor. Dann öffnete er das Beutelchen, und tat ein sehr kleines goldenes Kreuzlein heraus.
»Hier ist das Kreuzlein«, sagte er.
Dann steckte er es wieder in das Beutelchen, und reichte dasselbe an
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