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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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komme er zu uns, nicht zu den Feinden; damit aber unser Übel kurz daure, komme er bald, und damit er sich nicht an das Land gewöhne, ende er schnell. Dann, hoher Herzog, sage ich in meinem Alter, herrsche fort, und herrsche, wie du begonnen hast. Aber versammle deine Räte, und errichtet mit Langsamkeit und Weisheit ein Gesetz der Fürstenfolge, das mit großer Macht wirkt, die keiner anzutasten wagt, und das die Leiden endet, die ich sonst für alle Zeiten sehe, und denen ich nicht mit diesen weißen Haaren, und nicht mit diesen Worten meines Mundes wehren kann.«
    Als er dieses geredet hatte, ließ er sich wieder so langsam, wie er aufgestanden war, auf seinen Sitz nieder.
    Nach ihm meldete sich niemand sogleich, zu sprechen, sondern die Männer redeten wieder mit einander.
    Da gab Diwis das Zeichen, daß er sprechen wolle, und da es stille geworden war, sprach er: »Ich habe in der Versammlung auf dem Wysehrad für Wladislaw, den Sohn Sobeslaws, gesprochen. Aber Wladislaw hat sein Recht aufgegeben, und Konrad hat gar kein Recht. Wladislaw, der Sohn unsers vorletzten milden Herzoges, ist jetzt der Fürst und im Rechte, und wir kämpfen für das Recht. Und wenn wir auch unser und unserer Angehörigen Blut, und unsere Habe, wie Bozebor gesagt hat, dafür hingeben, so dürfen wir doch nicht das Blut von tausend andern hingeben, die nicht wissen, weshalb gekämpft wird, und es fließet dieses Blut der tausend andern wie von Unschuldigen, ihre Habe wird vertilgt, wie die von Verfolgten, daß sie dem Jammer verfallen, davon sie zeitlebens nicht genesen. Damit das Übel nicht größer werde, und länger daure, gehe der erhabene Herzog zu Konrad, und dieser helfe. Dann aber sage ich wie Bolemil, es werde Vorsicht getroffen, daß die Streite der Söhne Premysls nicht mehr entstehen.«
    Als er gesprochen hatte, setzte er sich wieder nieder.
    Nach ihm redete Lubomir, und sprach: »Weil der hohe Herzog durch zwei Meinungen gewählt worden ist, durch die eine Meinung, die das Wohl des Landes zum Ziele hatte, und durch die andere Meinung, deren Ziel war, statt des jungen Herzoges, den sie fröhlich und eitel meinten, schalten und herrschen zu können, so war es unvermeidlich, daß komme, was gekommen ist. Die zwei Meinungen mußten zerfallen. Wir sind bei der besseren Meinung des Wohles des Landes und bei dem Rechte des Herzogs. Wenn die andere Meinung siegte, hätten wir gar keinen Herzog, sondern nur die Macht vieler einzelner, und der Streit wäre unauslöschlich. Darum muß der jetzige ausgestritten werden. Solche Streite kommen wie Gewitter, die Wehe und Unheil bringen, das getragen werden muß. Väter verlieren ihre Söhne, die Kinder verlieren ihren Vater, ein edles Weib wird eine Witwe, eine alte Mutter überlebt den jungen Sohn, und das Geschenk Gottes, die Liebe in den Banden des Blutes wird zerrissen. Ich rede nicht von dem Verluste der Habe; denn Habe kann wieder zu dem Menschen kommen; aber das Blut, das verloren ist, bleibt verloren. Damit das Unglück nicht noch unglücklicher werde, und durch den Sieg der Feinde erst recht unglücklich, ergreift zum schnellen Ende jedes christliche Mittel, das geboten wird, dann, sage ich auch, macht ein Nachfolgegesetz. Zu seiner Hilfe aber streuet den heiligen Glauben aus, daß sich die Menschen zähmen, und nicht nach Unrecht trachten. So rede ich wie viele, die gewußt haben, was kommen wird, und sich ihm, da es gekommen ist, gestellt haben.«
    Er nahm nach diesen Worten seinen Platz wieder ein.
    Ctibor stand auf, und sprach: »Und wenn sie sollten doch herein kommen, die sich jetzt den Mauern nähern, so werden sie uns erst recht alles nehmen, Weib und Kind und Hab und Gut, und wir sind verloren. Das bedenkt.«
    Nach ihm erhob sich der Kmete des rechten Burgfleckens, und sagte: »Hoher Herr, ich bin noch dabei gewesen, als der Herzog Boriwoy Prag gegen deinen guten Vater überfiel, da sind viele Menschen desselben Blutes gegen einander gestanden, Dinge unerhörter Art geschehen, so entsetzlich, daß sich die Greise die Haare ausrauften, und die Frauen ihren Leib verfluchten, daß er geboren hat. Gehe zu dem erlauchten Könige Konrad, hoher Herr, wir werden in der Zeit die Stadt mit unserm Leben verteidigen, daß kein Stein in die Hände der Feinde geraten soll. Dann aber erscheine, und rette alles, daß nicht das größte Unglück geschieht.«
    »Ja, es ist wahr, die großen Unheile dürfen nicht kommen«, »sie dürfen nicht kommen«, riefen mehrere Stimmen.
    Der Kmete

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