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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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zu überbringen und mich zu entschuldigen. Als ich von dem äußeren Burgplatze durch das hohe Gewölbe des Gehweges in den inneren gekommen war, fuhren eben aus dem Hofe zu meiner Rechten mehrere Wägen heraus, die meinen Weg kreuzten und mich zwangen, eine Weile stehen zu bleiben. Es standen noch mehrere Menschen neben mir, und ich fragte, was diese Wägen bedeuteten.
    »Es sind Glückwünsche, welche dem Kaiser nach seiner Wiedergenesung von großen Herren abgestattet worden sind, und welche er eben angenommen hatte«, sagte ein Mann neben mir.
    Der letzte der Wägen war mit zwei Rappen bespannt, und in ihm saß ein einzelner Mann. Er hatte den Hut neben sich liegen und trug die weißen Haare frei in der winterlichen Luft. Der Überrock war ein wenig offen, und unter ihm waren Ordenssterne sichtbar. Als der Wagen bei mir vorüberfuhr, sah ich deutlich, daß mein alter Gastfreund, der mich in dem Rosenhause so wohlwollend aufgenommen hatte, in demselben sitze. Er fuhr schnell vorbei, wie es bei Wägen dieser Art Sitte ist, und schlug die Richtung nach der Stadt ein. Er fuhr bei dem Tore aus der Burg, an welchem die zwei Riesen als Simsträger angebracht sind. Ich wollte jemand von meinen Nachbaren fragen, wer der Mann sei; aber da von den Wägen, welche die Fußgänger aufgehalten hatten, der seinige der letzte gewesen und der Weg sodann frei war, so waren alle Nachbaren bereits ihrer Wege gegangen, und diejenigen, welche jetzt neben mir waren, hatten die Wägen nicht in der Nähe gesehen.
    Ich ging daher über den Hof, und stieg über die sogenannte Reichskanzleitreppe empor.
    Ich traf die alte Frau allein, übergab ihr das Buch und sagte meine Entschuldigungen.
    Im Verlaufe des Gespräches erwähnte ich des Mannes, den ich in dem Wagen gesehen hatte, und fragte, ob sie nicht wisse, wer er sei. Sie wußte von gar nichts.
    »Ich habe nicht bei den Fenstern hinabgeschaut,« sagte sie, »es geht vieles auf dem großen Hofe vor, ich achte nicht darauf. Ich habe gar nicht gewußt, daß bei dem Kaiser eine Vorfahrt gewesen ist, er war vorgestern noch nicht ganz gesund. Da mein Mann noch lebte, haben wir immer die Aussicht auf den großen Platz der Hofburg gehabt, und wie bedeutende Dinge da auch vorgehen, so wiederholen sich doch immer die nämlichen, wenn man viele Jahre zuschaut; und endlich schaut man gar nicht mehr zu, und hat herinnen ein Buch oder sein Strickzeug, wenn draußen in das Gewehr gerufen wird, oder Reiter zu hören sind, oder Wagen rollen.«
    »Wer ist denn von denen, die in der Aufwartung bei dem Kaiser wegfuhren, in dem letzten Wagen gesessen, Henriette?« fragte sie ihre eben eintretende Tochter, das Hoffräulein.
    »Das ist der alte Risach gewesen,« antwortete diese, »er ist eigens hereingekommen, um sich Seiner Majestät vorzustellen und seine Freude über dessen Wiedergenesung auszudrücken.«
    Ich hatte in meiner Jugend öfter den Namen Risach nennen gehört, allein ich hatte damals so wenig darauf geachtet, was ein Mann, dessen Namen ich hörte, tue, daß ich jetzt gar nicht wußte, wer dieser Risach sei. Ich fragte daher mit jener Rücksicht, die man bei solchen Fragen immer beobachtet, und erfuhr, daß der Freiherr von Risach zwar nicht die höchsten Staatswürden bekleidet habe, daß er aber in der wichtigen und schmerzlichen Zeit des nunmehr auch alternden Kaisers in den belangreichsten Dingen tätig gewesen sei, daß er mit den Männern, welche die Angelegenheiten Europas leiteten, an der Schlichtung dieser Angelegenheiten gearbeitet habe, daß er von fremden Herrschern geschätzt worden sei, daß man gemeint habe, er werde einmal an die Spitze gelangen, daß er aber dann ausgetreten sei. Er lebe meistens auf dem Lande, komme aber öfter herein und besuche diesen oder jenen seiner Freunde. Der Kaiser achte ihn sehr, und es dürfte noch jetzt vorkommen, daß hie und da nach seinem Rate gefragt werde. Er soll reich geheiratet, aber seine Frau wieder verloren haben. Überhaupt wisse man diese Verhältnisse nicht genau.
    Alles dieses hatte mir das Hoffräulein gesagt.
    »Siehst du, meine liebe Henriette,« sprach die alte Frau, »wie sich die Dinge in der Welt verändern. Du weißt es noch nicht, weil du noch jung bist, und weil du nichts erfahren hast. Das Niedrige wird hoch, das Hohe wird niedrig, eines wird so, das andere wird anders, und ein drittes bleibt bestehen. Dieser Risach ist sehr oft in unser Haus gekommen. Da uns der Vater noch zuweilen in dem alten Doktorwagen, den er hatte,

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