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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Vogt«, sagte Witiko, »ich bedarf zu dieser Zeit keines andern Dinges als der Stube.«
    »So verabschiede ich mich«, sagte der Mann.
    »Gehabt Euch wohl«, entgegnete Witiko.
    Der Mann entfernte sich, und Witiko stand allein in dem Gemache.
    Dasselbe war nicht groß, hatte weiße getünchte Wände, und es standen starke Geräte aus Eichenholz darinnen. Durch die zwei schmalen Fenster, welche spitzige Bögen hatten, sah Witiko auf einen Wald und dann auf ebenes Land, das gegen Morgen hin ging, und in welchem die Donau floß. Die zweite Stube war kleiner, war auch weiß, und hatte auch Eichengeräte.
    Witiko verließ diese Herberge wieder, und ging in das Wartezimmer um Raimund. Raimund war nicht in dem Zimmer. Darauf ging Witiko in den Stall. In dem Stalle stand Raimund bei den Pferden. Witiko führte ihn in die Herberggemächer, und zeigte sie ihm. Dann sagte er: »Rüste dein Pferd, reite in die Stadt Wien hinab, und lasse unsere Habe in die Burg herauf bringen.«
    Raimund schickte sich an, den Befehl Witikos zu vollführen. Er verließ das Zimmer, und nach einer halben Stunde ritt er in dem Walde des Berges hinunter.
    Witiko aber blieb in seinem Gemache, ging an ein Fenster, und sah auf das Land Österreich hinab. Der Wald des Berges trug nicht wie die Wälder, die an den Ufern der jungen Moldau stehen, die dunkle Tanne, die grüne Buche, die leuchtende Birke, den langarmigen Ahorn, die Eibe, die Ulme, die Esche, die Erle und den zackigen Wacholder, sondern gleichartiges Laubwerk der Buche, Esche, Eibe, des Haselstrauches und das Dämmer der Föhre und andern Nadelgehölzes. In der Donau waren breite und gestreckte Inseln, welche Auwald trugen, und auf dem ebenen Lande war Auwald. Dem Kahlenberge gegenüber sah Witiko wieder einen Berg. Und von diesen zwei Bergen floß die Donau in der Ebene gegen das Land Ungarn hinaus.
    Als es Mittag war, kam ein Mann, und führte Witiko in das Speisegemach. Dasselbe war ein Saal mit langen Tischen, Stühlen und Speisegeräten. In dem Saale waren Männer in schönen Gewändern. Sie waren die Mannen der Markgräfin. Sie gingen Witiko entgegen, und grüßten ihn, und er grüßte sie. Dann setzten sich alle an den Tisch, ein Priester sprach das Gebet, und es wurden ihnen gute Speisen und guter Wein aufgetragen.
    Nach dem Essen ging Witiko wieder zu seiner Mutter, sie wandelten auf verschiedenen Wegen des Waldes, und saßen dann in Wentilas Stube.
    Des Nachmittages kam Raimund aus Wien zurück, und ein Säumer brachte auf einem Saumtiere das Reiseeigentum Witikos. Dasselbe wurde in die Beherberggemächer gebracht, und dort geordnet.
    Am andern Tage des frühen Morgens rüstete sich Witiko zum Ritte an den Hof des Markgrafen Heinrich. Er hatte sein Ledergewand an, und trug sein Petrusschwert an Sobeslaws Gürtel. Er ritt auf seinem eisengrauen Pferde den Weg zwischen dem Laubwerke des Berges hinunter. Raimund ritt in seinem Waldgewande hinter ihm. Sie kamen in das grüne Gefilde, und durch dasselbe bis zu der Freiung, und von da über die Brücke des Grabens in die Stadt.
    Sie ritten an vielen Menschen und Dingen vorüber an das Haus, das der Markgraf baute, um mit Gertrud darin zu wohnen. Es war groß und gewaltig, und an manchen Teilen waren noch Gerüste. Man wies die Reiter in einen Hof. Dort standen Pferde und Knappen, Reiter stiegen auf oder stiegen ab, und Männer in Kriegesgewändern waren da. Witiko stieg von seinem eisengrauen Pferde, und gab die Zügel desselben in die Hände Raimunds. Er ging gegen eine Treppe, an welcher Männer in schönen Kleidern standen. Einer, der sehr langschnäblige purpurrote Schuhe, einen grauen Bart und graue Haare hatte, rief ihn an, und sprach: »Nun, du Ledermann, wohin gehst du?«
    »Was frägst du?« entgegnete Witiko.
    »Ich frage, weil ich frage«, sagte der Mann.
    »Und ich gehe, weil ich gehe«, sagte Witiko.
    »Und hast du ein Recht?« fragte der Mann.
    »Und hast du ein Recht?« fragte Witiko.
    »Wenn Thiemo von der Aue kein Recht hat, wer soll es denn haben?« fragte der Mann.
    Die umher standen, lachten nach diesen Worten.
    »Wenn du ein Recht hast«, sagte Witiko, »so wisse, daß ich zu Heinrich, dem erlauchten Markgrafen von Österreich, will.«
    »Und will Heinrich, der erlauchte Markgraf von Österreich, auch, daß du zu ihm willst?« fragte der Mann.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Witiko, »und das werde ich erfahren, wenn er gefragt wird.«
    »Und wer wird ihn fragen?« sagte der Mann.
    »Wer Geleite zu ihm geben kann«,

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