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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Lage so ist, wie sie scheint, dann müssen bestimmt und gewiß Dokumente von jenem Julius Scharnast irgendwo liegen; die Kunst ist dann nur, sie klug zu finden und klug zu heben, ehe sich eine Hand darein mischt. Sie müssen vorhanden sein, wenn er nicht ganz und gar leichtsinnig und sorglos um seine Nachkommenschaft gewesen ist. Wenn der Brief deiner Mutter Winke gibt, so will ich selber mit dir reisen und jeden kleinsten Faden selber lenken und leiten, damit du nicht zu Schaden und Irrtum kommst.«
    »Ich danke dir,« sagte Heinrich, »ich wußte, daß du gut und hülfreich bist, darum habe ich mich dir allein anvertraut.«
    »Gut und hülfreich?« erwiderte Robert; »die Sache ist ja so ungeheuer und merkwürdig, daß ich ein wahrer Tiger sein müßte, wenn ich dir nicht mit Händen und Füßen beispränge – und ich begreife nicht, wie du so ruhig davon reden kannst, wie etwa von einem Pachtvertrag, oder einem Pferdekaufe.«
    »Siehe, das ist so: ich trage die Sache schon acht Tage mit mir herum, wurde sie gewohnt, und sie ist mir indessen völlig einleuchtend geworden.«
    »Ich wollte nur, sie wäre dem Lehenhofe auch einleuchtend«, sagte Robert, und dann fuhr er so wie aufzählend fort: »Es muß ein Taufschein da sein, ein Trauschein, etwa ein Testament jenes Greises, Korrespondenzen, ein Offizierspatent oder so etwas, – wenn Ihr nur die Dinge nicht zerrissen habt. – – Es dürften, ja es müssen sogar im Gewölbe des roten Steines Schriften sein, die über jenen Julius Auskunft geben – – dann der Vertrag über den Waldkauf und Häuserbau deines Greises – der muß in einem Archive sein. Euer Tal ist ja landesherrlich, nicht wahr?«
    »Ich bitte dich, schone mich jetzt mit diesen Dingen«, sagte Heinrich; »denn ich weiß sie nicht; aber wenn wir reisen, werde ich dich überall hinführen, wo du hin verlangst, und dir Auskunft verschaffen, worüber du nur willst.«
    »Nun ich hoffe und wünsche und will alles Beste für dich«, antwortete Robert; »aber ich habe eine wahre Angst , eine peinigende Angst habe ich, wie wir das Ding durchsetzen werden.«
    »Ich wieder gar keine«, sagte Heinrich; »entweder rollt alles schön und klar wie Perlen heraus, oder ich bin ganz und gar keiner von jenen. – Nur leid täte mirs dann, sehr leid um das schöne Schloß, daß ich nicht auf seinem Berge arbeiten und schaffen dürfte, und daß ich es nicht mit all seinen Schätzen und Mälern von dem Heimfalle an Verderbnis und Unheimlichkeit retten könnte.«
    »Freilich wäre es auch mir sehr angenehm«, erwiderte Robert; »es wäre eine wahre Freude für mich, es wäre die größte meines ganzen Lebens, Thrine und mein Kind ausgenommen, wenn ich dich hier oben wüßte als Herrn und Besitzer, ein klares und freundliches Leben führend über den Trümmern dieser verworrenen, vielleicht sündhaften Vergangenheit. – Du würdest alles ordnen, daß es heiter würde; du wärest uns so nahe, deine Mutter und Schwester wären bei dir – – und vielleicht ein gar so liebes Weibchen auch? – – Hab ich dich?«
    »Erwähne das nicht,« sagte Heinrich errötend, »erwähne das jetzt nicht.«
    »Nun, nun, du brauchst dich nicht zu schämen«, entgegnete Robert; »sie ist schon recht, sie ist herrlich und mehr wert als alle Fürstinnen und Grazien der Welt.«
    »Freilich ist sie mehr wert, freilich«, – sagte Heinrich.
    »Nun so handle rasch zu,« erwiderte Robert, »und lasse alles andre gehen, wie es gehen mag.«
    Unter diesen und ähnlichen Gesprächen waren die Freunde endlich vollends den Berg hinabgelangt, und sahen unten im dichten Gebüsche das Häuschen des Grafen Jodok stehen, und das steinerne Bänkchen davor, auf dem er in den letzten Tagen seines Lebens gesessen war. Dann gingen sie durch heitere Obstbaumgruppen dem Dorfe zu, wo sie ein Mahl bestellt hatten, und wo ihr Wagen wartete. Es ist begreiflich, daß sie während des Essens und noch nachher über die Dinge redeten, die sie gesehen, und über die Zukunft, wie sie einzurichten ist. Als es schon gegen die Kühle des Abends ging, saßen sie ein und fuhren den Rückweg gegen Priglitz zu. Öfter, wenn es die Berge zuließen, sahen sie noch auf die alte Burg zurück, und ganz spät, als schon längst die Sonne untergegangen und sie eben um einen Winkel in das Haupttal der Pernitz einbogen, rissen noch einmal die grünen Hügel auseinander und ließen den verlassenen Zauberberg durchblicken, wie er fahl, gleich einem Luftbilde, in der Dämmerung draußen

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